Bundesverdienstkreuz für Kreationisten

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Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht, Professor Dr. Reinhard Haupt / Foto: Staatskanzlei Thüringen

ERFURT. (hpd) Man staunt nicht schlecht: Ein leitender Mitarbeiter der Studiengemeinschaft "Wort und Wissen" erhielt das Bundesverdienstkreuz am Bande. Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht hat Professor Dr. Reinhard Haupt aus Jena am 21. Januar 2010 im Namen des Bundespräsidenten für sein besonderes Engagement geehrt. 


Ein Kommentar von Andreas Dietz

Reinhard Haupts Mitgliedschaft im Ältestenkreis seiner Freikirche in Jena sowie seine Mitarbeit in der Studiengemeinschaft "Wort und Wissen" werden ausdrücklich in der Vorschlagsbegründung genannt.

Selbstverständlich mögen Haupts Verdienste an der Universität, sein Einsatz für bessere Studienbedingungen und sein außerordentlicher Tatendrang eine Ehrung durch den Bundespräsidenten wert sein. Welches Verdienst liegt aber darin, einer Vereinigung in leitender Funktion anzugehören, die im deutschen Sprachraum den Kreationismus fördert und damit wissenschaftliche Erkenntnisse zugunsten eines Jahrtausende alten Mythos' in Frage stellt?

Die Studiengemeinschaft "Wort und Wissen" vertritt erklärtermaßen die biblische Schöpfungslehre. Nun wissen wir vom Verleiher der Auszeichnung, von Bundespräsident Horst Köhler, dass die Bibel das wichtigste Buch ist, das er kennt:
"Es macht Freude, diese Texte Kindern vorzulesen, ihnen auf diese Weise die Grundlagen unseres Glaubens zu vermitteln. Das kann ein wertvoller Beitrag für die frühkindliche Erziehung sein und es ist auch eine gute Gelegenheit, die eine oder andere Geschichte selbst noch einmal zu überdenken und ihre Lehren zu beherzigen."

In einer Reaktion hatte der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) bereits angemerkt, dass Horst Köhler mit seinem Lob der Bibel letztlich fundamentalistischen Strömungen Vorschub leiste, die ein wortgläubiges Bibelverständnis vertreten. Mit dem Bundesverdienstkreuz hat der Bundespräsident jetzt einen Menschen ausgezeichnet, der sein Lieblingsbuch, die Bibel wörtlich nimmt. Deutlicher kann ein Signal nicht sein.

In der Sache freilich mag die Auszeichnung konsequent erscheinen. Immerhin entstammt der Studiengemeinschaft "Wort und Wissen" auch jenes evolutionskritische Schulbuch, das Christine Lieberknechts Vorgänger Dieter Althaus vor Jahren als "sehr gutes Beispiel für werteorientierte Bildung" gelobt hatte. Dem Bundespräsidenten ist die Erziehung der Kinder auf Grundlage des christlichen Glaubens ein Herzensanliegen. Mit der notwendigen wissenschaftlichen Fundierung schulischen Unterrichts scheint es sich leider anders zu verhalten.

Der Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland, so die offizielle und korrekte Bezeichnung des „Bundesverdienstkreuz“, wird verliehen für besondere Leistungen, unter anderem auch auf geistigem Gebiet.

So lautet es im offiziellen Text des Bundespräsidialamtes: „Er ist die einzige allgemeine Verdienstauszeichnung und damit die höchste Anerkennung, die die Bundesrepublik Deutschland für Verdienste um das Gemeinwohl ausspricht. Er wird an in- und ausländische Bürgerinnen und Bürger verliehen für politische, wirtschaftlich-soziale und geistige Leistungen sowie für alle besonderen Verdienste um die Bundesrepublik Deutschland, zum Beispiel auch Verdienste aus dem sozialen, karitativen und mitmenschlichen Bereich.“ Und: „Mit seinen Ordensverleihungen möchte der Bundespräsident die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf solche Leistungen lenken, denen er für unser Gemeinwesen besondere Bedeutung beimisst.“

Man kann die Verbreitung der biblischen Schöpfungslehre, an der Reinhard Haupt sich beteiligt, aber beim besten Willen nicht als besondere geistige Leistung betrachten. Im Gegenteil: Es ist ein Zurückdrängen der Aufklärung, der kulturellen Errungenschaft wissenschaftlichen Denkens.