Fehlender Reformwille bei der katholische Kirche

Es geht nicht mehr

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Leere Kirchenbänke
Kirchenbänke

Die Westfalenpost berichtet über einen Pfarrer, der nach 30 Jahren seinen Beruf an den Nagel hängte. Und von seinem langjährigen Arbeitgeber eher gelangweilt verabschiedet wurde.

"Ist es nicht an der Zeit, Überheblichkeit, Arroganz, Klerikalismus, Priesterfixierung, Selbstüberschätzung und Selbstgefälligkeit abzulegen?", fragte sich Pfarrer Wohlgemuth. Der Umgang der Kirche mit "Suchenden, Zweifelnden, Gescheiterten, mit Frauen, mit Andersgläubigen, mit unseren evangelischen Geschwistern" sei nicht im Sinne des Christentums, wie es von ihm verstanden werde.

Nachdem er seine Zweifel in einem Gespräch mit Erzbischof Hans-Josef Becker in Paderborn äußerte, zog er einen Schlussstrich. Nach 20 Minuten "angenehmem Gesprächs" sei alles vorbei gewesen. "Jeder Vierwochenpraktikant wird anderswo besser verabschiedet."

Wohlgemuth versteht nicht, dass es ausgerechnet die Institution, die Nächstenliebe predigt, nicht schafft, sie auch besser zu leben. "Das liegt daran, dass die Kirche in ihren Machtstrukturen gefangen ist. Die Oberen genügen sich selbst."

Eine Nachfrage der Westfalenpost hat das Erzbistum Paderborn nicht beantwortet. Für die Kirchenfürsten scheint die Sache erledigt.

Christian Weisner von "Wir sind Kirche" versteht Wohlgemuth: "In den letzten Jahrzehnten haben allein in Deutschland Tausende das Priesteramt aufgeben müssen aufgrund des unbarmherzig angewandten Zölibatsgesetzes. Wir wissen von vielen Pfarrern, die sich ähnlich ausgebrannt, ausgenutzt und von der Kirchenleitung im Stich gelassen fühlen." Wohlgemuth sagt, dass er nicht einmal eine Partnerin suche, es aber leid sei, immer allein leben zu müssen. "Ich halte den Pflichtzölibat für überholt, machtbegründet, menschenunwürdig, krankmachend und empfinde ihn als einen zu starken Eingriff in das Intimleben des Priesters."

Die Westfalenpost hat die Erklärung von Wohlgemuth dazu im Wortlaut veröffentlicht. Darin heißt es: "In meiner Hoffnung auf eine Reformfähigkeit der katholischen Kirche bin ich immer wieder enttäuscht worden. Die Entwicklungen der letzten Jahre und Monate haben mir gezeigt, dass wir bei den seit Jahrzehnten bekannten Themen einfach nicht weiterkommen. Das sogenannte Kirchen'volk' ist viel weiter als die Bischöfe und der Papst. Wem 'gehört' eigentlich die Kirche?"

Die katholisch Kirche entferne sich "immer mehr von der Lebenswirklichkeit der Menschen […]. Die Kirche als Institution verliert stetig an sozialer Plausibilität, der Relevanzverlust ist fast täglich spürbar." Verlautbarungen der Kirche werden nicht mehr ernst genommen, weil sie nichts mehr mit dem Leben der Gläubigen zu tun hätten. "In der Kirche gibt es Antworten auf Fragen, die keiner gestellt hat […] und die Fragen von vielen Menschen finden keine Antwort."

Der "Fall Wohlgemuth" ist klein, regional und für die Gesamtkirche fast unbedeutend. Doch zeigt er exemplarisch den Zerfall der Strukturen innerhalb der katholischen Kirche. Wenn selbst langjährige Pfarrer an den Macht- und Denkstrukturen zweifeln und der Kirche Unmenschlichkeit und Lebensferne vorwerfen; für wie viele "einfache" Gläubige mag das dann gelten? Unter diesen Umständen wundert es fast, dass die katholische Kirche im vergangen Jahr nur 300.000 Mitglieder verloren hat.