BERLIN. (hpd) Zur Auseinandersetzung um die Vollverschleierung ist es an einer Grundschule in Essen/NRW gekommen. Die Mutter eines im Sommer eingeschulten Jungen trägt aus religiös-ideologischen Gründen den Niyab. Nach heftigen Protesten anderer Eltern ist ihr jetzt untersagt, in dieser Bekleidung die Schule zu betreten.
Prompt tauchte – wie nicht anders zu erwarten – die Frage nach "Toleranz" auf. Multi-Kulti-orientierte Personen haben bereits das Dauerthema "Ausgrenzung" aufgewärmt. Aber nun wird die Sache diffiziler: vor allem muslimische Eltern, darunter auch kopftuchtragende Mütter, haben vehement gegen die Vollverschleierung protestiert und gedroht, ihr Kind von der Schule zu nehmen, falls die Vermummung akzeptiert würde. Fast alle der rund 250 Kinder haben Migrationshintergrund.
Viele haben Traumatisierungen aufgrund Bürgerkriegserfahrungen, so dass Kriegserinnerungen wachgerufen wurden. Aus der Ecke der "Allesversteher" (wie etwa seitens des Münsteraner "Intergrations-Soziologen" Aladin El-Mafaalani) wird dies freilich bagatellisiert mit Pseudoargumenten, wie, die Kinder hätten im Bürgerkrieg auch Waffen gesehen und trotzdem würde niemand verlangen, dass die Polizei in Deutschland ihre Pistolen abgeben müssten. Dümmlicher geht es tatsächlich nicht mehr. Es zeigt sich, dass den "Allesverstehern" die religiöse-fundamentalistische Befindlichkeit erwachsener Frauen wichtiger ist als die Retraumatisierung von Kindern, die dem Bürgerkrieg entkommenen sind.
Angesichts solcher Entwicklungen wird sich "Multi-Kulti" neu orientieren müssen. Die Entwicklung geht über die einfachen Lösungen hinweg. Dabei zeigen sich immer deutlicher auch Differenzierungen innerhalb der muslimischen Community. Und das ist gut so – für die Betroffenen und für die Menschenrechte.
Religiöser Fundamentalismus ist freiheitsfeindlich - da geht es nicht um Toleranz, sondern da ist die Grenze von Toleranz erreicht.
5 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
In den Artikel bei der FAZ wurde, nachdem die Leserkommentare inklusive meines eigenen verschwunden sind, ein Video eingeklinkt, in dem eine Muslima erklärt, warum sie Niqab trägt.
Martin am Permanenter Link
Man muß zwischen einer Kleidungsordnung in der allgemeinen Öffentlichkeit (auf der Straße oder im öffentlichen Nahverkehr) und im Rahmen von bestimmten Institutionen klar unterscheiden.
Monika Müller am Permanenter Link
Ist der letzte Satz jetzt ironisch gemeint oder ernst? Wenn Sie das ernst meinen, möchte ich Sie darauf hinweisen, das genau das nicht der Grund der Vollverschleierung ist.
Martin am Permanenter Link
Eine freiheitliche Gesellschaft hat prinzipiell niemandem vorzuschreiben, ob oder was sie oder er anzieht. Nur unter ganz bestimmten Umständen können gutbegründete Ausnahmen gemacht werden, z.B.
Wenn ein erwachsener Mann oder eine erwachsene Frau aber auf der Straße vermummt herumläuft, kann man das zwar kritisieren, aber nicht verbieten. Es ist allerdings völlig unklar, ob die Person unter dem Niqab Mann oder Frau ist, ob sie religiös ist und ihre Kleidung religiös begründet ist, insofern hat es mit "freier Religionsausübung" tatsächlich nichts zu tun. Wenn ich als erwachsener, männlicher Atheist mir einen Niqab zulege, ist es dann frauen- oder männerfeindlich?
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Ich habe den Satz schon ironisch verstanden. Er hätte auch von passender Dienstkleidung für Straßen- oder Bankräuber schreiben können.