Piratenpartei: AG „Humanistischer Laizismus“

KÖLN. (hpd) Eine Gruppe von Piraten hat eine neue Arbeitsgemeinschaft in der Piratenpartei gegründet. Das Ziel der „AG Humanistischer Laizismus“ ist es, Deutschland hin zu einem laizistischen Staat auf humanistischer Grundlage zu entwickeln. Die erste Aktion der AG ist eine Stellungnahme zum Kölner Beschneidungsurteil.

Im letzten Jahr wurde auf dem Bundesparteitag der Piraten in Offenbach das Ziel der Trennung von Staat und Religion mit großer Mehrheit in das Grundsatzprogramm der Partei aufgenommen. Zur detaillierten Ausgestaltung dieses Ziels gab es bereits im Meinungsbildungs- und Abstimmungsforum der Piratenpartei „Liquid Feedback“ eine Reihe von erfolgreichen Einzelanträgen. Besonders im Hinblick auf das Wahlprogramm der Partei zur Bundestagswahl 2013 möchte die neue AG diese Anträge unterstützen und selbst neue Anträge einbringen. Im thematischen Zentrum steht dabei die Abschaffung der finanziellen, gesellschaftlichen und gesetzlichen Privilegien von Kirchen und Glaubensgemeinschaften.

Die Arbeit der AG richtet sich aber grundsätzlich nicht gegen den religiösen Glauben selbst oder gegen die Gläubigen. Insofern sollen auch keine Diskussionen über Sinn oder Unsinn des Glaubens geführt werden. Sie sieht vielmehr, dass eine vollkommene Trennung von Staat und Religion durchaus auch im Interesse der Gläubigen liegt.

"Unsere AG versteht unter Humanismus den neuen Humanismus, der sich auf wissenschaftliche Methoden und auf die neusten Erkenntnisse der Naturwissenschaften bezieht", sagt Autor und gbs-Mitglied Bernd Vowinkel und führt dann weiter aus, "Wir lehnen ein Menschenbild ab, das sich auf den althergebrachten Leib-Seele-Dualismus gründet. Ethische Prinzipien können unabhängig von der jeweiligen Kultur objektiv hergeleitet werden."

Die neu gegründete AG spricht sich gegen einen beschwichtigenden Kulturrelativismus aus und postuliert stattdessen die Menschenrechte als objektive Grundlage einer humanen Ethik; diese dürfen aus kulturellen oder religiösen Gründen nicht eingeschränkt werden. "Gerade im Hinblick auf die aktuelle Debatte um das Kölner Beschneidungsurteil sehen wir die Gefahr, dass der Bundestag im Begriff ist, das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit unnötig einzuschränken" erklärt Hilmar Kolbe, Koordinator der AG Humanistischer Laizismus der Piratenpartei "daher haben wir dazu eine Stellungnahme verfasst":

Die Piratenpartei ist angetreten, Gewaltenteilung und freiheitliche Prinzipien zu stärken. Insbesondere die Judikative hat sich dieser Tage immer wieder als Schützer der Grundrechte des Einzelnen erwiesen. "Die Freiheit des Einzelnen findet dort ihre Grenzen, wo die Freiheit eines anderen unverhältnismäßig beeinträchtigt wird", heißt es im Grundsatzprogramm der Piratenpartei.

Wir als AG Humanistischer Laizismus begrüßen deshalb das Urteil des LG Köln, welches, der herrschenden Lehrmeinung in der deutschen Rechtswissenschaft entsprechend, das Kindesrecht auf körperliche Unversehrtheit über das Elternrecht auf Religionsfreiheit stellt.
Das Urteil stellt in unseren Augen eine verfassungsrechtliche Notwendigkeit dar. Es kann keine auf Grundrechten begründete Freiheit von Eltern geben, ihren Kindern ungestraft und vorsätzlich Schmerzen zuzufügen und sie zu verstümmeln. Gewalt gegen Kinder bedeutet ein Versagen in einer modernen Gesellschaft - sie rechtlich zu billigen, ist ein klarer gesellschaftlicher Rückschritt.

Wir sind bestürzt darüber, dass sowohl die Regierungsparteien CDU/CSU und FDP, als auch die Oppositionsparteien SPD und Grüne sich für eine Legalisierung der rituellen Beschneidung stark machen und dies im Hauruckverfahren und ohne gesellschaftliche Debatte durch die Gesetzgebungsinstanzen durchwinken wollen. Dabei verletzen sie die UN-Kinderrechtskonvention, nach deren §24 III alle Vertragsstaaten verpflichtet sind, "wirksame und geeignete Maßnahmen zu erlassen, um überlieferte Bräuche, die für die Gesundheit von Kindern schädlich sind, abzuschaffen". Das offenbart einen erschreckenden Mangel an Respekt vor der Gewaltenteilung und den Menschenrechten. Wer die Teilnehmer einer Diskussion über Menschenrechte als "Komiker" bezeichnet, zeigt damit seine fehlende Wertschätzung des demokratischen Prozesses.

Die eingeforderte "Rechtssicherheit" kann in unseren Augen nur ein klares Bekenntnis zu Art. 2 II GG bedeuten, nicht dessen Beugung. Wir lehnen jegliche Regelung ab, welche Ausnahmen von Art. 2 GG aufgrund von kultureller oder religiös-weltanschaulicher Traditionen schafft.

Das kurzfristige Ziel der AG ist es, dieses Thema durch Anträge auf den nächsten Landes- und Bundesparteitagen in der Partei zu diskutieren, um eine gemeinsame Position für das Wahlprogramm der Piratenpartei zu finden.

Bernd Vowinkel
 
Im Internet ist die AG hier zu erreichen.