Tag der Erinnerung und Mahnung

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Fotos © Evelin Frerk

BERLIN. (hpd) Der alljährliche Gedenk- und Erinnerungstag wird an jedem zweiten Sonntag im September zu Ehren der Opfer des Faschismus begangen. Er ist mittlerweile auch ein allgemeiner Aktionstag gegen Rassismus, Neonazismus und Krieg. Dieses Jahr wieder auf dem Bebelplatz.

Am zweiten Septembersonntag 1945 trafen sich zum ersten Mal Überlebende der Konzentrationslager und Zuchthäuser zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. 

Nach Jahren auf dem Marx-Engels-Forum in Berlin-Mitte, war der Gedenk- und Erinnerungstag dieses Jahr in Berlin sehr publikumsnah auf dem alten Standort und symbolträchtigen Bebelplatz an der Straße Unter den Linden aufgebaut. Auch viele Touristen und Flaneure ließen sich so für die rund 90 Stände der verschiedensten Gruppen, Parteien und politischen Vereine des linken Spektrums interessieren. Das Einzige, was die Besucherzahl sehr reduzierte war die ganztägige Abwechslung aus heftigen Wolkenbrüchen mit Sonnenschein.

Organisiert wird dieser Gedenktag traditionell von der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) e. V.“ , die sich selbst als „die älteste und größte antifaschistische Organisation in Deutschland“ versteht und auch in diesem Jahr den Marktplatz wieder ‚federführend’ organisiert hat. Der VVN-BdA zeigt sich auch verantwortlich für das Projekt „nonpd - NPD Verbot jetzt!

Die VVN-BdA stellt auf seiner Internetseite fest:„Seit Oktober 2002 streiten Antifaschistinnen und Antifaschisten aus Ost und West gemeinsam für eine neue Welt des Friedens und der Freiheit. Mit der Vereinigung von ehemals drei Organisationen, unter Einschluss von Lagerarbeitsgemeinschaften, der ehemaligen Spanienkämpferinnen und -kämpfer und Angehöriger der Résistance, der Streitkräfte der Antihitlerkoalition und der Bewegung ‚Freies Deutschland’ ist die stärkste Kraft des organisierten Antifaschismus in der Bundesrepublik Deutschland entstanden.“ Das mag formal richtig sein, auf dem Platz, vor Ort, sieht es aber weniger nach Zusammenarbeit aus.

Nur an wenigen Ständen sieht man Leute aus verschiedenen Generationen hinter den hölzernen Tischen stehen oder sitzen. Es eher eine Zweiteilung: Alte und Ältere bzw. Jüngere und Junge. Wenn die Verbindungsglieder zwischen den Generationen fehlen, bleiben die Kreise anscheinend unverbunden.

Im Unterschied zu anderen Märkten, Wochenmärkten oder ‚Festmeilen’, geht es hier sachbezogen und politisch zu. Bier gibt es nur an einem einzigen Stand, Kaffee und Kuchen an einem weiteren, dem "Antifa-Café, und afrikanische Küche an einem dritten. Informationsmaterialien, Flugblätter, Bücher, Zeitungen und Plakate sind die Medien. Und die politischen Lieder von Ernst Busch, dessen harzige, unverwechselbare Stimme immer wieder erschallt.

Am Stand des IBKA

Neben dem Landesverband der Freidenker ist aus dem allgemeinen säkularen Spektrum nur noch der IBKA mit einem Stand vertreten. „Gut war’s, aber laut“, so der Kommentar des Teams des Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) auf dem Info-Markt.

Zwischen Rock von der Bühne auf der rechten Seite und Ernst Busch auf behutsam behandelten Schelllackplatten vom Grammophon des Nachbarstandes auf der linken Seite, versuchten die Atheisten mit dem Publikum zu diskutieren, oft auch in Englisch und Spanisch; bei Polnisch und anderen Sprachen mussten sie passen. „Hier halfen die treffenden Karikaturen des MIZ-Zeichners Rolf Heinrich, die Anliegen des Vereins zu verdeutlichen“, freute sich die Gruppe.

Zusammen mit der Atheistischen Hochschulgruppe Berlin stellten sie besonders die Forderung nach der konsequenten Trennung von Staat und Kirchen in den Vordergrund. Dass auf den Koppelschlössern der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg „GOTT MIT UNS“ eingeprägt war, das wissen die wenigsten. Der meistgefragte Flyer war der zum Buch von Franz Buggle: „Denn sie wissen nicht, was sie glauben“. Wolfgang Mahnfitz vom IBKA ist sich sicher: „Die Auseinandersetzung mit der undemokratischen Rolle der Kirchen und deren Privilegien im Staat geht in Berlin auch nach ‚Pro Reli’ weiter!“

Tag der Erinnerung?

Mit den verschiedensten Gruppen in allen Altersklassen ist auch das Publikum sehr gemischt. Doch eines ist allen gemeinsam: gleichgültig schlendern sie über die eingelassene durchsichtige Hartglasplatte im Zentrum des Bebelplatzes, durch die man einen Blick in das unterirdische „Mahnmal für die Bücherverbrennung“ hat. Dieses Symbol für die nationalsozialistische Verachtung eines liberalen und aufgeklärten Geistes, die Bücherverbrennung, an der auch vorrangig die Studenten der gegenüberliegenden Universität beteiligt waren, hat hier auf diesem Platz in Berlin stattgefunden. Uninteressant?

Symbolträchtig ist auch die große, nach vorne offene Bühne, auf der Diskussionen stattfinden. Nein, falsch gedacht. Die Diskussionen finden in einem entfernter stehendem geschlossenen und gut geschützten großen weißen Zelt im Trockenen statt, nur die Stimmen werden nach draußen übertragen, wo sich die Besucher und die Leute an den offenen Ständen vor dem Regenschauern zu schützen versuchen.

C.F.