WIEN. (hpd/fd) Radikale religiöse Lobbyisten haben in einer bisher beispiellosen Aktion einen Bericht des EU-Parlaments verhindert, der die Lage für ungewollt Schwangere in Polen, Irland und Malta wesentlich erleichtert hätte. Wie der Humanistische Pressedienst aufgedeckt hat, haben radikale Abtreibungsgegner EU-Parlamentarier mit buchstäblich zehntausenden Mails unter Druck gesetzt.
Hinter der Aktion steckt die angebliche Bürgerinitiative "One of us". Der Freidenkerbund Österreichs fordert volle Aufklärung über diese skandalösen Vorgänge.
Gerhard Engelmayer, Vorsitzender des Freidenkerbundes, zeigt sich entsetzt über das Ausmaß des religiösen Lobbyismus im EU-Parlament. "Radikale Abtreibungsgegner haben sich hinter einer Bürgerinitiative versteckt, um ihre Agenda im EU-Parlament durchzubringen. Dabei schrecken sie offenbar vor nichts zurück". Wie ein Bericht des Humanistischen Pressedienstes aufgezeigt habe, haben Anhänger der Lobbyisten buchstäblich zehntausende Mails an EU-Parlamentarier geschickt, um eine Abstimmung im EU-Parlament zu beeinflussen. Der Bericht, gegen den die Lobbyisten Sturm liefen, hätte langfristig wesentliche Erleichterungen für ungewollt Schwangere in Polen, Malta und Irland und einen ordentlichen Sexualkundeunterricht in den Mitgliedsstaaten der EU gebracht. "Nach dem tagelangen e-Mail-Terror sind leider vor allem die Abgeordneten der Europäischen Volkspartei eingeknickt und haben verhindert, dass der Bericht angenommen wird. Er wurde stattdessen an den Frauenausschuss zurücküberwiesen."
Hinter dem ultrakonservativen Lobbyismus, wie ihn Ulrike Lunacek nennt, steckt die Plattform "One of us", die als "Europäische Bürgerinitiative" auftritt. "Aufkeimender Fundamentalismus durch erzkatholische und evangelikale Organisationen, die die Fristenlösung in jeder Form radikal ablehnen", sagt Gerhard Engelmayer. "Hier wurde das direktdemokratische Instrument der Europäischen Bürgerinitiative eindeutig missbraucht." Der Vorsitzende des Freidenkerbundes fordert volle Aufklärung über das radikale religiöse Netzwerk hinter "One of us": "Offenbar hat diese Plattform enorme Mittel für die Fundamentalisierung Europas zur Verfügung", sagt Engelmayer. "Ob das die Mehrzahl der österreichischen Katholiken gutheißt, wage ich zu bezweifeln!"
Daher ist auch zu hinterfragen, welche Rolle die katholische Kirche in Österreich gespielt hat. "Die katholische Bischofskonferenz hat die Organisation in öffentlichen Aussagen unterstützt. Möglicherweise hat die Erzdiözese Wien auch Büroräumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Das alles gehört aufgeklärt", fordert Engelmayer.
F.N.