„diesseits“ spiegelt Wertedebatte

BERLIN. (hpd) Die neue „diesseits“, Zeitschrift des HVD, ist auf besondere Weise informativ und zugleich weltanschaulich betont.

Ein erster Themenkomplex fordert ein menschenwürdiges Lebensende. Besonders die beiden Titel-Beiträge auf den Seiten 12 und 15 sind humanistisch parteiisch. Sie treten ein für die Selbstbestimmung am Ende des Lebens, eingeschlossen die letzte Wahl, den Alterssuizid, und stellen soziale Umstände und persönliche Lebenswert-Entscheidungen zur Diskussion. Dabei wird auf den sehr medienwirksam durch den Ex-Senator Dr. Kusch inszenierten Suizid genauso eingegangen wie auf das Buch der niederländischen Ärzte P. Admiraal und B. Chabot „Wege zu einem humanen, selbstbestimmten Sterben“. Gleichzeitig distanziert sich der HVD vehement von der „Tötung auf Verlangen“ und macht wiederholt deutlich, dass er als Weltanschauungsverband dem gelungenen Leben und der Sinnvermittlung verpflichtet ist. Im Beitrag „Warum nicht dem Tod entgegengehen“ spricht Patricia Block über die Beweggründe einer seit Jahren schwer kranken Frau, die in aller Öffentlichkeit über die Möglichkeit nachdenkt, Ihr Leben selbst zu beenden.

Der zweite Themenkomplex (im „Forum“) behandelt das Fach und das Studium von Lebenskunde, auch an Hand von Erfahrungsberichten dreier Studentinnen. „Vielfalt als Chance – Lebenskunde international“ gibt Einblick in ein internationales Projekt, in dem der Lebenskundebereich des HVD Berlin neben fünf anderen Institutionen aus verschiedenen europäischen Ländern aktiv ist. Fiona Lorenz, Vorsitzende des HVD Rheinland Pfalz, hatte Gespräche mit Abtrünnigen und Ungläubigen. Was sie ihr erzählt haben, kann man im Januar in ihrem Buch „Wozu brauche ich Gott“ lesen oder sich auf den Seiten 22 und 23 dazu einen kleinen Vorgeschmack holen.

Die wie immer interessanten Rubriken geben Einblicke in aktuelle Projekte und Debatten.

„Aus den Ländern“ berichtet über die neue Trägerschaft des Berliner Landesverbandes mir seinem Jugendverband für ein Kinder- und Jugendgästehaus im Norden Berlins und dem „Familienhaus Felix“ in Marzahn-Hellersdorf als Kindertagesstätte und Familienzentrum.

Besonders aufschlussreich ist der Bericht über die Tagung „Der neue Humanismus. Wissenschaftliches Menschenbild und säkulare Ethik“ am 21. und 22. Juni d.J. in Nürnberg. Hier stellt Helmut Fink, HVD-Vorsitzender in Nürnberg und neuer Schatzmeister des HVD-Bundesverbandes, fest: „Für die längerfristige Debatte um ein zeitgemäßes und fruchtbares Verständnis der säkulären Triebkräfte … bleibt die Tradition des Humanismus ein unverzichtbarer kultureller Hintergrund.

„Evolutionstheorie und Humanismus“ ist eine Nachlese zur Konferenz am 11. Juni in Halle aus Anlass der 150jährigen Erstlesung von Charles Darwins Schrift „Über den Ursprung der Arten … “.

„Landauf/Landab“ berichtet u.a. über die Bundesdelegiertenkonferenz in Stuttgart und stellt den neuen Vorstand vor, über Kooperationsvereinbarungen zwischen dem HVD und Jugendweihe Deutschland e.V. sowie über das multikulturelle Sommerferienprogramm der JuHus.

Im Zwischenruf widmet sich Norbert Böhnke der zurzeit in Berlin stattfindenden heftigen und kontroversen Debatte um die Übernahme von Horten an staatlichen Schulen. Er kommt zu dem Ergebnis, dass die sozialen Angebote des HVD (Kita, Sozialstation, Hospiz) Angebote sind, „die die Menschen bewusst, freiwillig und selbstbestimmt wählen können. Diese Wahlfreiheit besteht bei Horten an öffentlichen Schulen nicht und es kann auch nicht sein, dass sich die Schulkonferenzen je nach der augenblicklichen Mehrheitslage für einen kirchlichen oder humanistischen Anbieter entscheiden. … die Trennung von Staat und Kirche ist zu beachten.“ Es bleibt allerdings die Frage offen, wie der HVD Berlin reagiert, wenn Kirchen Träger dieser Horte werden.

Im „Magazin“ erinnert Ralf Bachmann an die Reichspogromnacht, die sich am 9. November zum 70. Mal jährt und auf Seite 26 an den aus Galizien stammenden jüdischen Erzähler und Verleger Karl Emil Franzos, der sich Zeit seines Lebens als progressiver, national gesinnter Deutscher fühlte, ohne je sein Judentum aufzugeben, das für ihn nicht Glauben, sondern Zugehörigkeit bedeutete.
Ein für Humanisten und Humanistinnen wichtiges Grundrecht findet sich in unserem Grundgesetz, Artikel 140, wieder. Wie es dazu kam und warum Robert Blum dabei der tragische Held ist, spürt Michael Bauer auf.

GG