Vielschichtig, humorvoll: Das Prometheus Trio

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Buchtitel. Alibri

Andreas Müller, Alleinunterhalter nicht nur bei darwin-jahr.de und bekannt durch seine pointierten Essays zum Neuen Atheismus auf hpd, hat ein merkwürdiges, absurdes und umwerfend komisches Buch geschrieben. Wer seine Schreibe kennt, gar schätzt (wie diese Rezensentin zumeist), wird auch bei der Lektüre seines Buchs vermutlich auf seine Kosten kommen. Auch wenn es ein paar unvertraute Elemente enthält. Andere wird das Buch vielleicht dem Ziel des Autors näher bringen. Doch worin besteht dieses Ziel?

Das Prometheus Trio: Die Invasion... Der differenzierte Titel lässt annehmen (und hoffen), dass weitere Bücher geplant sind, worauf der Autor im Selbstinterview eigentlich bereits hinwies. Das Buch ist ein einziger satirischer Seitenhieb auf alles Mögliche, quasi im Vorbeigehen: auf Religion, Bayern, Bier, Irrationalität, Ideologien, Religion, Ufo-Anhänger, Religion, menschliche Dummheit, bayrische Dummheit, Hip Hop, Nationalsozialismus – und Religion. Es enthält Fußnoten.

Das Buch klärt auf, auch über alles Mögliche, quasi im Vorbeigehen: über Fusionsreaktoren, Bomben, Bibliotheken, Prometheus und Zeus, Philosophen der Aufklärung, Religion, Ufos, Logik, Quantencomputer, Wasserstoffperoxid, Soziobiologie, Gehirnwäsche und sonstige Hirnprozesse. Es enthält einen Glossar.

Die Geschehnisse

Nicht umsonst hat Andreas Müller seinen Roman dem wundervollen Douglas Adams gewidmet bzw. gedenkt seiner vor Beginn der Geschichte. Und diese Geschichte geht so: Der superintelligente Jugendliche John, dem das Anziehen von Kleidung Zeitverschwendung bedeutet und der im Verlauf seiner Experimente mit einem Fusionsreaktor und Bomben gelegentlich eine Wand des Elternhauses wegsprengt, dessen Reparatur er jedoch problemlos mit seinen eingeheimsten Wissenschaftspreisen finanzieren kann, lernt nach einer Klassendurchmischung Clara kennen und lieben. Seltsame Kornkreise im Acker des Bauern Horst Bauer locken etwa zu dieser Zeit Ufo-Anhänger an und verwickeln diese in eine Art bewaffneten Krieg mit der puritanisch-religiösen Sekte des Orts Hirtenstadt (in Bayern), bevor sie gegen die aufklärerischen Jugendlichen – namentlich das Trio John, Clara und David (s.u.) – gemeinsam das Todesurteil fällen. Insofern findet tatsächlich eine Invasion statt, doch anders, als zunächst erwartet.

Ein dritter im Bund ist David, dessen Eltern Teil der genannten puritanischen Sekte sind, der noch nicht Denken lernte und voll von religiöser Angst sein Dasein fristet. David darf zum ersten Mal selbstständig eine Handlung durchführen. Einer von Johns Lieblingsorten, die Bibliothek, wird zudem geschlossen, da der (bayrische, eigentlich coole) Bürgermeister Schmidt dem Wunsch des nervigen evangelischen Pfarrers nach einem eigenen Kirchenhaus nachgibt. Die „Vergessene Bibliothek“ soll also das neue Kirchenhaus werden. Eine einmalige Bibliothek, die bestückt ist mit Raritäten sondergleichen, was sich aber aus bestimmten Gründen nicht herumspricht. Außerdem steht Prometheus darin, eine goldene Statue, wie man zuerst denken soll, was aber nicht stimmt. Auch spielen vor allem Johns Eltern eine nette Nebenrolle, denn sie sind Juden, die versuchen, Preise als Vorzeigejuden zu gewinnen. Säkulare Juden, wohlgemerkt.

Die Beziehung zwischen John und Clara zeichnen sich bis auf gelegentliche Knuddeleinheiten und Informationsaustausche vor allem durch ihre (beabsichtigten) Faustschläge auf seinen Oberarm aus. Frauen erscheinen überhaupt zum Teil recht gewalttätig gegenüber ihren Männern, zum Beispiel die eben genannten Faustschläge Claras und besonders die Walkürenhafte, Davids Mutter, die platt macht, was sich ihr in den (religiösen, mütterlichen) Weg stellt. Die Geschichte insgesamt hat diverse Opfer und ihre Täter zu verzeichnen, von denen die meisten jedoch das erhalten, was sie verdient haben und es wird am Ende eine gewisse Gerechtigkeit gewahrt.

Strotzend vor denkwürdigem Humor

Die Invasion strotzt nur so von humorvollen Kommentaren und Einlagen. Seien es lakonische Kommentare wie: „Die menschliche Reaktion auf Fremdes sieht vor, damit Handel zu treiben oder darauf zu schießen“ (S. 137) oder Personenbeschreibungen wie: „Herr Hatler war im Grunde seines Herzens ein anständiger Mensch, auch wenn man das nicht auf den ersten oder zweiten oder dritten Blick bemerkte und obwohl es vielleicht auch gar nicht stimmte.“ (S. 113) Auch gibt Jean Tee, Philosoph, zu Beginn eines jeden Kapitels regelmäßig eine Weisheit von sich, die zum Beispiel lautet: „Und der Erzengel Gabriel sprach zu mir: ‚Du wirst einen Psychiater aufsuchen, denn du hörst Stimmen.’ Und ich suchte einen Psychiater auf, denn ich hörte Stimmen. Die Prophezeiung hatte sich erfüllt!“ (S. 71) Absurde und abstruse Handlungsstränge runden das Oeuvre ab. Absonderlich verhalten sich viele Menschen in diesem Werk von Andreas Müller. Eigentlich alle.

Insoweit kann ich das Prometheus-Trio guten Gewissens empfehlen bzw. wärmstens ans Herz legen: Ich lachte während der vielschichtigen Lektüre häufig laut auf, so dass eine meiner Töchter mich anschließend fragte, ob es so witzig sei, was ich naheliegenderweise bejahte. Und ich lernte Einiges über die oben angeführten Themen hinzu! Damit erfüllt Andreas Müller ein unwahrscheinliches, ausgeklügeltes Konzept mit dem Ziel, Menschen zunächst zum Lachen, dann zum Denken zu bringen: „Our goal is to make people laugh, then make them think.“  Vielleicht auch mit dem Ziel, die antitheistische Revolution voranzubringen, das weiß man bei Andreas Müller nicht so genau. Jedenfalls hoffe ich: da kommt noch mehr!

Fiona Lorenz

Das Buch gibt es auch im denkladen.