Darwin zum Neujahrsempfang

STUTTGART. (hpd) „Die Humanisten Württemberg“ bewiesen erneut, dass sie mit ihren Veranstaltungen den Nerv der Zeit treffen. Zum Neujahrsempfang am vergangenen Sonntag, 25. Januar, unter dem Titel „Afrika – Wiege der Menschheit“, war das Humanistische Zentrum Stuttgart überfüllt.

In seiner Rede kündigte der Geschäftsführer Andreas Henschel an, dass sein Verband nach Landesstrukturen suche, um die humanistischen Konfessionslosen besser und breiter vertreten zu können.

Im großen Saal des Karl-Becker-Hauses drängten sich bis in die letzte Ecke die Besucher, um die vom Chor „Avanti Komuna Canti“ musikalisch umrahmte Multi-Media-Lichtbildershow über eine Reise durch Mali und Senegal zu sehen.

Andreas Henschel verwies auf den engen Zusammenhang zwischen der Themenwahl mit dem für den Verband wichtigen Darwin-Jubiläum in diesem Jahr.
Ohne die grundlegenden Erkenntnisse über die Evolution allen Lebens, die der vor 200 Jahren geborene Charles Darwin in seinem vor 150 Jahren veröffentlichten Werk über den „Ursprung der Arten“ erstmals darlegte, wäre die Paläontologie niemals in der Lage gewesen den Weg der Menschheit, von ihren ersten Ursprüngen in Afrika vor etwa zwei Millionen Jahren über alle Vorformen und Nebenzweige hin zum heutigen homo sapiens zu beschreiben.
Darwins Evolutionstheorie beschrieb die Ordnung der Lebewesen erstmals als das Werk aufeinander prallender Kräfte ohne vorgesetzte Ziele und Zwecke. Die Vorstellung eines allmächtigen Schöpfergottes wurde obsolet, weil Darwin den Menschen fest in das Tierreich zu stellen wagte und sein Erscheinen, sein Überleben und seine abweichende Entwicklung rein weltlich begründete. Das bildete den Grund für die heutige Gehirnforschung, die, von der abendländischen Theologie und Kirche als letzter Rettungsanker einer dualistischen Weltsicht propagiert, die Trennung von Körper und Seele ins Reich der Mythen zu verbannen. Nach Darwin ist Seele nichts Göttliches, sondern Natur, ein physikalisches Phänomen. Nicht unsere Seele ist göttlich, sondern wir Menschen haben Gott nach unserem Seelenbild geschaffen, wie schon Ludwig Feuerbach dies wenige Jahre vor Darwin in seinem Werk „Das Wesen des Christentums“ auf den Punkt brachte.

Diese anthropologische Wende sah Andreas Henschel in Theologie und Kirche auch 150 Jahre nach Darwin und Feuerbach noch nicht einmal ansatzweise nachvollzogen, „schlimmer noch: es scheint mir fast so, als ob die Kirchen heute dabei sind, über diese grundlegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse erneut einen Kulturkampf heraufbeschwören zu wollen“.

Die Auseinandersetzungen um das Schulfach Ethik und das Bekenntnisfach Religion in Berlin lassen nach seiner Sicht diesbezüglich nichts Gutes erahnen.
Vor diesem Kontext und auch, um die Interessen der Konfessionsfreien in Baden-Württemberg noch kompetenter vertreten zu können, sei es besonders wichtig, „dass sich unser regionaler Verband verstärkt Bündnispartner im Land wie im Bund sucht. Dazu ist die kommende Landesversammlung der Humanisten Württemberg am 17. Mai 2009 aufgerufen, auch institutionell nun die Weichen zu stellen. Die Zukunft beginne zwar erst morgen, doch wie sie auszusehen habe, muss heute entschieden werden. Neue Wege und Modelle der Zusammenarbeit mit anderen Konfessionsfreien und fortschrittlichen Kräften im Land und i Bund müssten dafür 2009 endlich mutig beschritten werden.“ Abschließend wünschte sich Andreas Henschel, das das Jahr 2009 für den Verband der Humanisten Württemberg unter dem Motto stehen möge: „Die Zukunft erkennt man nicht, man schafft sie gemeinsam“.

Konrad Eckhold