Mit Euros gegen Gottlosigkeit des Geldes?

BERLIN. (hpd) Dass das Geld als Banknote in vieler Hinsicht wirklich nur einen „Schein“ ist, stellen deren Besitzer spätestens in Perioden verschärfter Inflationsgefahr fest. Im Gegensatz zu den Münzen, die ursprünglich noch einen intrinsischen Materialwert besaßen, sind die Banknoten nur Papier und deren Scheinwert hängt ab von hinter dem Rücken des Besitzers waltenden geheimnisvollen fast mythischen oder sogar mysteriösen Prozessen.

Banknoten haben einen zugeschriebenen Wert, aber fast niemand – und heute sogar nicht mal mehr der erfahrenste Finanzexperte – weiß noch, wer hier genau zuschreibt und was zugeschrieben wird. Bis ins 18. Jahrhundert hinein war die Sache noch klar. Es war der Fürst, der zuschrieb und die Banknote diente vorwiegend den durch Materialität gedeckten Warentausch. Es reichte also die Darstellung eines Adelswappen oder nur Zahlen und ein nackter Text.

Mit dem Entstehen des entwickelten Kapitalismus wurde die Sache aber undurchsichtiger. Die Geldnote wurde zu Kreditgeld, d. h. zu Repräsentant eines Anspruchs auf zu erwartende Wertzunahme in der Zukunft. Auf Kapitalbildung also. Das aber war nur eine unsichere Erwartung, die es zu schützen galt, sonst verlor die Note ihren scheinbaren aber notwendigen Vertrauensinhalt. Genau wie die urmenschliche Erwartung eines Schlemmerlebens nach dem Tode im Paradies, musste auch der Schein durch scheinbare Schutzgeister bzw. Götter abgesichert werden. Es entstand so eine monetär-religiöse Ornamentik des Papiergeldes. Die erwartete Wertzunahme wurde gesichert, indem die Banknoten durch die Darstellung von Figuren aus der Fruchtbarkeitsmythologie des Bildungsbürgertums geschmückt wurden. Dies der formelle Ausdruck des Wesens des Kapitalismus als Religion. Erste Formen dieser formellen Mythologisierung stellen die französischen Assignaten aus den 18. Jahrhundert dar. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts sichern so antike göttliche Fruchtbarkeitsallegorien den abstrakten Schein der Reichtumsvermehrung auf die Banknoten.

Mit dem Übergang zum imperialistischen Kampf der Nationalstaaten ändern sich die antiken Götter zwangsweise zu nationalen Götterallegorien. Die Wertvermehrung wird nicht mehr aus dem universellen Warentausch erwartet, sondern muss auf Kosten von Anderen mit der Waffe erkämpft werden. Die staatlichen Hoheitszeichen werden mit den nationalen Göttern gepaart und es entstehen solche Ornamente wie in Deutschland Germania mit der Kaiserkrone, die mit einem Turnierspeer England droht. Auch werden mehr und mehr die antiken nackten Handelsgötter bzw. vor allem –göttinnen mit männlichen Akteuren der als Religionsaltäre erscheinenden Industrie ausgetauscht. Nach den schrecklichen Auswirkungen des I. Weltkrieges verschwindet aber den Glauben an den Schutz der Götter völlig. Die Götter hatten versagt, das kapitalistische Geld hat seine Unschuld verloren. Auf wenige Ausnahmen nach wird die monetäre Ornamentik neutral und repräsentiert exakt die Qualität der Banknote als Schein des Scheines eines angeblich neutralen Staates. In Wirklichkeit hat aber und vielleicht insbesondere heute, der Kapitalismus selbst die Rolle der Religion übernommen. Insofern ist es auch vom Wesen her logisch, dass die Banknote keine Götter mehr braucht, sondern sie selbst zu Gott geworden ist.

Religion und Geldzirkulation

Das aber sind die Kirchen nicht bereit widerstandslos hinzunehmen. So ist es vorstellbar, dass der vor allem in den Finanzinstitutionen weltweit überrepräsentierte Opus Dei und andere kirchlichen Geheimbünde versuchen doch noch die christliche Religion in die Geldzirkulation hinein zu schmuggeln. Nach dem Dollar (In God we trust …) scheint das mit dem Euro in gewissem Maße gelungen zu sein. Schaut man die für alle Mitglieder des EURO-Systems verbindlichen Ornamentik der EURO-Scheine an, dann kann man feststellen, dass die religiöse Altarornamentik hier wieder Eingang gefunden hat. Wohl werden als Symbole die verschiedenen Stadien der europäischen Baustile stilisiert, schaut man aber genauer hin, sind es bei den für die normale Zirkulation wichtigsten 5 bis 100 Euro Scheinen eindeutig sakrale Bauten, die dargestellt werden. Sogar bei den 200 Euro Schein kann die Funktionalität des Gebäudes in diesem Sinne interpretiert werden. Nur beim 500-Euro-Schein fehlt jeder kirchliche Bezug. Anscheinend können Menschen, die als Hohepriester der neuen Religion mit diesen Scheinen handeln, nicht mehr von der alten Religion überzeugt werden.

Das Geld für den "kleinen Mann"

Bleibt das Geld für den kleinen Mann: die Euromünzen. Hier kann jedes Land seinen eignen Stempel setzen. Zu erwarten wäre, dass gerade hier in Ländern wo die religiöse Neutralität des Staates unterentwickelt ist, die Kirchen ihre Symbolik ausufern lassen. Bis jetzt scheint das aber nicht der Fall zu sein. Von den Eurostaaten sind es nur wenige die sich trauen das Symbol des christlichen Glaubens zu prägen.

So steht in den Niederlanden auf den 2 Euro Münzen das in Deutschland berüchtigte „Gott mit uns“ ( God zij met ons). Die Slowakei ist mit dem byzantinischen Kreuz auf den 1 und 2 Euro Münzen bereits etwas mutiger.

 


Die Österreicher bleiben aber bescheiden. Nur die 10 Cent Münze zeigt etwas Christliches: die Kathedrale von Wien. Ebenso bescheiden, die Portugiesen mit ihrem Kreuz auf den kleinen 1, 2 und 5 Cent Münzen. Und auch San Marino spielt mit einer Kirche mit.

Ausnahme bleibt natürlich der Vatikan, der alle seine Münze eine christliche Prägung verschafft.

Bleibt zu befürchten, dass auf dem Hintergrund der fortwährenden Finanzkrise und kirchlichen Offensive in der Zukunft doch mehr Länder wieder auf den alten göttlichen Schutz zurückgreifen werden und mit pekuniärer Gewalt gegen das Neutralitätsgebot verstoßen werden.

Rudy Mondelaers