Die Hartz-IV-Fabrik

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Philipp Möller / Fotos © Evelin Frerk

BERLIN. (hpd) „Wir steuern nicht auf eine Bildungsmisere zu, wir stecken mitten drin!“ Im Literaturhaus Berlin gab Philipp Möller am vergangenen Sonntag einen Ausblick auf sein gerade entstehendes Buch über die aktuelle Situation des Schulsystems.

In der dritten diesjährigen ATHventslesung der Evolutionären Humanisten Berlin-Brandenburg ging es um die „Hartz-IV-Fabrik“ – die Schule.

Mitreißend berichtete der Diplom-Pädagoge Philipp Möller von seinen Erlebnissen während seiner zweijährigen Tätigkeit als Lehrkraft an verschiedenen Berliner Grundschulen, wobei er aus einem scheinbar unerschöpflichen Repertoire von skurrilen, witzig-absurden und regelrecht erschütternden Begegnungen und Eindrücken schöpfen konnte. Ob Migrations- und Integrationsprobleme, sozialer Ausschluss, Lernverweigerung, unzureichende Vorbereitung der Lehrkräfte auf ihre Aufgaben, extreme Gewaltbereitschaft der Schüler oder „unbeschulbare“ Kinder, keines der aktuellen Probleme wurde nicht angesprochen.

Dabei machte Philipp Möller deutlich, dass man die Verantwortung für die Bildungsmisere weder ausschließlich den Schülern, noch den Lehrern oder und Eltern zuschieben kann – die Situation ist festgefahren. Alle am Schulalltag teilnehmenden Parteien tragen ihren Teil dazu bei, die allgemeine Resignation immer weiter auszubauen, Einzelne können längst nicht mehr für eine Verbesserung der Umstände sorgen und die wenigsten versuchen es noch. Beschrieben wurde im Vortrag jedoch nicht nur die Situation im Unterricht, sondern auch, was sich in den Pausen täglich ereignet und was man als Lehrer von den privaten Problemen der Schüler und Eltern mitbekommt.

Obwohl viele der angesprochenen Situationen dem Publikum ebenso nahegingen wie die Frage nach den Zukunftsoptionen der aktuellen Schülergeneration, gelang es Philipp Möller, z.B. durch das Einstreuen witziger Erlebnisse mit Schülern, die Atmosphäre immer wieder aufzulockern, wobei er die aktuelle „Jugendsprache“ perfekt imitierte.

In der anschließenden sehr lebhaften Diskussion mit dem Publikum wurde eines deutlich: Im Schulwesen ist viel zu tun; und das ist äußerst dringend. Trotz verschiedenster Lösungsansätze seitens der Gäste der Lesung, unter denen sich auch viele Pädagogen und Lehrer befanden, gelang es nicht, sich auf eine sinnvolle Strategie zu verständigen – und emotionale Ausbrüche von betroffenen Eltern machten die Hilflosigkeit gegenüber den Problemen im Schulalltag deutlich.

Nicolai A. Sprekels