Welche Partei soll ich als konfessionsfreier Mensch bei der Bundestagswahl wählen?

Parteien zur Bundestagswahl 2021: Die Linke

Welche Partei soll ich als Konfessionsfreie*r, Säkulare*r, Atheist*in oder Humanist*in wählen?" – Mit dieser Frage konfrontierte der Humanistische Pressedienst 16 Parteien, die zur Wahl des Deutschen Bundestags 2021 antreten. Lesen Sie hier die Antwort der Partei Die Linke.

Die LINKE ist eine Emanzipationsbewegung. Sie will die Menschen von Unterdrückung, Zwang und Abhängigkeit von vorgegebenen Mächten und Zwängen befreien. Mit einem funktionierenden Sozialstaat und guten öffentlichen Dienstleistungen für alle. Wir setzen uns besonders für diejenigen ein, die von ökonomischer, politischer und kultureller Ausgrenzung und Diskriminierung bedroht sind oder verfolgt werden. Gerade sie sollen durch die Menschenrechte geschützt werden, auch durch das Recht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit.

"Welche Partei soll ich als konfessionsfreier Mensch bei der Bundestagswahl wählen?" Diese Frage wird uns beim hpd oft gestellt. Da auch wir darauf keine Antwort haben, geben wir den Parteien selbst die Gelegenheit, unserer Leserschaft diese Frage zu beantworten. Ende August schrieben wir 16 Parteien an und boten ihnen die Möglichkeit, sich mit einem selbstverfassten Text unseren Leserinnen und Lesern vorzustellen. Darin sollten sie erläutern, inwieweit die jeweilige Partei die Interessen von Konfessionsfreien / Säkularen / Atheisten / Humanisten vertritt und deshalb von religionsfreien Menschen gewählt werden sollte. Dies ist eine der acht Antworten.

Wir wollen Freiheitsräume verteidigen und neu schaffen, damit jeder Bürger, jede Bürgerin wissen, annehmen oder glauben kann, was er oder sie meint, das privat und öffentlich ausdrücken und sein Leben danach gestalten kann. Dafür muss der Staat für alle Religionen und Weltanschauungen gleich offen sein. Als ein neutraler Staat in einer weltanschaulich und religiös pluralen Gesellschaft muss er Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften gleiche Rechte geben und gleich sichtbar machen.

Einen Nachholbedarf bei der Gleichstellung sehen wir besonders bei den kleineren und nicht wie Kirchen organisierten Gemeinschaften. Das betrifft die durch die Wiedervereinigung und vielfältige Migrationsbewegungen wesentlich angewachsenen Religionen und Weltanschauungen, seien es etwa die Buddhisten, Hindus oder Muslime mit circa sechs Millionen Mitgliedern. Nicht zuletzt ist knapp die Hälfte der Bevölkerung konfessionsfrei. Die deutsche Gesellschaft ist religionspluraler und säkularer geworden, aber im Bundestag, den Rundfunkräten, Bundesprüfstellen und vielem mehr ist davon kaum etwas zu sehen. Diese neue Pluralität muss demokratisch und solidarisch gestaltet werden. Toleranz als ein bloßes Nebeneinander reicht dafür nicht, sie muss zur Anerkennung weiterentwickelt werden. Wir setzen uns auf der Grundlage der Trennung von Kirche und Staat für eine Erweiterung der Kooperationen von Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften mit dem Staat ein, weil sie zentrale zivilgesellschaftliche Akteure sind.

Einen Nachholbedarf sehen wir auch bei den christlichen Kirchen. Wir fordern die Abschaffung des Sonderarbeitsrechtes für die Beschäftig­ten in den Kirchen, in Diakonie und Caritas. Wir fordern, dass die Kirchen in Zukunft ihre Steuern beziehungsweise Beiträge selbst­ständig einziehen und wir treten für den seit 1919 bestehenden Verfassungsauftrag zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen ein.

Wer die Gleichstellung der Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften ernst meint, muss dafür nicht nur bei der Finanzierung die politischen Voraussetzungen schaffen. Religiöse Bezüge in Verfassungen und an staatlichen Gebäuden, wie etwa ein Kreuz in einem Gerichtssaal, lehnen wir ab. Wir sprechen uns aber auch gegen Verbote religiös motivierter Bekleidung wie etwa Kopftuch, Turban oder Kippa aus, weil das diejenigen diskriminiert, deren Bekleidung auffälliger ist. Eine Einschränkung von Beschäftigtenrechten auf dieser Grundlage lehnen wir ab.

(Helge Meves, Bundesgeschäftsstelle DIE LINKE, Bereich Strategie & Grundsatzfragen)

Wir weisen explizit darauf hin, dass dieser Text von der zur Bundestagswahl 2021 antretenden Partei verfasst wurde. Es handelt sich nicht um eine Wahlempfehlung der hpd-Redaktion. Wir raten allen Leserinnen und Lesern dringend, einen Blick in die Wahlprogramme aller Parteien zu werfen, bevor sie eine Wahlentscheidung treffen. Weitere Informationen zur hpd-Bundestagswahl-Aktion 2021 finden Sie hier.

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