Ukraine

Was es noch zu sagen gibt (2)

 

Bundeskanzlerin Merkel nutzte ebenfalls die Gunst der Stunde, ihr Image aufzupolieren. Es tut sich ja gerade in Deutschland sehr gut, wenn man Klitschko als künftigen Präsidenten der Ukraine hochjubelt und ihn auf dem Weg dorthin unterstützen möchte. Ihr ist bloß entgangen, dass ihr Wunschkandidat kaum Chancen hat, den noch regierenden Janukowitsch zu beerben. Aber als zukünftiger Bürgermeister Kiews könnte er einen wertvollen Zwischenstop zum Präsidentenamt in fernerer Zukunft einlegen. Zudem ist Frau Merkel nicht kredibel, sich in diese Diskussion einzuklinken, wie ihr Europa-Programm zur Großen Koalition beweist, das eine Schwächung der EU zur Folge haben wird.

Revolutionstourismus ist aufgeblüht

Auf der Bühne auf dem Maidan, wo täglich Oppositionspolitiker und andere die Protestler bei Laune zu halten versuchen, traten immer öfters "Gäste" aus dem Ausland auf. Einige von ihnen mischten sich mutig, von Bodyguards umgeben, unter die Menge und ließen beeindruckende Bilder von sich schießen, fürs politische Familienalbum zu Hause, damit sie auch den Enkeln später immer zeigen können, sie wären mittendrin und dabei gewesen.

Einige der "illustren" Besucher:

  • Catherine Ashton, von der EU nach Kiew geschickt, stilisierte sich in kurzer Zeit zur revolutionären Lachnummer. Ihr Statement nach ihrem ersten Treffen mit dem Präsidenten Janukowitsch zeugt nicht bloß von unglaublicher Naivität, sondern von politischem Unvermögen. Die Frau glaubte dem Präsidenten tatsächlich seine Beteuerung, er würde das Abkommen doch noch unterzeichnen, obwohl er vorher bereits öffentlich davon Abstand genommen und kräftig gegen den Inhalt des Abkommens gewettert hatte. Leider hat die Frau auch noch Tage danach indiskutable Kommentare von sich gegeben und sich damit vollends als Mittelsfrau in diesem Konflikt disqualifiziert. Die Kosten für Ashtons Auftritt in der Ukraine hätte die EU sich und den Steuerzahlern sparen können.
  • Sakaashwilli, seine Rolle im Georgien/Russland-Konflikt ist immer noch zweifelhaft, weshalb er als Mutmacher für die Demonstranten ungeeignet ist. Man darf ihm unterstellen, eine persönliche Rechnung mit Putin offen zu haben.
  • Der Republikaner McCain aus den USA, dessen politisches Verständnis sogar in den Staaten bei vielen Kopfschütteln auslöst.
  • Guido Westerwelle, der schwächste deutsche Außenpolitiker aller Zeiten. Zum Zeitpunkt seines Auftrittes war er ja schon "in spe", durfte also folgenlos den Helden mimen.

Als hätten alle diese Rhetorikkünstler denselben Redenschreiber, hört und liest man immer wieder die gleichen flachen Mitteilungen: Die Türe zur EU würde für die Ukraine weiterhin offenstehen, man könne sofort unterschreiben, die brutalen Übergriffe auf Demonstranten seien inakzeptabel, die EU hätte der Ukraine mit dem Assoziierungs-Abkommen eine historische Möglichkeit eröffnet, Timoschenko müsse aus der Haft entlassen werden, die EU würde den IWF und die EBRD auffordern, der Ukraine Geldmittel zur Verfügung zu stellen ... und all diese leeren Statements seit Wochen in einer Endlosschleife. Mit der bis dato produzierten Inhaltsleere aus politischen Kreisen könnte man ein schwarzes Loch im Universum ersetzen.

 

Was wurde bislang erreicht?

Es wurde wertvolle Zeit vergeudet, während derer die ukrainische Regierung bedeutende Schritte Richtung Moskau unternommen hat. Janukowitschs Treffen mit Putin am 17. Dezember war lange vorher bereits bekannt. Und doch gab es keine Anstrengungen seitens der EU, vor diesem Termin eine Kurskorrektur vorzunehmen. Die EU-Repräsentanten sowie ihre Kollegen aus anderen Erdteilen sind den Demonstranten in den Rücken gefallen. Bislang wurde nur kontraproduktives Lavieren und Diplomatiegeschwätz geleistet.

Nun fordern EU- und USA-Politiker seit bereits drei Wochen Sanktionen gegen Janukowitsch und Mitglieder seines Kabinetts. Die Sanktionen sollten zuerst Sperrungen von Auslandskonten betreffen. Nachdem nun wochenlang damit gedroht wird, dürften die betreffenden Personen ausgiebig gewarnt sein ... und bereits große Teile ihres Vermögens verlagert und somit den Konsequenzen von Sanktionen entzogen haben. Diese Sanktionen, sollten sie denn tatsächlich zur Ausführung kommen, werden bei den Betroffenen dank der Vorwarnungen nur ein müdes Lächeln bewirken.

Eine weitere Androhung lautet: Visabeschränkung. Dies könnte für Janukowitsch und einige weitere recht bekannte ukrainische Politiker tatsächlich ein Problem sein, außer sie unterziehen sich einer plastischen Chirurgie. Die meisten der sich im Dunstkreis des Präsidenten befindlichen Personen ficht solche Sanktionen jedoch nicht an, verfügen diese nämlich bereits über mehrere Pässe.