Historischer Beschluss in Baden-Württemberg

historische-abstimmung-gruen.gif

Abstimmung / Foto: Julia von Staden

STUTTGART. (hpd/hubw) Die Landesversammlung der Humanisten Württemberg stand ganz unter dem Zeichen des Wandels und der Weiter­entwicklung. Was vor Jahr­zehnten noch als undenkbar galt, ist nunmehr gültiger Beschluss: Der Verband wurde um Baden erweitert und bezeichnet sich jetzt als „Die Humanisten Baden-Württemberg“. Weiterhin – und ohne den Zusatz „Freireligiöse Landes­gemeinde“ – bleibt der Verband eine Körper­schaft öffentlichen Rechts.

 

Nicht nur auf dem Papier sondern auch in den Berichten aus der Praxis präsentierte sich der Verband mit einer modernen Agenda mit starken Wurzeln. Besonders die Berichte der Vorstands­sprecherin Dr. Gabriele Will, der Jungend­referentin Petra Häneke und des Geschäfts­führers Andreas Henschel zeigten, dass die Verbands­arbeit auf der Höhe der Zeit ist und mit den gesell­schaftlichen Verände­rungen locker mithalten kann: Von den ganz Kleinen bis hin zu den Ältesten, sie alle werden in der Verbands­arbeit bedacht. Bereits die dritte Hospiz-Gruppe hat ihre Aus­bildung begonnen. Im kommenden Herbst wird dann auch die neue Kinder­tages­stätte für 0- bis 6-jährige Kinder eröffnet, die derzeit in den unteren Räumen im Karl-Becker-Haus, unter der kompetenten Aufsicht der Architektin Marlies Heyl, entsteht. Außerdem wird es bald­möglichst eine neue Initiative des Verbandes geben, die sich Natur­erfahrungen für ältere Menschen mit Demenz als Aufgabe gesetzt hat.

Die Jugend ist verstärkt im Verband aktiv

Auch bei den Jungen Humanisten (JuHus) tut sich viel, wie die Jugend­referentin Petra Häneke zu berichten wusste. Erstmals wird in Kooperation mit dem HVD Bayern interessierten Jugend­lichen aus beiden Verbänden, eine Jugend­leiterInnen-Ausbildung (JULEICA) angeboten. Dritter Termin der Schulung wird am ersten Mai-Wochenende eine erlebnis­pädagogisch gestaltete Freizeit sein. Diese Aus­bildung ermöglicht es den Jugend­lichen auch, die Vor­bereitungen der zukünftigen Jugend­feiern mit zu begleiten und die Jugend­referenten in ihrer Arbeit zu unterstützen. Dass die Jugend verstärkt im Verband aktiv ist, zeigte sich auch daran, dass erstmals Jugendliche an der Landes­versammlung teilnahmen.

Beschluss der neuen Verfassung: Die Humanisten Baden-Württemberg

Nach den Berichten und der Entlastung des Vorstands und der Kassiererin war es dann soweit: Die Neufassung der Verbands­verfassung konnte diskutiert und abgestimmt werden. Schon länger bestand der Wunsch, die Satzung und die Organisation des Verbands den Gegeben­heiten anzupassen. Denn auch die Humanisten Baden sollten endlich auch formell die Vorteile eines starken Landes­verbands genießen können. Und auch die Vorgabe der obligatorischen Bezeichnung und Einschränkung „Freireligiöse Landes­gemeinde“ war schon länger als nicht mehr zeitgemäß empfunden worden. Außerdem sollte dem Verband endlich der Weg geebnet werden, dem Bundes­verband des Humanis­tischen Verband Deutschlands (HVD) als Landes­verband beizutreten.

Zwei Jahre hatte der Vorstand an einer neuen Verfassung gearbeitet, die eigentlich die Gründung eines eigenen Vereins vorsah, in dem dann die Württemberger und Badener zusammen­geschlossen sein sollten, da man nicht davon ausgehen konnte, dass die Körper­schafts­rechte auch für die Erweiterung geltend gemacht werden könnten. Doch durch die 2011 neu gewählte grün-rote Landesregierung tat sich eine einmalige Chance auf.

