Akte Astrologie – geschlossen

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Astronomische Uhr / Foto: Jutta Anger (pixelio)

ROSSDORF. (gwup(hpd) Es soll Zeitgenossen geben, die heute noch glauben, dass Gunter Sachs die Astrologie “bewiesen” hat. Vermutlich denken diese Leute auch, dass der Storch die Kinder bringt. Wieso? In Europa nimmt die Zahl der Störche seit Jahrzehnten ab – ebenso sind die Geburtenzahlen rückläufig.


Anmerkungen zur Astrologie von
Bernd Harder

Ich weiß, das Beispiel ist ziemlich alt. Nehmen wir ein anderes: Die weltweite Bevölkerungszahl ist an das Alter der englischen Königin gekoppelt. Denn beide Größen steigen jedes Jahr.

Was hat das mit Gunter Sachs zu tun? Vor zwölf Jahren behauptete der Industriellenerbe und Fotograf, “den wissenschaftlichen Nachweis eines Zusammenhangs zwischen den Sternzeichen und dem menschlichen Verhalten” erbracht zu haben. In seinem Bestseller “Die Akte Astrologie” las sich das dann zum Beispiel so:

  • Unter den Sternzeichen “Jungfrau” und “Steinbock” kommen mehr Fußballspieler zur Welt.
  • “Schütze”- und “Widder”-Geborene ergreifen überdurchschnittlich häufig den Beruf des Landwirts.

Diese und noch viele andere signifikante Zusammenhänge präsentierte Sachs in Form von Kreuztabellenanalysen, für die er “Millionen geprüfter Daten” (Klappentext) aus amtlichen Statistiken ausgewertet hatte. Eine Fleißarbeit. Doch die entscheidende Frage dabei ignorierte Sachs ganz einfach. Nämlich ob aus Zusammenhängen zwischen Sternzeichen und menschlichem Verhalten auch wirklich ein Einfluss der Sterne abgelesen werden kann.

Diesem Fehlschluss erlag zum Beispiel auch die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) in Österreich, als sie 2007 eine “Unfallstatistik nach Sternzeichen” veröffentlichte. Demnach leben “Fische”-Geborene gefährlicher als andere Menschen. In Wahrheit gibt es einfach nur besonders viele Menschen mit diesem Sternzeichen. Und deshalb kann man in großen Datenmengen merkwürdige Effekte entdecken. Bezeichnenderweise sieht die aktuell veröffentlichte Statistik der AUVA denn auch wieder ganz anders aus. Jetzt sind es die „Löwen“.

Der vermeintliche Zusammenhang “kann aber rein zufällig sein”, wissen die Wiener Psychologen Ivo Ponocny und Elisabeth Ponocny-Seliger. “Oder auch ganz andere Ursachen haben.” Welche, das fanden die beiden Statistik-Experten heraus, als sie mit finanzieller Förderung der GWUP aktuelle Daten der amtlichen Bevölkerungsstatistik Österreichs auswerteten.

„Geburtstagseffekte“

Bleiben wir bei Sachs’ Paradebeispielen Landwirte und Fußballer. Letzterem liegt ein klassischer “Geburtstagseffekt” zugrunde, der in Sportvereinen wohlbekannt ist (vermutlich hat Gunter Sachs nie in der F-Jugend Fußball gespielt). Das Ganze hat etwas mit den traditionellen Stichtagen für die Einteilung in Altersklassen zu tun. Denn relativ ältere Kinder zeigen in derselben Altersklasse meistens stärkere Leistungen als die jüngeren. Sie setzen sich daher leichter durch, haben mehr Spaß und bleiben dieser Sportart länger treu als weniger erfolgreiche Spieler.

Was hat es mit den Landwirten auf sich? Hier wirkt sich etwas ganz Ähnliches aus, nämlich saisonale Besonderheiten bestimmter Berufe. Viele Eltern von Landwirten sind selbst Landwirte und praktizieren eine Geburtenplanung, die den Zeitpunkt der Niederkunft in die weniger stressigen Wintermonate verlegt. Um das zu wissen, braucht man nur mal eine Folge von “Bauer sucht Frau“ zu schauen. Geburtstagseffekte” gibt es also tatsächlich.

Und weil “Sternzeichen und Geburtstage aneinander gekoppelt sind, kann ein Geburtstagseffekt leicht als astrologischer Effekt erscheinen”, erklären Ivo Ponocny und Elisabeth Ponocny-Seliger. Diese sind allerdings so klein, dass sie sich auf ganz und gar irdische Art erklären lassen und recht alltägliche Phänomene beschreiben.

Was die beiden Statistik-Experten für ihre Studie “Akte Astrologie Österreich” sonst noch untersucht haben und mit welchen Ergebnissen, lesen Sie im aktuellen SKEPTIKER, der in wenigen Tagen erscheint.

Link zum Thema: Von Eye, Alexander; Lösel, Friedrich; Mayzer, Roni (2003): Is it all written in the stars? A methodological commentary on Sachs’ astrology monograph ans re-analyses of his data on crime statistics. Psycholgy Science, 45 (1), S. 78-91.

Mit freundlicher Genehmigung des gwup-blogs