Feindbild Moslem!?

(hpd) Der Journalist Kay Sokolowsky geht in seinem Buch einem „Feinbild Moslem“ nach. Er bleibt dabei aber bei einer nur beschreibenden Sicht der „Moslemhasser“. Ebenso wie empirische Studien der Sozialforschung fehlen, trifft er keine Unterscheidung zwischen einer aufklärerisch-humanistischen und einer hetzerisch-vorurteilsvollen Islamkritik.

Seit den terroristischen Anschlägen vom 11. September 2001 steigen nicht nur in Deutschland die Ressentiments und Vorurteile gegen den Islam und die Muslime. Etablierte Medien wie die Nachrichtenmagazine „Focus“ oder „Spiegel“ tragen dazu durch ihre Cover-Gestaltung bei. Von diesen Annahmen geht der Journalist Kay Sokolowsky in seinem Buch „Feindbild Moslem“ aus. Er will darin die „Motive und Muster, die historische und mediale Entwicklung des Feindbildes vom Moslem, seine Wirkungsmacht in unserer Gesellschaft und die potentiellen Gefahren dieses neuen, doch im Kern uralten Rassismus“ beleuchten. Darüber hinaus sollen „die Ähnlichkeit von Antisemitismus und Antiislamismus, die Lebenswirklichkeit muslimischer Migranten in Deutschland, ihre alltägliche Diskriminierung und ‚Integration’“ (S. 6) thematisiert werden. Für die erstgenannten Inhalte liefert Sokolowsky eigene Beschreibungen, das zweite Thema wird über Interviews mit einschlägigen Persönlichkeiten aus Politik, Publizistik und Wissenschaft präsentiert.

Das Aufkommen des „Feindbildes Moslem“ erklärt sich der Autor aus einem Angstgefühl gegenüber dem Fremden heraus, welches die Aversionen und Ressentiments gegenüber dem Kommunismus vor 1989 und allgemein gegen Ausländer und Asylbewerber in den 1990er Jahren abgelöst habe. Als „Feindbildbauer“ gelten insbesondere die Medien und hierbei vor allem „Der Spiegel“, worauf in mehreren Einschätzungen einzelner Titelstorys aufmerksam gemacht wird. Ausführlich geht Sokolowsky auch auf die „Kronzeugen“ der Feindbild-Propaganda ein. Hierbei spielten Personen wie Henryk M. Broder, Ralph Giordano, Necla Kelek oder Seyran Ates eine wichtige Rolle. Dem folgen dann Betrachtungen zum eigentlich rassistischen Hintergrund der Agitation, welcher sich lediglich mit dem Verweis auf kulturelle Differenzen tarne. Diesbezüglich wird immer wieder auf fremdenfeindliche Internetseiten wie die von „Politically Incorrect“ verwiesen. Denn letztendlich ginge es den „Moslemhassern“ nur darum, auf den Fremden nebenan einzudreschen.

Sokolowskys zentrale These besteht denn auch in der Aussage, dass sich hinter der gegenwärtigen Islam-Kritik der bekannte alte Rassismus verberge und sich so offen austoben könne. Wörtlich heißt es bei dem Autor: „Am Anfang ist die Angst. Die Angst vor dem anderen, der suspekt wirkt allein um seiner Fremdheit willen, der fremd scheint und bleiben muss, weil der Ängstliche sich weigert, ihn als Gleichen zu akzeptieren“ (S. 12). Entscheidend sei dabei ein bestimmter Aspekt des Angstgefühls: „Doch genau dieses Unvermögen, in der eigenen Angst und den eigenen Klischees den gleichen Rassismus zu spüren, der beim ‚Negerklatscher’ gewaltsam ausbricht, verhilft dem Antiislamismus zu der gesellschaftlichen Duldung, die er niemals hätte, wenn er statt von ‚den Muslimen’ von ‚den Kümmeltürken’ spräche“ (S. 139). Derartige Auffassungen müssten ihre „Deutungshoheit in den Medien und den Gremien verlieren“, denn die Islamisten bedrohten weitaus weniger das Land „als ihre angst- und hasserfüllten Gegner“ (S. 183).

Angesichts der tatsächlich bestehenden Ressentiments und Vorurteile in der Gesellschaft kommt Sokolowsky das Verdienst zu, auf dieses Phänomen aufmerksam gemacht zu haben. So sehr man auch vielen Detailanalysen zustimmen kann, so sehr enttäuscht die Gesamtkonzeption seines Buchs. Es beschränkt sich auf die Aneinanderreihung von kritischen Kommentaren zu einzelnen Vorkommnissen, allgemeine Einschätzungen auf Basis der empirischen Sozialforschung findet man hier nicht. Noch gravierender ist, dass der Autor nicht genügend die real bestehenden gesellschaftlichen Probleme in seine Einschätzung einbezieht. Nicht jede Kritik an Islam und Muslimen erfolgt auf Basis der kritisierten Ressentiments. Eine trennscharfe Unterscheidung zwischen einer aufklärerisch-humanistischen und einer hetzerisch-vorurteilsvollen Perspektive nimmt Sokolowskys Buch nicht vor. Darüber hinaus leitet er die kritisierten Auffassungen allzu sehr aus einem Oberflächenphänomen in Gestalt von diffusen Angst-Stimmungen ab.

Armin Pfahl-Traughber

 

Kay Sokolowsky, Feindbild Moslem, Berlin 2009 (Rotbuch-Verlag), 256 S., 16,90 €