Kommentar

Vergelt’s Gott – Der unbekannte Reichtum der katholischen Kirche

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Prof. Uwe Lehnert
Prof. Uwe Lehnert

BERLIN. (hpd) Der insgesamt sehr mild gehaltene Report am Montag in der ARD – vermutlich hat der zuständige Rundfunkbeauftragte kräftig dagegen gehalten, vielleicht hat auch der zuständige verantwortliche Redakteur seinen dämpfenden Einfluss geltend gemacht – zeigt eine Kirche, die einen weitgehend unabhängigen Staat im Staate darstellt. Eine Kirche, die sich kaltschnäuzig über Moral und Gesetze hinwegsetzt – so wie sie das seit Jahrhunderten schon tut.

Auf Fragen über zurecht die Öffentlichkeit interessierende Sachverhalte wird immer nur soviel zugegeben, wie ohnehin schon bekannt ist. Überhaupt waren die Antworten der zuständigen kirchlichen Verantwortlichen von einer verschleiernden Vagheit und geradezu grotesken Blumigkeit und teilweise erkennbaren Unwahrheit. Letzteres betraf insbesondere Kardinal Marx, der als zugleich oberster Finanzchef angeblich keinerlei Kenntnisse über die Gelder seines Bistums hätte. (Die Kenntnisse über das achte Gebot sind ihm offenbar auch abhanden gekommen.)

Wenig Aufklärung wird von der Politik erwirkt, die sich in weiten Teilen als Komplize – laut Duden: Helfershelfer bei einer Straftat – dieses Großkonzerns zeigt. Denn wie sonst erklärt sich das völlige Desinteresse am Finanzgebaren dieser wohl reichsten Institution in Deutschland und das Gewährenlassen von Verhaltensweisen, die bei anderen Institutionen sofort staatsanwaltliche Untersuchungen zur Folge hätten. Briefkastenfirmen in Holland und skrupelloses Ausnutzen von Steuerschlupflöchern lassen erkennen, welche miese Moral diese Clique von scheinheiligen Moralaposteln praktiziert. Eher geht noch von den Medien das Bemühen um Aufdeckung aus, die wenigstens teilweise einen Informations- und Aufklärungsauftrag empfinden.

Die katholischen Bischöfe in Deutschland leben in Prunkpalästen und verfügen über Geld und geldwerten Besitz, der sich nur in dreistelligen Millionenbeträgen ausdrücken lässt, von den übrigen Einkünften durch Aktien, Unternehmensbeteiligungen, Immobilienbesitz etc., etc. ganz zu schweigen. Für die wenigstens materielle Entschädigung der Missbrauchsopfer steht angeblich kein Geld zur Verfügung. (Hier verweist man i.d.Z. gern, fast triumphierend, auf die Verjährung der meisten Fälle. Allerdings – das sei zugegeben – betet man für die Opfer. )

Kardinal Marx geißelt öffentlichkeitswirksam gern den skrupellosen Kapitalismus. Dass seine Kirche heute fast ausschließlich durch diese Form von Ausbeutung von schwer arbeitenden Menschen zu ihrem Geld kommt, stört ihn offenbar überhaupt nicht. Heuchlerischer kann man sich nicht mehr geben. Thematisieren sollte man bei dieser Gelegenheit auch mal wieder die Frage, wie diese Institution überhaupt zu ihren Besitztümern gekommen ist.

Und wie ist das Gebaren der Vatikanbank einzuschätzen? Das “Institut für die religiösen Werke”, wie diese Bank sich scheinheilig nennt, hat durch Geldwäsche und Steuerhinterziehungen und andere kriminelle Machenschaften wie vorgetäuschte Stiftungen ihr Geld gemacht. Selbst die seriöse FAZ sprach am 25.9.13 wörtlich von den “Halunken” dieser Bank. Verantwortlich dafür waren letztlich die obersten päpstlichen Dienstherren – Herren, die sich gern als oberste Wächter der Moral feiern lassen.

Wir erfahren, dass die Bistümer angeblich keinen Überblick über ihre Vermögen und ihre Einkünfte haben. Das mag vielleicht sogar so sein. Denn tatsächlich wird ein Bistum gar kein Interesse an einer solchen Überblick gebenden Zusammenstellung haben – zu groß ist offenbar die Sorge vor einer Bilanz, die vor der Öffentlichkeit nur mit Schamröte zugegeben werden könnte. Gleiches gilt für die unübersehbar große Zahl von kirchlichen Unternehmen und weiteren Besitztümern. Sie sind in vielerlei Verträgen und Kontrakten versteckt. Eine Zusammenfassung und Übersicht würde wohl auch deutlich machen, auf wie undurchsichtige, um nicht zu sagen unlautere bzw. kriminelle Art und Weise die Kirche über die Jahrhunderte an diese Güter und Immobilien gekommen ist.

Dass alles immer noch so möglich ist, ist jenen kirchenhörigen, gleichgültigen, verantwortungslosen Politikern geschuldet, die aus unterschiedlichen Gründen kein Interesse an Aufklärung und Änderung der Verhältnisse haben. Vielfach handelt es sich um Politiker, die durch Ämter und geldwerte Vorteile so an die Kirche gebunden wurden, dass sie ihrem Auftrag, dem Wohl des deutschen Volkes zu dienen, gar nicht mehr nachkommen können. Solche “Ämter” bestehen zum Beispiel in Präsidentschaften auf Kirchentagen, in Sitzen im Zentralkomitee der Deutschen Katholiken oder der Synode der Evangelischen Kirche. Sie lassen sich sehr wahlwirksam nutzen, haben aber auch gewisse Erwartungen kirchlicherseits zur Folge. Auch lukrative Vorstandsposten in Diakonie- oder Caritasunternehmen sind beliebt.

Mit welchem Grund soll man eigentlich einer solchen Institution, die alle Regeln menschlichen Anstands mit Füßen tritt, noch Respekt entgegenbringen? Das können offenbar nur jene noch, die selbst in irgendeiner Weise von der Macht und Skrupellosigkeit dieses Konzerns profitieren. Die Kluft zwischen dem, was diese von allen heiligen Geistern verlassenen Herren unter Bezug auf ihren allerobersten Herrn Jesus predigen und was sie selbst treiben, ist eigentlich ungeheuerlich!