Neuer CeMAS-Report

"Reichsbürger" sind Teil der extremen Rechten

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Berlin: "Protestkundgebung" von sogenannten "Reichsbürgern"
"Protestkundgebung" von sogenannten "Reichsbürgern"

Vor etwas mehr als einem Jahr, am 7. Dezember 2022, fand der größte Antiterroreinsatz in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland statt. Einer Gruppe sogenannter "Reichsbürger", der "Gruppe Reuß"/"Patriotische Union", wird vorgeworfen, den Sturz des politischen Systems in Deutschland mit Waffengewalt geplant zu haben. Unter ihnen: Elitesoldaten, Polizisten und sogar eine ehemalige Bundestagsabgeordnete der AfD.

Trotz zahlreicher Gewalttaten und weiterer Terroraktivitäten im Milieu in den letzten Jahren, werden "Reichsbürger" oder "Souveränist:innen" oft als skurriles Randphänomen betrachtet, mitunter als "Spinnerei" verharmlost. Dabei ist die Kernideologie von "Reichsbürgern" eindeutig rechtsextrem. Sie ist auf Ungleichheit ausgerichtet und basiert auf antisemitischen, geschichtsrevisionistischen und demokratiefeindlichen Narrativen. Im CeMAS-Report "Durch die Krise ins Reich – Postpandemische Entwicklungen von 'Reichsbürgern' und Souveränist:innen in Deutschland" hat Jan Rathje von CeMAS eine aktuelle Bestandsaufnahme des Milieus verfasst und die Expansionsstrategien und Radikalisierungsprozesse der letzten Jahre untersucht.

Aktuelle Entwicklungen im "Reichsbürger"-Milieu – die wichtigsten Erkenntnisse

Der Resonanzraum des "Reichsbürger"-Milieus in Deutschland ist größer als es die Zahlen des Bundesamtes für Verfassungsschutz nahelegen.

Für das Jahr 2022 rechnete der Verfassungsschutz 23.000 Personen der Kategorie "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" zu. Doch weitere Untersuchungen deuten auf einen deutlich größeren Resonanzraum hin: Laut CeMAS-Analysen erreicht der reichweitenstärkste "Reichsbürger"-Kanal auf Telegram im Jahr 2023 bereits 66.000 Abonnent:innen.

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Auch eine repräsentative Umfrage der Konrad-Adenauer-Stiftung aus dem Jahr 2021/2022 lässt Rückschlüsse darauf zu, dass deutlich mehr Menschen souveränistischen Ideen offen gegenüberstehen. Laut der Umfrage weist jede:r 20. Deutsche "Reichsbürger"-affine Einstellungen auf.

Das "Reichsbürger"-Milieu hat sich weiter radikalisiert und professionalisiert. Es verfolgt vermehrt terroristische Pläne und rekrutiert gezielt kampferfahrene Personen.

Die Anzahl an Gewalttaten aus dem Milieu der "Reichsbürger"/Souveränist:innen ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Auch die Qualität hat sich verändert: Die Ermittlungsverfahren aus den Jahren 2022/23 gegen die beiden mutmaßlichen Terrorgruppen "Vereinte Patrioten" und "Gruppe Reuß"/"Patriotische Union" haben gezeigt, wie gezielt ehemalige und aktive Elite-Soldaten und Polizisten innerhalb und außerhalb des Milieus für die Umsetzung von Umsturzplänen angeworben wurden. Immer wieder spielt der Umgang mit und Zugang zu Waffen eine entscheidende Rolle und erhöht das Gefährdungspotenzial.

Das "Reichsbürger"-Milieu ist Teil der politischen extremen Rechten. Ermittlungsbehörden und Politik sollten ihre Einordnung entsprechend anpassen.

"Reichsbürger"/Souveränist:innen werden von den meisten Ermittlungsbehörden und Inlandsnachrichtendiensten als eigenständiges Phänomen und nicht als Teil der extremen Rechten begriffen und eingeordnet, obwohl ihre Kernideologie deutlich in einer rechtsextremen und antisemitischen Traditionslinie steht. Zudem werden Straftaten aus dem souveränistischen Milieu in den Kriminalitätsstatistiken fast immer unter der Kategorie "nicht zuzuordnen" gefasst und nicht unter "rechts". Diese Fehleinschätzung führt zu einer Verharmlosung des "Reichsbürger"-Phänomens und lässt gleichzeitig die Gesamtzahl rechter Straftaten geringer wirken.

Zum gesamten Report: cemas.io

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