Türkei

Erdogan und die religiöse Umerziehung der Türkei

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Erdogan

Nach Erdogans Wahlsieg ist zu befürchten, dass der Staatschef seine Pläne zur religiösen Umerziehung der Türkei mit Nachdruck vorantreiben wird. Doch in der Türkei regt sich auch Widerstand gegen diese Pläne.

Recep Tayyip Erdogan hat es geschafft. Am frühen Montagmorgen erklärte ihn die offizielle Wahlkommission zum Wahlsieger, nachdem er rund 52 Prozent der Wählerstimmen erhalten hatte. Zwar mahnt die Opposition Unregelmäßigkeiten bei der Wahl an, doch am Ergebnis ändert dies nichts: Erdogan ist jetzt Staats-, Partei- und Regierungschef in einem und kann die Türkei nun nach seinem Bilde formen. Denn mit der gestrigen Wahl ist auch eine neue, per Volksabstimmung beschlossene Verfassung in Kraft getreten, die Erdogan mit immenser Macht ausstattet und demokratische Kontrollinstanzen zur Farce werden lässt.  

Zu Erdogans erklärten Zielen gehört es unter anderem, eine neue, fromme Generation heranwachsen zu lassen. Während seiner bisherigen Amtszeit hat er die Gründung religiöser Schulen enorm vorangetrieben. Die Zahl sogenannter Imam Hatip-Schulen, religiöser Oberschulen, deren Bildungsziel neben dem Erreichen der Hochschulreife die Ausbildung zum Imam bzw. islamischen Prediger ist, ist laut der US-amerikanischen Zeitung The New York Times von 450 Schulen landesweit im Jahr 2003 auf 4500 Schulen heute angewachsen. Das Budget für religiöse Erziehung wurde laut New York Times allein in diesem Jahr um 68 Prozent erhöht. Ganz zu schweigen von der Entlassung unliebsamer Lehrer und dem Streichen der Evolutionstheorie aus dem Lehrplan.

Doch ist die Bevölkerung in der Türkei über Erdogans Pläne zur religiösen Umerziehung des Landes keineswegs vollständig begeistert, wie die New York Times berichtet. Im Jahr 2016 waren laut dem türkischen Erziehungsministerium 69 Prozent der Plätze in Imam Hatip-Schulen unbesetzt – was die Erdogan-Administration jedoch nicht davon abhält, weitere Schulen dieser Art zu schaffen. Insbesondere in größeren Städten, wo die Bevölkerung weltoffener und weniger religiös ist, versuchen Eltern, ihre Kinder von religiösen Schulen fernzuhalten und unter Umständen sogar in Privatschulen unterzubringen.

In Istanbul haben Eltern zwei Jahre lang vergeblich dafür gekämpft, die Umwandlung einer öffentlichen Schule in eine Imam Hatip-Schule zu verhindern. Doch obwohl der Kampf nicht erfolgreich war, hat sich daraus etwas Positives entwickelt: Eine landesweite Bewegung, die sich für säkulare Schulen und eine wissenschaftliche Schulbildung ausspricht.

Ein Ziel, das auch Batuhan Aydagul von der Initiative für eine Reform des Unterrichts verfolgt, die sich für die Förderung von kritischem Denken im Schulunterricht einsetzt. Trotz des religiösen Gegenwinds aus der Politik hat Aydagul Hoffnung für sein Land. Immerhin besuchten noch 87 Prozent der Schüler nicht-religiöse Schulen, so Aydagul laut New York Times.