WIEN. (hpd) Der Chef der FPÖ-Jugendorganisation in Wien wird demnächst Besuch von der Polizei bekommen. Die NGO “SOS Mitmensch” hat ihn wegen Verhetzung angezeigt. Er hat mit einer Presseaussendung Schauergeschichten über Türken verbreitet. Wegen der gleichen Geschichte ist schon im Vorjahr ein FPÖ-Politiker wegen Verhetzung verurteilt worden.
Wer recherchiert, verliert. Diesen alten Journalistenkalauer dürften sich FPÖ-Nachwuchshoffnung Maximilian Krauss und seine Pressebetreuer zu eigen gemacht haben. Für sie gilt das offenbar vor allem, wenn eine kurze Recherche eine Geschichte gefährdet, mit der man rassistische Ressentiments schüren könnte.
In einer Presseaussendung ließ Krauss Ende Jänner die Öffentlichkeit wissen, ein österreichisches Gericht habe einen türkischen Vater vom Vorwurf des Kindesmissbrauchs freigesprochen. Missbrauch habe in der Familie eine Tradition, habe das Urteil gelautet, behauptet der geschäftsführende Obmann des Rings Freiheitlicher Jugend. Er führt das Urteil als Beweis für die – reichlich abstruse – These an: “Sogar von Gerichten werden Ausländer auf Druck der Linken besser behandelt.”
Nach dieser Presseaussendung hat die NGO “SOS Mitmensch” Krauss wegen des Verdachts der Verhetzung angezeigt.
Ortsobmann der FPÖ wegen Verhetzung verurteilt
Ärger, den sich Krauss hätte ersparen können. Eine einfache Recherche hätte ergeben, dass Teile seines Schauermärchens stark verzerrt sind und andere Teile frei erfunden. Und dass dieses Schauermärchen schon einem Parteikollegen im Vorjahr eine Verurteilung wegen Verhetzung in erster Instanz eingebracht hat. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, berichtet die Seite “Stoppt die Rechten” - die detailliert rekonstruiert, wo das Schauermärchen herkommt.
Spur führt in braune Eso-Kreise
Die Spur führt zu Seiten des rechtsextremen Kopp-Verlags, spezialisiert auf Esoterik und Verschwörungstheorien aller Art. Und zu Splittergruppen der so genannten Reichsbewegung, einer Spielart des Neo-Nationalsozialismus, die der Idee anhängt, das Deutsche Reich sei nie untergegangen. Das Magazin 2000plus des Kopp-Verlags bietet dieser Bewegung mitunter eine breite publizistische Plattform.
Fraglich ist, ob es Krauss davon abgehalten hätte, die Geschichte weiterzuverbreiten, hätte er über die ursprünglichen Quellen gewusst. Nach rechts hatte die FPÖ noch nie Berührungsängste.
Lügen verbreiten hat bei der FPÖ System
Bei einer anderen Organisation könnte man es als unverzeihlichen Fehler bezeichnen, dass die Lügengeschichte trotz einer strafrechtlichen Verurteilung eines Parteikollegen weiterverbreitet wird. Bei der FPÖ hat das System, sagt Alexander Pollak von “SOS Mitmensch”. Allein diese Geschichte kursiert seit Jahren auf diversen Seiten der FPÖ.
Ausgerechnet an dem Tag, an dem Krauss seine Presseaussendung veröffentlichte, behandelte er diese Lügengeschichte in einem Workshop mit Schülern. “Ich habe den SchülerInnen anhand dieser Geschichte gezeigt, wie man auf Hetze reagiert, wie man Fakten recherchiert und wie man gegebenenfalls Meldung bei Vereinen und Behörden erstattet. Als ich dann nach dem Workshop die Hetzaussendung von Krauss gesehen habe, war ich fassungslos. Ich habe mir gedacht, das darf es nicht geben, dass der Vertreter einer Parlamentspartei rechtsextreme Lügengeschichten propagiert.”
Presseaussendung wurde nicht zurückgezogen
Krauss, der auch Mitglied einer schlagenden und betont deutschnationalen Burschenschaft ist, hat bislang nicht öffentlich auf die Anzeige reagiert. Einer Schuld scheint er sich nicht bewusst zu sein. Die Presseaussendung wurde nicht zurückgezogen. Sie befindet sich nach wie vor im Aussendungsportal OTS der Austria Presseagentur.