22 Porträts freigeistiger Frauen

BERLIN. (hpd) Frauen sind in mehrererlei Hinsicht ein neuer Forschungsgegenstand – dass Frauen selbst Frauen erforschen ebenfalls

– und dass Frauen dann auch noch freigeistige, freidenkerische Frauen und deren Biographien zum Gegenstand haben, das ist fast sensationell – schon wegen der miserablen Quellenlage.

Dass freigeistige Frauen so wenig erforscht sind verwundert insofern, als im Vormärz von 1848 freireligiös eingestellte Frauen politisch auf eine Weise öffentlich und demokratisch hervortraten, dass ihnen 1850 jede „öffentliche politische Betätigung“ verboten wurde. Vor hundert Jahren – 1908 – wurden Frauen in Preußen erstmals zum Studium an den Universitäten zugelassen. Wieder zehn Jahre später – vor nunmehr neunzig Jahren – in der Revolution 1918 erreichten Frauen das Wahlrecht.
In all diesen Kämpfen waren Frauen aktiv, gerade freigeistige Frauen, die sich von Kirchenbindungen innerlich oder sogar, wenn ihre Männer zustimmten, was nötig war, organisatorisch gelöst hatten. 22 Biografien einiger solcher Frauen werden in der Broschüre vorgestellt (Namen s. PDF im Anhang).

Die Frauengruppe des Berliner Humanistischen Verbandes (HVD) widmet sich seit Jahren der Geschichte von Frauen in freidenkerischen Organisationen. Als Vorarbeit zu einem humanistischen Frauenkanon wurde mit finanzieller Unterstützung des Jobcenters Pankow im Frühjahr 2007 eine „Frauengeschichtswerkstatt“ ins Leben gerufen, deren Arbeitsergebnisse hier in gedruckter Form vorliegen. Es handelt sich nicht um eine wissenschaftliche Arbeit im strengen Sinne. Es ist eher eine Handreichung für Interessierte – und eine begrenzte Auswahl, bedingt durch die Projektbegrenzung.

Daraus ergeben sich dann auch die Maßstäbe, die an diese verdienstvolle Broschüre anzulegen sind. Sie ist in mehrerlei Hinsicht als Vorstufe weiterer Arbeiten und als Provokation in Richtung Geschichtswissenschaft zu sehen, sich endlich der Thematik anzunehmen: Nichtreligiöse Frauen in der deutschen Kulturgeschichte. Zu der in der Broschüre Vorgestellten ließen sich leicht viele weitere hinzufügen. Ohne Gretel Meisel-Heß keine literarische Beschäftigung mit der sexuellen Frage, ohne Helene Stöcker keine Hinwendung zur weiblichen Homosexualität, ohne Maria Krische keine sexuelle Aufklärung (um nur diese drei Frauen und ihre nicht nur damals mutigen Themen zu nennen).

Dass einige dieser Quellen in diesem Jobcenter-Frauen-HVD-Projekt durchaus vorgestellt sind, die es wünschen lassen, dass die Arbeiten auch zu anderen Biographien weiter geführt werden, soll durch drei Anhänge (s. „Quellen Torhort“, „Marie Torhorst“ und „Adelheid Torhorst“ im Anhang) dieser Rezension angedeutet werden, die Sybille Mohrmann dem Rezenten hat freundlicherweise zukommen lassen und die hiermit der Öffentlichkeit unterbreitet werden können.

Horst Groschopp

frei denkend selbstbestimmt. 22 Porträts freigeistiger Frauen. Hg. vom HVD Berlin. Redaktion Sabine Schermele u. Ines Scheibe. Berlin 2007, ISBN 978-3-924041-27-4, 86 S., 5.- €

Bestellungen und Nachfragen zur Broschüre an:
Humanistischer Verband Deutschlands
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