Serien neu gesehen

Eine wissenschaftliche Erkundungsreise

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Fotos: cosmosontv.com

ZÜRICH. (hpd) 34 Jahre nach der Erstausstrahlung von Carl Sagans Wissenschaftsserie “Cosmos” bringt der amerikanische Sender Fox ein Remake mit dem Astrophysiker Neil deGrasse Tyson in der Moderatorenrolle. Wie schon das Original präsentiert sich die Neuauflage lehrreich und unterhaltsam zugleich.

Das Jahr 1980 bleibt wohl vornehmlich als eines der politischen Unruhen in Erinnerung: 65 Länder boykottierten die Olympischen Sommerspiele in Moskau wegen des Einmarschs der Sowjetunion in Afghanistan, die USA versuchten mit diplomatischen und militärischen Mitteln die 52 Geiseln in ihrer besetzten Teheraner Botschaft frei zu bekommen, in Danzig begannen die Streiks von Solidarność und Iran und Irak starteten einen acht Jahre dauernden Krieg.

1980 war aber auch ein Jahr der Entdeckungen und des technologischen Fortschritts. Die Raumsonde Voyager I bestätigte die Existenz des Saturnmondes Janus und sendete die ersten hochaufgelösten Bilder des Planeten zur Erde und das erste Solarenergieflugzeug absolvierte seinen Jungfernflug. Tim Berners-Lee entwickelte ENQUIRE, ein Vorläuferprojekt des World Wide Web, und die Firmen DEC, Intel und Xerox präsentierten einen gemeinsamen Standard für Ethernetverbindungen.

An diese technologische Aufbruchsstimmung knüpfte die 13-teilige Fernsehserie “Cosmos: A Personal Voyage” an, die vom September bis Dezember 1980 ausgestrahlt wurde. Der Astronom und Astrophysiker Carl Sagan nahm die Zuschauer auf eine Reise durchs Universum mit und widmete mehrere Sendungen auch dem Leben auf der Erde und evolutionären Prozessen. Die Serie lief seit der Erstausstrahlung in über 60 Ländern und erreichte mehr als 500 Millionen Zuschauer.

Und nun, 34 Jahre später, gibt’s eine weitere Staffel, beziehungsweise eher ein Remake. Moderator ist diesmal Neil deGrasse Tyson, wie Sagan Astrophysiker, und im angelsächsischen Raum so etwas wie der neue Rockstar der Naturwissenschaften. Die erste Episode hatte bei Fox am 9. März Premiere und erreichte bereits 12 Millionen Zuschauer. Inzwischen ist die Serie in über 20 weiteren Ländern auf Fox-Sendern angelaufen.

Die erste Episode enthält viele Parallelen zu Sagans Original. Nach einer Reise durchs Universum wird dessen Entstehung anhand des kosmischen Kalenders erläutert: Komprimiert man die 13.8 Milliarden Jahre, die das Universum alt ist, auf ein irdisches Kalenderjahr, fand der Big Bang um Null Uhr des 1. Januar statt. Mitte März entstand die Milchstrasse, am 31. August unsere Sonne. Das erste irdische Leben entstand erst am 21. September, und der Mensch betrat erst am 31. Dezember die Bühne, keine zwei Stunden vor Mitternacht. Die ersten Schriften entstanden erst in der letzten Viertelminute vor Mitternacht.

Die erste Episode von “Cosmos: A Spacetime Odyssey” widmet sich auch den Vorstellungen, die die Menschen im Laufe der Zeit übers Universum hatten. Ein längerer Einschub portraitiert den 1548 geborenen italienischen Priester und Astronomen Giordano Bruno, der seine Umwelt von der Unendlichkeit des Universums zu überzeugen versucht hatte, und argumentierte, die Sterne am Himmel seien nichts anderes als weitere Sonnen mit eigenen Planeten. Für diese aus Sicht der katholischen Kirche ketzerische Haltung wurde er 1593 eingekerkert und acht Jahre später auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Die enge Anlehnung ans Original geht über die erste Ausgabe hinaus. Auch das Remake besteht aus 13 Episoden, und auch die Folgeausgaben streifen Themen, die aus der Sagan-Staffel bekannt sind. So dreht sich die zweite Ausgabe um das Thema Evolution. Auch historische Rückblendungen gab es bereits bei der ersten Staffel – allerdings kommen diesmal andere Protagonisten zum Zug. Schon die alte Staffel setzte ausgiebig Animationstechnik ein. Co-Produzent Seth MacFarlane, selbst erfolgreicher Trickfilmzeicher – er ist unter anderem Erfinder der animierten Sitcom “Family Guy” – sorgte dafür, dass die neue Staffel visuell ausgebrochen attraktiv daher kommt. Und selbstredend geben die Inhalte den aktuellen Stand des Wissens wieder – sieht man einmal von der brandaktuellen These ab, dass sich das Universum einen Sekundenbruchteil lang mit Überlichtgeschwindigkeit ausbreitete.

Wie damals Sagan gelingt es Erzähler deGrasse Tyson bestens, seine Zuschauer mit wissenschaftlichen Inhalten zu begeistern, die Spannung aufrecht zu halten und am Ende die Lust auf mehr zu wecken. Im Stil unterscheiden sich die beiden etwas: Sagan erzählte mit reichlich Pathos, deGrasse ist etwas mehr Showman. Doch egal welchen Erzählstil man bevorzugt: die neue Staffel ist ebenso sehenswert wie die alte.

 

Unser Kosmos: die Reise geht weiter ist synchronisiert auf den deutschsprachigen Ausgaben von Nat Geo, Nat Geo Wild und Fox Channel zu sehen. Sendezeiten und weitere Informationen findet man auf natgeotv.com/de/unser-kosmos-die-reise-geht-weiter. Angaben zum Englischsprachigen Original gibt’s hier: www.cosmosontv.com. Das Intro zur ersten Sendung sprach der amerikanische Präsident Obama.

 


Dieser Artikel erschien am 13. März 2014 in ähnlicher Form bereits auf news.ch unter dem Titel “Cosmos - eine sehenswerte wissenschaftliche Erkundungsreise neu aufgelegt.”

Dieser Artikel ist Teil einer Serie auf hpd.de. An Freitagen werden verschiedene Autoren ihre Lieblingsserien oder -filme vorstellen, die nicht unbedingt aktuell sein müssen, aber (aus humanistischer Perspektive) interessant sein sollten.