In Nomine Patris

Der bekannte Autor, Komponist und Produzent Bernd Stromberger plant einen Eklat: Ein kirchenkritisches Musical.

 

WIEN / HAMBURG. Stromberger startete seine Karriere als Popmusiker und ist bekannt geworden durch den Hitparadenstürmer "Ready 4 Radetzky". Später wechselte er ins Musicalfach und begann als Komponist, Autor, Liedtexter in verschiedenen Teams zu schreiben. Seine Bühnenwerke (Mozartmania, Traummania, Santa Claus, Der Herr der Ringe, Teddy's Secret, Mozart sucht seine Mörder, Der Blonde Traum) wurden von verschiedenen Bühnen oder Produzenten in Deutschland, Österreich und der Schweiz realisiert. Im Moment schreibt der Künstler gerade ein Musical über die Jazzlegende "Fatty George" (im Auftrag des "Sessler-Verlages/Wien) und er bereitet für die musicalworld gmbh/Schweiz die Realisierung seines kirchenkritischen Musicals "In Nomine Patris" vor.

Den Titelsong "In Nomine Patris - Die Beichte der Päpste" kann man ab sofort online hören. Die Single-CD wird Anfang August 2007 veröffentlicht.

Der hpd hatte Gelegenheit, mit Bernd Stromberger über sein neues Projekt zu sprechen.

hpd: Wie lange hat es in Ihnen gegärt, bis Sie den Text geschrieben und die Musik dazu komponiert haben?

Stromberger: Seit fünf Jahren beschäftige ich mich mit diesem Thema. Meine Frau kann mir manchmal gar nicht mehr zuhören, weil ich dauernd davon spreche.

hpd: Warum haben Sie kein Buch geschrieben, sondern Musik?

Stromberger: Grosse Historiker wie Karlheinz Deschner u. a. recherchieren in akribischer Detailarbeit die Fakten und adeln ihr Lebenswerk mit einer Menge unersetzbarer Bücher. Der Künstler, der diese liest, ist schockiert und verleiht seiner Betroffenheit darüber Ausdruck. So ist es mir gegangen. Ich war zutiefst schockiert und habe meine Emotionen durch Komponieren verarbeitet. Musik ist das ideale Medium dafür. Musik ist in der Lage Emotionen direkt zu transportieren, ist eine der unmittelbarsten Sprachen der Welt. Sie erreicht direkt das Herz des Hörers – verbal und nonverbal.

hpd: Diese "Beichte der Päpste" steht in dem größeren Zusammenhang einer Gesamtkomposition. Lässt sich der Inhalt des Musicals in wenigen Sätzen skizzieren?

Stromberger: Das Musical "In Nomine Patris" spielt in der sehr nahen Zukunft. Es erzählt die Geschichte des Papstes Anastasius Christus. Als junger Priester verleugnet dieser seine große Jugendliebe, der er bereits die Heirat versprochen hatte. Stattdessen wählt er den Weg der kirchlichen Karriere unter strenger Einhaltung des Zölibats. Doch Jahre später, auf dem Höhepunkt seiner Macht, gerade erst auf den Stuhl Petri gewählt, holt ihn seine Vergangenheit wieder ein. Er erfährt, dass die stürmische Verbindung seiner Jugend nicht ohne Frucht geblieben ist, und dass er, wenn er sich nicht jahrelang hätte verleugnen lassen, viel früher von der Existenz seiner leiblichen Tochter erfahren hätte. Zerrissen zwischen religiöser Pflichterfüllung und der wahren Sehnsucht seines Herzens durchlebt Papst Anastasius Christus die tiefste Krise seines Lebens, die ihn – unlösbar erscheinend – bis an den Rand des Wahnsinns treibt. Schlussendlich gesteht er sein Scheitern, in dem aber auch Hoffnung liegt: Die Chance auf einen Neubeginn als Mensch.

hpd: Gibt es schon Pläne, wie das Gesamtwerk auf eine Bühne gebracht und finanziert werden kann?

