BERLIN. (hpd) Erneut fand der christlich-fundamentalistische “Marsch für das Leben” in Berlin statt. Mit prominenter Unterstützung wurde nicht nur gegen den Schwangerschaftsabbruch demonstriert. In der Kritik standen auch die Sterbehilfe und die Präimplantationsdiagnostik (PID).
Es ist fast schon eine Tradition. Am vergangenen Samstag versammelten sich christliche Fundamentalisten zum zehnten “Marsch für das Leben” vor dem Bundeskanzleramt in Berlin. Dazu aufgerufen hatte der aus 14 Organisationen bestehende Bundesverband Lebensrecht, um “für ein Europa ohne Abtreibung und Euthanasie” zu demonstrieren.
Der Protest richtete sich dabei nicht nur gegen Schwangerschaftsabbrüche, sondern auch gegen Sterbehilfe, Präimplantationsdiagnostik (PID) sowie gegen alternative Liebes- und Familienkonzepte. Die Teilnehmer des Marsches bloß als Abtreibungsgegner zu bezeichnen, wäre daher unzureichend. Vielmehr verfolgen sie ein breiteres Themenfeld, bei dem christliche Moralvorstellungen eine größere Rolle für die ethische und politische Leitlinie spielen sollen.
Dies wurde schon auf der Auftaktkundgebung vor dem Bundeskanzleramt deutlich. Neben selbst mitgebrachten Bildern von Embryonen und Babys waren von den Veranstaltern verteilte Schilder zu sehen, die Stellung gegen die Zulässigkeit des ärztlich assistierten Suizids bezogen. Auch in den Redebeiträgen des Moderators der Kundgebung, Martin Lohmann, war der Tenor eindeutig: “Es gibt kein humanes Töten.” Der “Diktatur gegen das Leben” müsse man daher entschieden entgegentreten.
Der christliche Aufmarsch wird mit seiner Botschaft schon länger prominent unterstützt. So konnte etwa die Junge Union Deutschlands als ideeller Unterstützer gewonnen werden. In Berlin selbst konnte man zudem auf bekannte Gesichter treffen. An der Spitze des Demonstrationszuges liefen Wortführer der Szene voran.
Darunter befand sich nicht nur der ehemalige Behinderten-Beauftragte der Bundesregierung und CDU-Bundestagsabgeordnete Hubert Hüppe, der im Vorfeld der Veranstaltung erneut gegen die Giordano-Bruno-Stiftung wetterte. Auch die AfD-Spitzenpolitikerin und Mitglied des Europäischen Parlaments Beatrix von Storch marschierte als Bannerträgerin durch das Zentrum von Berlin.
Einige Gegendemonstranten um das Aktionsbündnis “what the fuck” versuchten den Protestmarsch mehrere Male durch Sitzblockaden zu stoppen. Abseits der Gegenkundgebung des Bündnisses für sexuelle Selbstbestimmung am Brandenburger Tor kam es dabei auch zu körperlichen Auseinandersetzungen mit Polizeibeamten und den selbsternannten “Lebensschützern”. Mit großem Polizeiaufgebot wurde der christliche Marsch jedoch mit Umwegen zum Berliner Dom begleitet. Dort versammelten sich die Marschteilnehmer zum Gottesdienst.
Doch das Ende der Demonstration ist nicht das Ende der Diskussion. Denn schon bald soll der Bundestag über eine neue rechtliche Regelung der Sterbehilfe entscheiden.
5 Kommentare
Kommentare
Michael Brade am Permanenter Link
Am 20.09.2014 hat ein Team der „heute-show“ mit dem Protagonisten Lutz van der Horst auf der Demonstration „Marsch für das Leben“ in Berlin gedreht.
Quelle: http://www.zdf.de/presse-positionen-presse-und-information-pressestelle-zdf-25585610.html
Richard Dorn am Permanenter Link
Wenn ich mir die lärmenden Gegendemonstranten in Videos anschaue,
komme ich zu einem gänzlich anderen Eindruck, wer da die Fundamentalisten sind. Und was die Auseinandersetzung zwischen MdB Hüppe und dem ZDF betrifft, so weigert sich das ZDF bisher konstant, das Original-Filmmaterial zur Verfügung zu stellen, um die Sache zu klären. Herr Hüppe bleibt bei seiner Darstellung:
http://kreuzknappe.blogspot.de/2014/09/angriff-auf-mdb-hubert-huppe-der-soll.html
F. Nicolai am Permanenter Link
Es gibt sehr wohl eine Stellungnahme des ZDF:
http://meedia.de/2014/09/22/wer-hat-hier-wen-bedraengt-zdf-weist-cdu-vorwuerfe-gegen-die-heute-show-zurueck/
"Lutz van der Horst, Reporter der ZDF-Satiresendung "heute show" ist am Wochenende mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Hubert Hüppe aus nordrhein-westfalen aneinandergeraten. Als ein Team der "heute show" bei der Kundgebung "Marsch für das Leben" in Berlin filmte, wollte Hüppe Teilnehmer warnen, das van der Horst und seine Truppe von einer Satire-Show kommen. Später erklärten Hüppe und das ZDF-Team wechselseitig, der jeweils andere habe sie "bedrängt"."
Julian Estragon am Permanenter Link
Schon das Wort "Lebensschutz" ist Etikettenschwindel. Ich wette, der Anteil der Veganer und Tierschützer unter den "Lebensschützern" liegt weit unter dem Bundesdurchschnitt.
In Wirklichkeit geht es diesen Leuten nicht um "Leben", sondern um das Leben von Mitgliedern einer bestimmten Affenart. Was zu der Frage führt, ob eine Moral, die sich an der Speziesgrenze orientiert, heute noch überzeugend ist. Ich stehe da ganz auf der Seite von Peter Singer. Bewusstsein ist die Basis der moralischen Rücksichtnahme, nicht die Zugehörigkeit zu einer biologischen Art.
Stefan Wagner am Permanenter Link
Ich habe hier einige Fotos von den Demos Für und Wider kommentiert: http://demystifikation.wordpress.com/2014/09/20/mein-bauch-gehort-mir/