Über Respekt und die Aufgaben des Staates

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Rolf Schwanitz / Interview / screenshot hpdvideo

BERLIN. (hpd) Rolf Schwanitz, seit 23 Jahren politisch aktiv, MdB (SPD) und Mitglied des Bundessprecherkreises der sozialdemokratischen Laizisten im Gespräch: Trennung von Staat und Kirche, individueller Respekt, Neutralität des Staates und Ausgewogenheit auch säkularer Positionierung.

In der zweiten der ATHventslesungen des Jahres 2012, die von den Evolutionären Humanisten Berlin Brandenburg im Literaturhaus Berlin veranstaltet werden, referierte Rolf Schwanitz, MdB SPD, über „Zwei Jahre Laizisten in der SPD“.

Vor gut zwei Jahren gründeten Mitglieder der SPD einen laizistischen Gesprächskreis, der bei der innerparteilichen Willensbildung die Trennung von Staat und Kirche thematisieren und die Interessen der Konfessionsfreien vertreten will. Die bisherige Entwicklung war konfliktbeladen und spannend.

Drei Fragen stellte er als Themen voran: Weshalb sind wir auf dem Weg bzw. Was treibt die Laizisten an? Was ist in den zwei Jahren passiert? Wie geht es weiter?

Eigentlich ist Deutschland seit 1919 ein säkularer Staat. Insbesondere aber seit 1949 gab es im Westen eine Restauration der Beziehung von Kirche und Staat. Warum es erst 60 Jahre nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland Zeit für einen organisierten Laizismus war, begründet Rolf Schwanitz in einer „Veränderung der religiösen Architektur“ Deutschlands. Was ihn persönlich besonders berührt hat, war unter anderem der Versuch der Re-Christianisierung der Neuen Bundesländer mit Hilfe des Staates. Daraus folgert auch seine Forderung: „Mehr und gleicher Abstand des Staates zu Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften.

Er betonte, dass die Laizisten in der SPD keine Nostalgiker seien, sie wollen weder eine „Bebel-SPD“ noch zurück vor das Godesberger Programm. Seine Linie werde u.a. von einem Wort von Willy Brandt geprägt, der zur SPD gesagt hatte: „Nichts kommt von selbst, nichts ist auf Dauer… seid stets auf der Höhe der Zeit.“

Nach ersten Diskussionen unter Gleichgesinnten (2007bis 2009) im Internet erfolgte im August 2010 die Gründung der Laizisten in der SPD in Nürnberg, im Oktober 2010dann das 1. Bundestreffen im Kurt-Schumacher-Haus in Berlin und im Mai 2011 der Antrag auf Anerkennung durch den Parteivorstand, der abgelehnt wurde. Die weitere Entwicklung zeigte dann das 2. Bundestreffen in Rossdorf und (im November 2012) das 3. Bundestreffen im Bereich der SPD-Bundestagsfraktion im Reichstagsgebäudes.

Der generelle Weg ist dann seit Februar 2011 der organisatorische „Marsch durch die Regionen“, und, in der Reihenfolge ihrer Gründung, gibt es mittlerweile Gruppen von Laizisten in der SPD in Bremen,  Baden-Württemberg, Sachsen, Berlin, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Hessen und Niedersachsen.

Der weitere Weh lässt sich derzeit nur perspektivisch bezüglich der weiteren Inhalte skizzieren. Es sei eine Doppelstrategie zwischen grundsätzlichen Fragen, wie sie sich in den Elf Punkten der SPD-Laizisten darstelle, und aktuellen Diskussionen. Es gehe u.a. auch darum die immer wiederholten Behauptungen zu wiederlegen, wie „Demokratie braucht Kirche!“, „Die Säkularisation ist ein europäischer Sonderweg!“ und „Neutralität des Staates ist eine Parteinahme!“

In den aktuellen Diskussionen bestehe das Problem der engen Verknüpfungen zwischen Kirchen und Staat. So ziehe sich der Staat derzeit zu stark aus Bildung und Sozialem  zurück, bei Bevorzugung der Übergabe dieser Einrichtungen an kirchliche Träger. Und wenn auch dem Grundgesetz eine weltanschauliche Neutralität des Staates zugrunde liegt, wird – auch in seiner eigenen Partei – die Forderung nach Gleichheit von Gläubigen sehr schnell als Angriff gesehen und als Aggression erlebt.

Nach seinem Vortrag hatte der hpd Gelegenheit, einige der Grundpositionen von Rolf Schwanitz pointiert zu erfragen. Die Antworten sind sowohl als Audio-Datei (und hpd Podcast 13/2012) (08:54) zu hören, bzw. als hpdvideo zu sehen:

 

C.F.