Grundwissen Ethik – praktische Philosophie

(hpd) Lehrerinnen und Lehrer, die Ethik / Philosophie in der Sekundarstufe I und II unterrichten und auch anderweitig philosophisch interessierte Leser

können in „Grundwissen Ethik / Praktische Philosophie“ zentrale Themen nachschlagen und sich vertieft vorbereiten. Das Fach Ethik gibt es in Deutschland bereits seit den 70er Jahren, wo es zunächst als Ersatz zum Religionsunterricht eingeführt wurde. Der Ethikunterricht ist weltanschaulich neutral und thematisiert die wichtige Frage des „richtigen Lebens“ ohne eindeutige Antworten vorzugeben.

 

Nach den allgemeinen Begriffsklärungen und Definitionen zur Ethik setzen die Autoren inhaltlich am Individuum an, sie greifen das Zusammenleben der Menschen in der Gesellschaft auf (Globalisierung und Kommunikation), fragen nach den Grundlagen der Gesellschaft (Gerechtigkeit, Wertewandel, Freiheit), kommen zur Lebenspraxis (Medien, Suche nach Glück, Umgang mit Tod) und schließlich zum Überbau der Religionen und Weltdeutungen. Jeder Begriff wird mit einem „Was ist…“ eingeführt und weiter aufgefächert. Der Leser findet also zu jedem Thema Definitionen und grundlegende Systematisierungen. Veränderungen eines Konzeptes über die Zeit, unterschiedliche Erklärungen, Pro- und Contra-Argumente werden soweit möglich zu jedem der Begriffe ausgeführt.

Was ist Ethik im Gegensatz zu Moralkunde? Was sind Werte und welche verschiedenen Ausrichtungen gibt es eigentlich in der Ethik? Das sind die einführenden Fragen in das Grundwissen Ethik. In diesem Zusammenhang werden die Ideen der Tugendethik des Aristoteles, der an Nützlichkeit orientierte Utilitarismus und Kants kategorischer Imperativ knapp umrissen. In kurzen Absätzen werden auch eine Vielzahl von heute wichtigen Feldern der Ethik besprochen, wie die Ökologieethik; Bioethik, Technikethik und anderen. Diese Abschnitte sind allerdings sehr verdichtet, abstrakt und dadurch etwas sperrig. Sie eignen sich nur für einen allerersten Zugang, vertiefende Hintergrunde sind in den knappen Ausführungen nicht zu finden.

Hilfreich ist der Abschnitt zum ethischen Argumentieren: Im Buch finden sich hier schöne Übersichten zu „Pro- und Contra-Diskussionen in 5 Schritten“ oder zu Strategien, wie sich Argumente rechtfertigen lassen. Diese lassen sich auch im Unterricht an die Schüler weitergeben.

Um das Individuum geht es in dem Buch, wenn Erwachsenwerden, Familie, Freundschaft, Liebe und Sexualität als Teile der Identitätsentwicklung angesprochen werden. Für die Familie wird der Wandel im Familienleben unter die Lupe genommen und es werden verschiedene Lebensformen unterschieden, wie Doppelverdienerfamilie, kinderlose Ehe oder Partnerschaft oder allein erziehender Vater.

An einigen Stellen bezieht das „Grundwissen Ethik“ auch politisch wertend Stellung: „Die Globalisierung macht eine globalisierte Weltethik erforderlich. Die goldene Regel der Ethik ist das Prinzip und der Prüfstein für universale Gerechtigkeit. (…) Von ihrer Verbindlichkeit kann sich auch eine entfesselte Globalisierung nicht befreien.“ (S. 66) Auch wenn der Leser diese Auffassung teilt, wäre hier für ein Ethikbuch ein Fragezeichen angemessener gewesen, zumal doch eingangs auf die verschiedenen ethischen Perspektiven hingewiesen wird.

Das gilt auch für einige Definitionen, die starke Setzungen enthalten. So definieren die Autoren als Voraussetzung eines gegenseitigen Respekts der Kulturen: „Der Reichtum ihrer Herkunftskulturen erschließt sich erst, wenn wir ihren jeweiligen Beitrag zum Weltkulturerbe, zum gegenwärtigen Wohlstand und zum Weltnaturerbe kennen und anerkennen.“ (S. 69) Ob dies eine allgemeine Voraussetzung ist, sollte doch zumindest diskutiert werden können.

Nichts desto trotz liefert das Buch viele Anregungen und einen guten systematischen Einblick in viele Grundbegriffe, die im Ethik- und Philosophieunterricht eine Rolle spielen. Auch aktuelle Fragen haben ihren Platz, wenn es etwa um Medien und Massenkommunikation oder Klimaschutz geht. Die vielen Themengebiete führen jedoch teilweise zu sehr knappen Definitionen und verführen die Autoren gelegentlich zu verkürzten Setzungen. Weniger Begriffe wären hier manchmal mehr gewesen. Als erste Einführung und Nachschlagewerk ist das Buch jedoch – auch dank der vielen übersichtlichen Tabellen und Schaubilder – uneingeschränkt zu empfehlen.

Katrin Schaar

 

Kriesel, Peter; Rolf, Bernd; Wiesen, Brigitte: Ethik / Praktische Philosophie. Reihe: Grundwissen. Stuttgart, Leipzig: Ernst Klett Verlag 2007. ISBN 978-3-12-337536-1, 12,95€