"Worldwide Day of Genital Autonomy" in Köln

Ein Tag für die genitale Selbstbestimmung

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KÖLN. (hpd) Zum vierten Mail jährte sich am 07. Mai 2016 der Tag des "Kölner Urteils", durch das eine medizinisch unbegründete "Beschneidung" eines Jungen vom Kölner Landgericht als nicht zulässige Körperverletzung gewertet wurde. Das Urteil entfachte eine lebhafte gesellschaftliche Debatte über "Jungenbeschneidungen", die am 12.12.2012 mit der Verabschiedung des § 1631d BGB (sogenanntes Beschneidungsgesetz) ein jähes Ende fand.

Dennoch wollen sich auch heute viele Menschen nicht damit abfinden, dass mit dem §1631d Jungen in ihrer genitalen Unversehrtheit praktisch schutzlos gestellt werden und zudem weltweit Jungen, Mädchen und Intersexuelle medizinisch unnötigen, verletzenden und oftmals traumatisierenden Eingriffen an ihren Genitalien ausgesetzt sind. Der 7. Mai wurde von ihnen zum Aktionstag für das Recht aller Menschen auf genitale Selbstbestimmung ausgerufen. Der Worldwide Day of Genital Autonomy (WWDOGA) wird seitdem nicht nur in Deutschland mit Protestaktionen gefeiert. In diesem Jahr fanden in Köln, Düsseldorf, München und Berlin sowie in Sydney, London und in zahlreichen US-amerikanischen Städten Demonstrationen und themenbezogene Filmabende statt.

In Köln plädierten unter anderem Victor Schiering und Christian Bahls (MOGiS e.V.), Shemuel Garber und Viola Schäfer (intaktiv e.V.), Renate Bernhardt (profamilia), Dr. Christoph Kupferschmid (Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte) und der politische Blogger Ali Utlu für das Recht aller Kinder auf genitale Unversehrtheit.

Erstmalig sprach Felix Bölter, Vorstandsmitglied (und seit 21. 05. 2016 Bundesvorsitzender) der Partei der Humanisten (PdH) beim WWDOGA und betonte die klare menschenrechtliche Haltung seiner jungen Partei für genitale Selbstbestimmung und den Schutz von Kindern vor Gewalt und Verletzungen.

Zum ersten Mal war auch der israelische Journalist und Filmemacher Ari Libsker angereist, um sich zu seiner Haltung gegen "Beschneidungen" zu bekennen und zu betonen, wie wichtig die öffentliche Auflärung über deren Verletzungspotenzial und die Zusammenarbeit israelischer und deutscher Aktivisten für genitale Selbstbestimmung ist.

Die dritte Premiere der diesjährigen Kölner Demonstration war die Psychotherapeutin und Fernsehmoderatorin Angelika Bergmann-Kallwass, die in ihrer Rede eindrucksvoll von ihrer psychotherapeutischen Arbeit mit traumatisierten betroffenen Männern berichtete, die für sie eine wichtige Motivationsquelle für ihr Eintreten gegen "Beschneidungen" darstellt.

Neu war aber nicht nur die Verstärkung durch diese drei Redner, sondern auch der erstmalig veranstaltete Filmabend, der viertägig durch Deutschland tourte und am Abend des 7. Mai in Köln stattfand. Moderiert von Angelika Bergmann-Kallwass, wurden Ari Libskers "Circumcision", der sich unter anderem mit den tragischen Auswirkungen von Vorhautamputationen auf die Sexualität auseinandersetzt, und "Hibos Lied" von Renate Bernhard, der die verheerenden Auswirkungen weiblicher "Beschneidungen" thematisiert und eine Betroffene mehrere Monate begleitet, gezeigt. Zum Thema Intersexualität wurde außerdem der Zeichentrickfilm "Hermes und Aphrodite" von Gregor Zootsky vorgestellt.

Im Anschluss fand eine Diskussion mit den drei anwesenden Filmemachern, der Moderatorin Angelika Bergmann-Kallwass und dem Kinderarzt und -therapeuten Dr. Christoph Kupferschmid statt. Die Zuschauer hatten dabei die Möglichkeit, Fragen zu stellen und gaben den Podiumsteilnehmern wichtige Anstöße für ihre Diskussion der gesellschaftlichen Ursachen von amputierenden und verletzenden Eingriffen an den Genitalien von Kindern und möglichen Wegen zu ihrer Überwindung. Angelika Bergmann-Kallwass sah dabei ein großes Potenzial in der jungen Generation, die kulturelle Tradierungen zunehmend in Frage zu stellen bereit ist, und in den mutigen und aufrüttelnden Berichten von Beschneidungsbetroffenen.

Damit ging für die Teilnehmer und Veranstalter ein bewegender WWDOGA mit einem Filmabend zu Ende, dessen Bilder und Botschaften es erstmal zu verarbeiten galt.