Stromberger: Ich habe mit zwei sehr erfahrenen Schweizer Produzenten eine Produktionsfirma gegründet, um dieses Werk auf die Bühne zu bringen. Ich konnte Michael Kunze, den wohl erfolgreichsten Autor der deutschen Musicalgeschichte (Rebecca, Elisabeth, Tanz der Vampire) als Schirmherr gewinnen. Ihm und vielen anderen Fachleuten gefällt dieses Stück sehr gut. Sie erkennen nicht nur das künstlerische, sondern auch das hohe "kommerzielle" Potential, das wichtig ist, da der Musicalmarkt überwiegend ein privat finanzierter ist. Trotzdem wird es ein steiniger Weg werden, weil wir uns bewusst sind, dass manche potentielle Sponsoren – wie z.B. große Lebensmittelketten, Banken etc. – es sich zweimal überlegen werden, ob sie ein so genanntes "kirchenkritisches" Musical fördern. Ab Herbst steht uns der Gang zu potentiellen Sponsoren bevor. Wir erhoffen eine Realisierung der Uraufführung des Projektes im Frühjahr 2009 in der Schweiz. Ganz toll wäre es, wenn es uns gelingen würde die Produktion von Anbeginn an "Tourneefähig" zu produzieren, um dann anschließend damit durch die deutschsprachigen Städte zu ziehen. Ich glaube, das würde sehr viel Wind machen.

hpd: Sie realisieren in dem Song mehrere Ebenen gleichzeitig, eine harte Kirchenkritik, ein "mea culpa", ein Mitleid mit den armen Menschen, die Papst sein wollten. Ist Ihnen eine dieser Ebenen die wichtigste?

Stromberger: Als Musicalautor geht es mir immer um Menschen. Wie reagieren Menschen in Konfliktsituationen? Die Wahrheit über unseren Charakter erkennen wir erst in der Krise, wenn wir mit dem Rücken zur Wand stehen. "In Nomine Patris" ist ein Musical über einen menschlichen (!) Papst, der sein Leben lang seine Sexualität verleugnet hat. Am Höhepunkt seiner Macht, erfährt er von der Existenz seiner leiblichen Tochter und muss erst einmal lernen, mit seinen "Vatergefühlen" umzugehen. Der Schatten, den er sein Leben lang verdrängt hat, holt ihn ein, wird übermächtig und lässt ihn scheitern. Sein einziger Ausweg ist abzudanken, um zu sich selbst zu finden. Aber damit ist seine Kirche freilich nicht einverstanden.

hpd: Sie haben sich bewusst für die Personalisierung der Kritik in der Person eines Papstes entschieden. Warum?

Stromberger: Ich wählte absichtlich einen Papst als Hauptfigur, um mit diesem dummen Klischee aufzuräumen, dass Päpste etwas anderes als Menschen sind. Auch wenn man sie mit "Heiliger Vater" anspricht und sie sich für "Vertreter Gottes auf Erden" halten, sind sie doch nur Gefangene ihrer eigenen Ideologie und diese ist sehr eng, sehr verletzend, und vor allem auch sehr selbst-verletzend. Deswegen auch der Satz: AUCH EIN PAPST HAT RECHT AUF LIEBE!

hpd: Nach dem Song kann man sehr gut tanzen. Wäre es in ihrem Sinne, wenn es ein Diskotheken-Hit werden würde?

Stromberger: Klar. Vom Feeling her würde es sehr gut in Discos passen. Ob ich es auch von der groove gut genug gemacht habe, wage ich aber zu bezweifeln. Ich bin kein "Disco-Experte". Aber ich würde mich freuen, wenn begabte Dj's ihre Mixes damit machen!

hpd: Sind es eher die Jüngeren, die Sie erreichen wollen?

Stromberger: Um ehrlich zu sein: Ich glaube wir sprechen ein eher älteres Publikum an. Ich hoffe aber, dass der Song "alterslos" wird. Wir haben ihn der Schweiz vor ca. 120 Schülern getestet. Die fanden ihn durchwegs intelligent, provokativ und super zum Mitsingen (Refrain!). Aber die älteren Menschen (Testpersonen über 40!) hat dieser Song häufig "betroffen" gemacht. Manch einer hat uns gesagt: "In diesem Song ist endlich das formuliert, was eigentlich ohnedies jeder denkt!" Wenn mir das wirklich gelungen wäre, wäre ich als Autor und Liedtexter unheimlich stolz!

hpd: Herr Stromberger, danke für das Interview.

Stromberger: Ich habe zu danken.

 

Die Fragen stellte Carsten Frerk.