In einem wegweisenden Gespräch unseres Geschäfts­führers Andreas Henschel sowie Ursula Marx mit dem Staats­sekretär Klaus-Peter Murawski sowie dem Leiter des Referates Kirchen und Religion, Integration und Werte im Staats­ministerium, Herrn Dr. Michael Blume, konnte erreicht werden, dass die Politik nun den Standpunkt übernahm, den wir als Verband vertreten: Der Staat hat sich in die innere und äußere Entwicklung einer Religions- oder Welt­anschauungs­gemein­schaft nicht einzu­mischen, solange diese ihre welt­anschaulichen Ziele auf recht­mäßige Art und Weise verfolgt und sollte insbesondere auch einseitige Privilegierungen von Kirchen oder Religions­gemeinschaften vermeiden.

Dies bedeutet, dass nun auch das Kultus­ministerium einsehen musste, dass unser Verband nicht länger daran gehindert werden darf, seine innere wie äußere Entwicklung auch in seinem Namen und Statuten geltend zu machen, ohne dabei Gefahr zu laufen in bestehenden Rechten beschnitten zu werden. Seine Erläuterungen zur neuen Verfassung zusammen­fassend schloss Andreas Henschel: „Wir haben die historische Chance ergriffen und können nun endlich Beschlüsse fassen, die vor wenigen Jahren noch als undenkbar galten. Wir werden der erste Welt­anschauungs­verband mit Körper­schafts­rechten für ganz Baden-Württemberg und schreiben in unserem Land Geschichte.“

Nach kurzer Diskussion wurde dann die neue Verfassung der Humanisten Baden-Württemberg auf der Landes­versammlung von den überaus zahlreich erschienenen Mit­gliedern des Verbandes einstimmig angenommen. Der Verbands­name wurde um Baden erweitert und bleibt weiterhin – jetzt ohne den Zusatz „Freireligiöse Landesgemeinde“ – Körperschaft öffentlichen Rechts und kann, den Kirchen rechtlich gleichgestellt, als Welt­anschauungs­verband im ganzen Bundesland tätig sein.

Wahl eines neuen Landesvorstands und Vorstandssprechers

Die 42. ordentliche Landes­versammlung schloss mit der Wahl eines neuen Landes­vorstands. Die neuen (und teils alten) Vorstands­mitglieder sind: Heike Degen-Hientz aus Stuttgart-Zuffenhausen; Petra Häneke aus Stuttgart-Wolfsbusch (Jugend); Andreas Henschel aus Stuttgart-Süd (Geschäfts­führer); Heiner Jestrabek aus Heidenheim; Ludwig Lauer aus Leonberg; Dr. Wolfgang Proske aus Gerstetten (Schriftführer); Dr. Norbert Röhrl aus Stuttgart-Vaihingen; Elke Thut aus Magstadt (Kassiererin); Dr. Gabriele Will aus Leonberg.

Im Anschluss an die Landes­versammlung fand die konstituierende Sitzung des neuen Landes­vorstandes statt, bei der die bisher schon das Amt bekleidende Dr. Gabriele Will sowie Dr. Norbert Röhrl zu den neuen Vorstands­sprechern gewählt wurden, die den Verband nach außen rechtlich vertreten. "Ich erhoffe mir, dass wir mit den neuen Vorstands­mitgliedern unserem Anspruch gerechter werden können, die Idee des praktischen Humanismus in ganz Baden-Württemberg zu vertreten,“ bemerkt die wieder­gewählte Vorstands­sprecherin Dr. Gabriele Will zum neuen Landes­vorstand. Durch die unter­schiedlichsten Kompetenzen der Vorstands­mitglieder könnten neue Schwer­punkte gesetzt werden. In unmittelbarer Zukunft müsse jedoch viel Kraft in die Eröffnung der Kita im Herbst 2013 investiert werden.

Julia von Staden / Andreas Henschel