„Schweizer Minarettverbot befremdend“

WIEN. (fdb/hpd) Österreichs atheistische und humanistische Organisationen zeigen sich befremdet vom Referendum in der Schweiz zu einem Bauverbot von Minaretten. Das Ergebnis zeige, dass man niemals Mehrheiten über die Rechte von Minderheiten abstimmen lassen dürfe. „Rechtspopulisten haben gezielt mit Halbwahrheiten und Lügen rassistische Ressentiments und Ängste geschürt“, sagt etwa Theo Maier, Vorsitzender des Freidenkerbunds.

Die Freiheit, sich zu seiner Weltanschauung zu bekennen, sei ein unveräußerliches und unteilbares Menschenrecht. „Dazu gehört das Recht, sich öffentlich zu einer Religion zu bekennen“, sagt Erich Eder, Vorsitzender der AgnostikerInnen und AtheistInnen für ein säkulares Österreich (AG-ATHE). „Dieses Recht wird in der Schweiz nur mehr der Mehrheitsbevölkerung zuerkannt.“ Niko Alm, österreichischer Regionalsprecher der Giordano Bruno Stiftung: „Demokratie besteht nicht nur aus Mehrheitsentscheidungen sondern auch aus einem Schutz von Minderheiten. Dieses Prinzip ist aus nicht nachvollziehbaren Gründen verletzt worden. Diese Volksabstimmung hätte es von vornherein nicht geben dürfen.“ Karl Linek von der Allianz für Humanismus und Atheismus (AHA): „Es zeigt, wie weit Verhetzung gehen kann. Ob irgendwo ein Minarett gebaut werden darf oder nicht, hat nichts mit islamischem Fundamentalismus zu tun. Wir Atheistinnen und Atheisten interpretieren auch nicht jeden Kirchturm als Symbol der Unterdrückung Andersdenkender und -gläubiger.“

„Menschenrechte dürfen niemals Gegenstand von Mehrheitsentscheidungen sein“

Theo Maier vom Freidenkerbund: „Hier geht es darum, dass man Minderheiten verbieten will, gleichberechtigt im öffentlichen Raum vertreten zu sein. Rechtspopulisten haben Ängste und Ressentiments geschürt um Stimmen zu gewinnen. Bei Atheistinnen und Atheisten ist das übrigens nicht viel anders. Man muss nur unsere Plakatkampagne vom Sommer betrachten, wo die FPÖ uns mit fadenscheinigen Argumenten den Mund verbieten wollte.“ Ein Minarettverbot habe auch nichts mit einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Islam zu tun. „Es gibt sicher Entwicklungen bei Gruppen der islamischer Zuwanderer, die nicht gutzuheißen sind. Damit muss man sich sachlich auseinandersetzen und nicht mit Verhetzung wie es die FPÖ und die SVP in der Schweiz betrieben haben.“ Ein Vorgehen wie in der Schweiz würde höchstens dazu führen, dass sich MigrantInnen marginalisiert fühlen – und das würde eher zu ihrer Re-Islamisierung führen als ein paar Minarette.

Gleiche Argumente wie in Kruzifix-Debatte

Als gefährlich sehen die Vertreter der atheistischen und humanistischen Organisationen die Argumentationsweise der Befürworter des Bauverbots. Ähnlich wie in der Kruzifix-Debatte würde eine konstruierte „heimische“ oder „europäische“ Kultur gegen das angeblich gefährliche Fremde ins Treffen geführt. „Das spaltet die Gesellschaft und lenkt von tatsächlichen Problemen ab“. Dass sich die Organisationen zur Religionsfreiheit bekennen, sei nicht als Verzicht auf das Recht auf Freiheit von Religion zu verstehen. „In öffentlichen Gebäuden treten wir selbstverständlich für eine strikte weltanschauliche Neutralität des Staates ein.“

Christoph Baumgarten