fowid über die Verteilung der "Religionszugehörigkeiten 2018"

Immer mehr Konfessionsfreie, immer weniger Christen

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Obwohl die deutsche Gesamtbevölkerung 2018 um 280.000 Personen angestiegen ist, verlor die katholische Kirche gegenüber dem Vorjahr rund 300.000 Mitglieder, die evangelische Kirche sogar 400.000. Die Gruppe der konfessionsfreien Menschen ist um mehr als 800.000 Personen gewachsen, die Gruppe der konfessionsgebundenen Muslime um etwa 100.000 Personen. Dies geht aus der Übersicht "Religionszugehörigkeiten 2018" vor, die aktuell auf der Website der "Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland" (fowid) veröffentlicht wurde.

Laut fowid waren Ende 2018 (gerundet) 38 Prozent der Bevölkerung konfessionsfrei, 28 Prozent Katholiken und 25 Prozent Protestanten. Rund 5 Prozent der Bevölkerung zählten zur Gruppe der konfessionsgebundenen Muslime, zwei Prozent gehörten christlich-orthodoxen Kirchen an, ein Prozent sonstigen christlichen Gruppierungen, etwa christlichen Freikirchen. Die sonstigen Religionsgemeinschaften (u.a. Judentum, Hinduismus, Buddhismus) kamen zusammengenommen ebenfalls auf einen Bevölkerungsanteil von einem Prozent.

Der Mitgliederschwund bei der EKD entsprach in etwa den Verlusten des Vorjahrs (-395.000 vs. -394.000), bei der römisch-katholischen Kirche hat er sich gegenüber 2017 jedoch deutlich erhöht (-309.000 vs. -269.000 Mitglieder). Der höhere Rückgang bei den Katholiken ist vor allem auf den Anstieg der Kirchenaustritte um 29 Prozent zurückzuführen (216.078 vs. 167.504). Abgesehen davon sind für beide Kirchen die Zahlen der Verstorbenen/Bestattungen höher als die Zahl der Kirchenaustritte. Da die Zahl der Taufen abnimmt und die Zahl der Verstorbenen ansteigt, würden die Kirchen selbst dann noch Mitgliederverluste erleiden, wenn es keine aktiven Kirchenaustritte gäbe.

Grafik: © fowid
Grafik: © fowid

Stabiler Trend trotz teilweise unklarer Zahlen

Der generelle Trend ist daher eindeutig und stabil: Es wird in Deutschland auch in den kommenden Jahren immer mehr Konfessionsfreie und immer weniger Katholiken und Protestanten geben. Dennoch sind die Zahlen der Religionsübersicht aufgrund verschiedenerer struktureller Probleme nur als "mehr oder weniger genaue Annäherungen an die Realität" zu betrachten, wie fowid-Leiter Carsten Frerk in seiner Analyse betont.

Ein besonderes Problem besteht weiterhin bei der Angabe der Zahl der in Deutschland lebenden Muslime, die in einem sehr viel geringeren Ausmaß religiös organisiert sind als Katholiken oder Protestanten. Um eine Vergleichbarkeit der Zahlen zu erreichen, hat sich die Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland darauf verständigt, nur jene Muslime, die sich selbst als religiös bezeichnen, als "konfessionsgebundene Muslime" einzustufen. Die nicht-religiösen Muslime, die niemals religiöse Veranstaltungen besuchen, sich aber aus Tradition, Lebensgewohnheiten u.a.m. weiterhin als "Muslime" bezeichnen, werden dementsprechend der Gruppe der "Kultur-Muslime" zugeordnet.

Wie hoch der Anteil dieser nicht-religiösen Kultur-Muslime ist, erschließt sich u.a. aus der Studie "Muslimisches Leben in Deutschland (MLD 2008)" des BAMF. Dort gaben – mit unterschiedlichen Variationen aufgrund der Herkunftsländer – insgesamt 29 Prozent der befragten Muslime an, niemals religiöse Veranstaltungen zu besuchen, also auch niemals in die Moschee zu gehen. Eine Studie der Konrad Adenauer Stiftung aus dem Jahr 2016 kam zu dem Ergebnis, "dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der in Deutschland lebenden Muslime relativ säkular ist", da sich immerhin 36 Prozent der befragten Muslime keiner religiösen Ausrichtung des Islam zuordnen ließen. Unter Berücksichtigung dieser und anderer Erkenntnisse hat sich fowid dazu entschlossen, 20 Prozent der Muslime als nicht-religiöse Kultur-Muslime zu betrachten und sie als Konfessionsfreie aus der Gesamtzahl der Muslime herauszurechnen. (Das gleiche Verfahren ließe sich übrigens – vermutlich jedoch mit einer höheren Prozentzahl – auf säkulare Juden anwenden, die sich von der jüdischen Religion ähnlich klar verabschiedet haben wie dies zuvor etwa Freud oder Einstein getan haben – zwar fällt diese Gruppe in der Bevölkerungsstatistik zahlenmäßig nicht ins Gewicht, intellektuell aber sehr wohl.)

Erstveröffentlichung auf der Webseite der Giordano Bruno Stiftung.