Nachdem bekannt wurde, dass Ikea für die ultraorthodoxe Minderheit in Israel einen eigenen Möbelkatalog ohne Abbildungen von Frauen und Mädchen produzierte hatte, stand das schwedische Möbelhaus international in der Kritik. Nun hat sich Ikea für den frauenlosen Katalog entschuldigt.
In der ultraorthodoxen jüdischen Gemeinschaft sind Abbildungen von Frauen und Mädchen ein No-Go. Eine Nicht-Abbildungs-Obsession, die sich nicht allein auf die weiblichen Angehörigen der eigenen Glaubensgemeinschaft beschränkt, sondern sich gegen weibliche Wesen allgemein richtet. Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde diese Praxis 2015 nach dem Anschlag auf Charlie Hebdo. Ein Foto, das zeigte, wie Angela Merkel neben François Hollande und anderen Staats- und Regierungschefs auf einer Pariser Straße gegen den islamistischen Terror mit einem Trauermarsch demonstrierte, ging damals um die Welt. In der ultraorthodoxen jüdischen Zeitung Hamevaser erschien das Foto jedoch in veränderter Form: Man hatte Angela Merkel, die als einzige Frau im Zentrum der Männerriege gestanden hatte, einfach wegretuschiert. Der Herausgeber von Hamevaser hatte dieses Vorgehen laut der britischen Zeitschrift The Guardian gegenüber der Kritik von Nicht-Orthodoxen verteidigt, indem er darauf hinwies, dass es bei etwas so Heiligem (wie einem Trauermarsch) seiner Meinung nach das Andenken der Märtyrer entweihe, wenn auf dem Bild eine Frau auftauche.
Wer neue Kunden gewinnen will, muss auf ihre Gewohnheiten eingehen - das dachte sich wohl die israelische Marketingabteilung des schwedischen Möbelhauses Ikea, als sie den Plan fasste, auf die ultraorthodoxe jüdische Community zuzugehen. Um ultraorthodoxe Juden als Kundschaft zu gewinnen, brachte Ikea deshalb in Israel zwei unterschiedliche Möbelkataloge heraus. Einen für weltliche Israelis, der lebensfrohe junge Männer und Frauen im gemischtgeschlechtlichen Gespräch zeigt – ebenso wie in den meisten anderen Ländern, für die Ikea Kataloge produziert. Zusätzlich erschien ein Katalog für die ultraorthodoxe Community in Israel, die dort rund 10% der Bevölkerung ausmacht. Frauen und Mädchen kommen in der ultraorthodoxen Ikea-Welt nicht vor, der Katalog zeigt lediglich orthodoxe Männer und Jungen mit Kipa.
Unmittelbar nach dem Erscheinen des ultraorthodoxe Katalogs setzte eine Welle der Kritik ein. In Zeitungen und sozialen Medien wurde kritisiert, dass Ikea offenbar aus purem Profitstreben bereit sei, gesellschaftliche Errungenschaften der westlichen Welt wie die Gleichberechtigung der Frau über Bord zu werfen und sich fragwürdigen moralischen Maßstäben religiöser Fundamentalisten zu beugen.
Laut übereinstimmenden Zeitungsmeldungen hat sich Ikea nun für sein Vorgehen öffentlich entschuldigt. Josefin Thorell, Sprecherin von Ikea Schweden erklärte laut der israelischen Zeitschrift Haaretz am Freitag, dass der ultraorthodoxe Katalog nicht über die schwedische Zentrale des Möbelhauses gelaufen sei, sondern über das israelische Franchise-Unternehmen. "Wir haben sehr deutlich gemacht, dass das nicht das ist, wofür die Marke Ikea steht", erklärte Thorell.
Laut der israelischen Zeitung Times of Israel ruderte auch Shuky Koblenz, Geschäftsführer von Ikea Israel zurück. "Wir verstehen, dass die Menschen darüber empört sind und dass der Katalog nicht das erfüllt, für das Ikea steht – und wir entschuldigen uns dafür", sagte Koblenz. "Wir werden darauf achten, dass zukünftige Publikationen berücksichtigen, wofür Ikea steht, und gleichzeitig die ultraorthodoxe Gemeinschaft respektieren."
7 Kommentare
Kommentare
Stefan Dewald am Permanenter Link
Was für eine vergebliche Liebesmüh! Die Haredim leben von Sozialhilfe, weil sie nichts arbeiten. Die haben eh kein Budget um bei IKEA einzukaufen.
Markus Schiele am Permanenter Link
"Wir werden darauf achten, dass zukünftige Publikationen berücksichtigen, wofür Ikea steht, und gleichzeitig die ultraorthodoxe Gemeinschaft respektieren."
Wenn diese Leute offensichtlich Frauen (und vermutlich so manch andere gesellschaftliche Gruppen) nicht respektieren, haben sie dann unseren Repekt verdient?
Im Grunde müssen sie uns leidtun, da sie vom Virus des Glaubenswahns befallen sind, ihre Ideen jedoch sollten schonungslos der Lächerlichkeit preisgegeben, bzw, bekämpft werden. Auf keinen Fall sollte man ihrem Wahn durch spezielle Kataloge, etc. noch entgegenkommen. Leute, die geistig in der Bronze- oder frühen Eisenzeit steckengeblieben sind, sollen von mir aus in Zelten hausen; auf IKEA-Möbel, Autos, Flugreisen und Smartphones sollten sie konsequenterweise verzichten.
Carmen Frieger am Permanenter Link
Das ist ja nett, dass IKEA sich entschuldigt hat.
Hans Trutnau am Permanenter Link
"Genau so" - soll heißen, da hat sich ikea ebenso entschuldigt?
Carmen Frieger am Permanenter Link
In dem genannten FOCUS-Artikel heißt es: "Hintergrund für das Verschwinden von Frauen aus der saudi-arabischen Version sind die strengen Vorschriften in dem arabischen Land für das Abbilden unbedeckter weiblicher
Hans Trutnau am Permanenter Link
Dann iss ja widder guud, für ikea.
Kay Krause am Permanenter Link
Also ich verstehe richtig: Ein Trauermarsch ist "heilig" (was ist das bitte?), eine Frau dagegen ist grundsätzlich unheilig im jüdisch-ultraorthodoxen Glaubensbereich?