Ein "spiritueller Führer" von John McCain

USA. (hpd) Im US-Wahlkampf sind die „Swing States" entscheidend, also jene Staaten, die zum Zünglein an der Waage werden könnten

, da in ihnen beide Parteien realistische Siegeschancen haben und der Anteil der Wechselwähler besonders hoch ist.

 

Daher muss man den Einfluss von Kirchenführern genau untersuchen. Pastor John Hagee aus Texas kann in den Vorwahlen zwar beeinflussen, wer sich innerhalb der republikanischen Partei durchsetzen wird - am eigentlichen Wahlabend fallen die texanischen Wahlmänner aber ohnehin den Republikanern in den Schoß. In „Swing States" wie Ohio spielt sich letzten Endes der eigentliche Wahlkampf ab. Dort traf sich McCain im Februar 2008 mit Rod Parsley, einem Pastor der Pfingstbewegung, dessen World Harvest Church mit ca. 12.000 Mitgliedern zu den größten des Bundesstaates gehört. Der Präsidentschaftskandidat nannte den radikalen Prediger einen „spirituellen Führer".

Parsley gehört der Führungsebene der mächtigen Lobbygruppe Christians United for Israel an. Als Regionaldirektor ist er für die Mitglieder in den Bundesstaaten Kentucky, Ohio, Indiana und Michigan zuständig. Wie der Gründer der CUFI, Pastor John Hagee, vertritt Parsley eine Weltsicht, in der die Christen im Auftrag Gottes einen Heiligen Krieg führen.

"Ein generationsübergreifender Ruf zu den Waffen"

In seinem Buch „Silent no more" schlägt der Prediger aus Ohio harte Töne gegenüber dem Islam an:
„Ich kann nicht oft genug betonen, wie wichtig es ist, die wahre Natur des Islam zu verstehen, dass wir begreifen was er wirklich ist. Vielmehr werde ich ihnen folgendes verkünden: Ich denke nicht, dass unser Land seine göttliche Bestimmung wahrhaftig erfüllen kann, bis wir nicht unseren historischen Konflikt mit dem Islam verstanden haben. Ich weiß, dass diese Behauptung sich extrem anhört, aber ich schrecke nicht vor ihrer Schlussfolgerung zurück. Fakt ist, dass Amerika mit der Intention gegründet wurde, den Niedergang dieser falschen Religion zu sehen und ich glaube, dass der 11. September ein generationsübergreifender Ruf zu den Waffen war, den wir nicht länger ignorieren können."

„Einer von Christoph Kolumbus' Träumen, der ihn bewegte, 1492 zur Neuen Welt zu segeln, war es, den Islam zu besiegen. Kolumbus träumte davon, den Islam zu besiegen, indem er die europäischen Armeen vom Reichtum der Neuen Welt profitieren ließ. Dieser Traum war einer der Gründe für den Aufstieg Amerikas."

„Vielleicht verlieren wir diesen Kampf bereits. Wenn ich die Welt betrachte, stelle ich fest, dass der Islam für mehr Schmerz, mehr Blutvergießen und mehr Zerstörung verantwortlich ist, als jede andere derzeitige Macht auf Erden."

„Der muslimische Prophet Mohammed empfing Offenbarungen von Dämonen, nicht vom wahren Gott. Allah war ein dämonischer Geist."

„Es gibt natürlich einige, die sagen, dass die von mir erwähnte Gewalt nur die Ausnahme und nicht die Regel darstellt. Ich bin anderer Ansicht. Dem entgegne ich mit Respekt, dass stattdessen die „Extremisten" die breite Masse der Gläubigen darstellen, die dem Herzen des Islam entstammen."

"Homosexualität ist nicht nur eine Sünde..."

Parsley vertritt ein ausgesprochen konservatives christliches Gesellschaftsmodell. Beispielsweise möchte er Ehebruch unter Strafe stellen und Homosexuellen die Heirat verweigern. Schwule sind für Parsley Mächte der Finsternis: „Warum wird die Ehe attackiert? Warum wird die Familie so brutal von den Mächten der Finsternis attackiert? Weil Ehe und Familie die sichtbare Verkörperung der Beziehung zwischen Gott und der Menschheit auf Erden sind. [...] Hier geht es nicht um Homosexuellenrechte oder Lesbenrechte. Hier geht es um die Zerstörung des Bundes [zwischen Gott und den Menschen] selbst. Sie versuchen die Ehe neu zu definieren. Mit anderen Worten, sie versuchen, Gottes ursprünglichen Plan zu pervertieren."

Auf der Website des von Parsley geleiteten Center for Moral Clarity heißt es weiter: „Homosexualität ist nicht nur eine Sünde vor dem heiligen und gerechten Gott, sondern auch eine Brutstätte für Seuchen. Es ist hinreichend belegt, dass die durchschnittliche Lebenserwartung von homosexuellen Männern und Frauen ungefähr 30 Jahre niedriger als die ihrer heterosexuellen Gegenüber ist."

Parsley positioniert sich außerdem deutlich gegen die Legalisierung der Abtreibung in den Vereinigten Staaten. Schwangerschaftsabbrüche sind in seinen Augen nichts weiter als Rassismus, gar ein Völkermord, da Schwarze Frauen deutlich häufiger abtreiben als Weiße. Bei einem Bevölkerungsanteil von ca. 12% sind Schwarze für etwa 36% aller Abtreibungen verantwortlich. (Häufig findet sich auch die verzerrte Darstellung, laut der Schwarze Frauen bei nur 6% Bevölkerungsanteil für ein Drittel aller Schwangerschaftsabbrüche verantwortlich sind.) Um seinem Argument mehr Ausdruck zu verleihen, zeigt Parsley gerne Bilder von Hitler.

Dass es handfeste wirtschaftliche und soziale Gründe (zum Beispiel die Armut der schwarzen Bevölkerung) gibt, die das Missverhältnis erklären könnten, thematisiert Parsley nicht. Ebenso wenig werden Frauen (anders als beispielsweise in China) in den USA nicht zu einem Schwangerschaftsabbruch gezwungen und eine vollständige Ausrottung der schwarzen Bevölkerung ist bei den derzeitigen Abtreibungszahlen ohnehin nicht realistisch. Dennoch unterstützt Parsley die Todesstrafe, obwohl diese, seiner eigenen Logik folgend, doch eigentlich auch rassistisch sein müsste. Schließlich werden Schwarze in den USA überproportional häufig hingerichtet.

Es bleibt abzuwarten, ob Parsley eine entscheidende Rolle zukommt, indem er entweder gezielt konservative Wähler anspricht oder liberale Wähler verschreckt.

Lukas Mihr