Terre des femmes kritisiert Kopftuch-Broschüre

BERLIN/TÜBINGEN. (hpd) Mit Kritik hat die Menschenrechtsorganisation Terre des femmes auf eine Broschüre des Berliner Senats gegen Diskriminierung reagiert.

 

Die „Landesstelle für Gleichbehandlung und gegen Diskriminierung" hat unter dem Titel „Mit dem Kopftuch außen vor?" ein 16-seitiges Dokument publiziert, das zu einer Versachlichung der Kopftuchdebatte und zum Abbau der „tatsächlich bestehende Diskriminierung Kopftuch tragender Frauen" beitragen soll. Darin wird die Rechtslage angesichts des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes erörtert, von Diskriminierungserfahrungen berichtet und die Motivation für das Tragen eines Kopftuches dargestellt; abschließend machen die Autorinnen einige Vorschläge für Handlungsmöglichkeiten.

In einem Offenen Brief an die zuständige Senatorin Heidi Knake-Werner, die auch das Vorwort für die Broschüre verfasst hat, äußert die Terre des Femmes-Geschäftsführerin Christa Stolle ihr Befremden über die darin vertretenen Positionen. Unverständlich sei es ihr, wie sich eine staatliche Institution in dieser Art für ein Verständnis des Kopftuches einsetzen könne, das an religiösen Grundsätzen orientiert sei und der im Grundgesetz verankerten Gleichstellung der Geschlechter diametral entgegen stehe. „Eine solche Positionierung von staatlicher Seite fördert nicht etwa die Integration, sondern verschärft die bereits bestehenden Parallelgesellschaften."

Nach Auffassung von Terre des femmes ist das Kopftuch kein religiöses Symbol sondern „Symbol einer patriarchalisch fundierten Geschlechterhierarchie". Die Organisation verweist zur Begründung ihrer Einschätzung auf ihre alltägliche Beratungsarbeit. Hier zeige sich, dass häufig Frauen diskriminiert werden, die sich gegen das Tragen des Kopftuches entscheiden. In Teilen der muslimischen Community werde insbesondere gegenüber Mädchen und jungen Frauen Druck aufgebaut, indem als „Hure" beschimpft werde, wer kein Kopftuch trage. Auch die Unterscheidung in „ehrbare" und nicht ehrbare" Frauen „kann nicht im Sinne einer aufgeklärten und emanzipatorischen Gesellschaft sein und ist mit Werten wir Toleranz, Respekt und Gleichberechtigung nicht vereinbar", schreibt Christa Stolle.

Die „Landesstelle für Gleichbehandlung und gegen Diskriminierung" stützt ihre Vorschläge auf eine von der Konrad-Adenauer-Stiftung durchgeführte Befragung von 315 Kopftuch tragenden Musliminnen sowie 30 Gesprächen im Rahmen einer „aufsuchenden Antidiskriminierungsarbeit". Die Probleme der „Frauen, die das Kopftuch aufgrund eines mehr oder weniger subtilen Drucks tragen" werden in drei Sätzen abgehandelt. Keine der angeführten zehn Handlungsmöglichkeiten befasst sich explizit mit einer Verbesserung ihrer Situation.

Gunnar Schedel