Der Streit um die Patientenautonomie

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P. Vetter, A. Henschel, G. Neumann / Foto: dhuw

STUTTGART. (dhuw/hpd) Mit einer Podiumsdiskussion zu den Themen Patientenautonomie, Patientenwille und Sterbehilfe fand am 3. November im Humanistischen Zentrum Stuttgart eine weitere Veranstaltung im Zusammenhang mit der gemeinsamen Humanistischen Hospizinitiative statt.

 

Auf Einladung der Humanisten Württemberg, zusammen mit der AWO Stuttgart, waren zu Gast die Stuttgarter Rechtsanwältin für Medizinrecht Petra Vetter und Gita Neumann, die Leiterin der Bundeszentrale für Patientenverfügung des Humanistischen Verbands Deutschland (HVD).

Seit dem 1. September gilt nun nach langem Ringen die neue gesetzliche Regelung zur Wirksamkeit von Patientenverfügungen, der eine mehrjährige Auseinandersetzung um Selbstbestimmungsrecht und Fürsorgepflicht voraus ging. Doch ist vielen noch immer nicht ganz klar, welche rechtlichen und praktischen Aspekte es diesbezüglich zu beachten gilt. So war das Interesse der zahlreich erschienenen Gäste an diesem Abend groß und bestätigte somit die Aktualität der Thematik, aber auch das Aufklärungsbedürfnis, das noch immer vorherrscht.

Zur Einleitung der Informationsveranstaltung wurde der Dokumentarfilm „Sterbehilfe – der Streit um den selbstbestimmten Tod“ von Liz Wieskerstrauch gezeigt. Durch die verschiedenen Einzelfälle und Experteninterviews wird in diesem Film informativ und zugleich sensibel an die doch noch oft angstbesetzte Thematik herangeführt. Außerdem wird mit verschiedenen Mythen zur medizinischen und rechtlichen Situation aufgeräumt, von deren Gültigkeit selbst manch ein Mediziner bzw. Jurist anscheinend noch überzeugt ist. Bedenkt man dies, ist es doch mehr als irritierend, dass der Film im Fernsehen nur mitten in der Nacht (um 23:30 Uhr) an einem Wochentag im Programm der ARD zu sehen war. Immerhin ist er aber auch online auf der Seite der ARD Mediathek verfügbar.

Bei dem anschließenden Podiumsgespräch bestätigte Petra Vetter, die schon seit vielen Jahren als Fachanwältin für Medizinrecht tätig ist, dass Aufklärung Not tue. In ihrer Stuttgarter Kanzlei bietet sie unter anderem Beratungen zur individuellen Ausarbeitung und Gestaltung von Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten an. Aus rechtlicher Perspektive, so betont sie, sei die neue gesetzliche Regelung zur Patientenverfügung ein großer Schritt. Doch dürfe man nicht vergessen, dass es sich hierbei um mehr als ein juristisches und medizinisches Thema handele, denn es gehe um jeweils individuell unterschiedliche Situationen.

Gita Neumann hat als Bundesbeauftragte für Patientenverfügung des HVD jahrelange Erfahrungen zu diesem Themenkreis sammeln können. Außerdem hat sie in der AG des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) vorbereitend an der neuen gesetzlichen Regelung Patientenverfügung mitgewirkt. Die hospizliche Betreuung ist ihr aus eigener Berufspraxis bekannt – vor allem durch den von ihr initiierten humanistischen Hospiz- und Besuchsdienst V.I.S.I.T.E. des HVD in Berlin. Somit konnten die anschließenden Fragen aus dem Publikum durch beide Podiumsgäste kompetent beantworten. Die Vorstandssprecherin der Humanisten Württemberg, Dr. Gabriele Will, brachte es auf den Punkt: Wenn man wüsste, dass es genug in der Palliativmedizin ausgebildete Ärzte sowie ausreichende hospizliche Betreuung gäbe, wäre sicherlich eine gelassenere und zuversichtlichere Auseinandersetzung mit der Thematik um Patientenautonomie, Patientenwille und Sterbehilfe möglich. Doch durch diesen Abend wurde sicher vielen schon etwas Angst genommen.

Julia von Staden