EHF: Allianz für ein säkulares Europa

BRÜSSEL (hpd) Auf ihrer Jahreskonferenz in Brüssel zeigte sich die European Humanist Federation (EHF) wiedermal als starke Lobbyorganisation für eine säkulare und humanistische Europapolitik. Schwerpunkte waren die stets bessere Verankerung der EHF innerhalb Europas Institutionen, die zunehmende Gefahr durch Populismus und religiöse Konservative sowie der Austausch und die Unterstützung der inzwischen 57 EHF-Mitgliedsorganisationen aus über 20 Ländern.

Die über 80 Teilnehmenden des EHF-Jahrestreffens am 9. und 10.Mai hatten alle Gelegenheit, „Brüssel in Europa“ kennenzulernen. Die Generalversammlung und die Workshops fanden nämlich in der Universität und in einem Tagungspalast mit Stadtpanorama statt und zur eigentlichen Konferenz lud der Bürgermeister in das berühmte Brüsseler Rathaus ein.

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Vorsitzende und Vorstand der EHF berichteten von ihrer Teilnahme an Sitzungen und Treffen bei den zahlreichen europäischen Institutionen in Brüssel und an Konferenzen und Anhörungen zum Beispiel bei der UNO, der Agentur der EU für Grundrechte (FRA) und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Besonders eng arbeitet EHF mit der International Humanist und Ethical Union zusammen (IHEU), deren Akteure auf europäischer Ebene auch direkt in der EHF mitarbeiten.

Ihre teilweise hart erkämpfte und stetig wachsende Teilnahme ermöglicht es der EHF, als wichtige Stimme und sachkundiger Ratgeber wahrgenommen zu werden.und zum Beispiel mit anderen Interessengruppen und parlamentarischen Gruppierungen Kooperationen schließen zu können. Auch direkte Kontakte zur Europäischen Plattform für Säkularismus in der Politik  (EPPSP) und zahlreichen Europaabgeordnete (MEPs) erlauben einen immer stärkeren Einfluss. Dabei geht es beispielsweise um das bedrohte Abtreibungsgesetz in Spanien, Unterstützung von Stammzellenforschung, LGBT-Rechte in Russland oder EU-Ländern, Meinungs- und Religionsfreiheit, religionsfreie Bildung und natürlich um eine klare Trennung von Kirche und Staat bzw. von Religion und Europapolitik.

Religiös-konservative Kräfte werden stärker

„Humanistische Grundsätze tragen das Projekt Europa. Seit der Aufklärung verteidigen Europas Bürgerinnen und Bürger deren Werte für unser Zusammenleben. Doch seit einigen Jahren nehmen rechte und extrem-religiöse Kräfte zu und wir müssen die selbstverständlich gewordenen Werte wieder stärker verteidigen“, eröffnete Brüssels Bürgermeister Yvan Mayor die Konferenz. „Für uns sind die Regenbogenflaggen zum Gay Pride in den nächsten Wochen selbstverständlich, aber selbst das soll erneut in Frage gestellt werden,“ fügte er als Beispiel hinzu.

Allianzen zu bilden, erweist sich als gute Strategie gegen die ebenfalls immer besser vernetzten Konservativen. Man habe es nicht mehr mit verärgerten Großmüttern zu tun, sondern mit bestens getrainten und international vernetzten Professionellen, so die einhellige Erfahrung der vortragenden EHF-Kooperationspartner.

So zeigte Neil Datta von der EPF (Europäische Parlamentarische Gruppe zu Bevölkerungs-  und Entwicklungspolitik) auf, wie die Finanzierung und Mobilisierung der eigentlich enorm unterschiedlichen religiösen Gruppierungen funktioniert. Die Verbindungen reichen von Erzkonservativen aus den USA und der von ihnen gegründeten Lobbyorganisation European Centre für Law and Justice (ECLJ) und den französischen Homo-Gegnern über Human Dignity Watch, die sich angeblich für Menschenrechte einsetzen, bis zum auch in Deutschland sehr aktiven Familienbund der Katholiken (FAFCE) und der Internetplattform "citizen go".

Datta sieht einen immer stärkeren Zusammenschluss aus drei Richtungen: Erstens: Meist katholische Gruppierungen, die etwas konservativer sind als der religiöse Mainstream. Zweitens: Traditionelle protestantische Gruppen aus Skandinavien, der Schweiz und aus Großbritannien, die sich auch mit katholischen Minderheitsgruppierungen in Ost-Europa zusammentun. Drittens: Hardliner bis hin zu faschistischen Gruppierungen, deren Verbindungen von Opus Dei über „Kinder in Gefahr“ bis hin zum Vatikan reichen.

Bürgermeister Yvan Mayeur, Eef Wuyts (IPPF), Neil Datta (EPF), Pierre-Arnaud Perrouty (EHF-Geschäftsführer) und Bruno Selun (LGBT Intergroup). Foto: EHF
Bürgermeister Yvan Mayeur, Eef Wuyts (IPPF), Neil Datta (EPF), Pierre-Arnaud Perrouty (EHF-Geschäftsführer) und Bruno Selun (LGBT Intergroup). Foto: EHF

Eef Wuyts, Managerin für internationale Interessenvertretung des europäischen Dachverbands der Familienplanungs-Organisationen (IPPF), zeichnete nach, wie sich diese Bündnisse im Fall der Petition „One of Us“ (s. hpd.de) bereits recht wirksam auf europäischer Ebene einmischen. Die Unterschriftensammlung gegen Stammzellenforschung und Abtreibung dieser konservativ-religiösen Organisation führte sogar zu einer Anhörung bei der Europäischen Kommission, die bis 28. Mai dazu Stellung nehmen muss.

Im Rahmen der Kampagne führt One of Us zusammen mit den vielen Splittergruppen eine massive Email-Kampagne gegen Europaparlamentarier und verbreitet Lügen über den Inhalt der bisherigen Europapolitik. „Immer mehr Abgeordnete sind froh über unsere direkte Unterstützung und Zusammenarbeit. Einige berichteten von 1.000 beleidigende und bedrohlichen Emails am Tag! Wir konnten zum Beispiel mit klaren Fakten die Lügen der Konservativen aufdecken,“ erläuterte Wuyts. Dass diese kleinen Minderheiten zusammen so einen Wirbel verursachen und sogar das Mittel einer Petition nutzen, komme ihr wie eine schlechte Kopie progressiver Aktionsformen vor.

Am Beispiel eines Berichts zur Situation von LGBT in Europa der Grünen-Abgeordneten Ulrike Lunacek (s. Europa-Interview morgen auf hpd) bestätigte Bruno Selun diese Entwicklungen. Der Sekretär der Intergroup on LGBT Rights, deren Vorsitzende Lunacek ist, bekräftigte, welchen immens wichtigen Stellenwert eine breite Allianz progressiver Kräfte habe. Das habe sich im Vorfeld der parteiübergreifenden Vorbereitung des Berichts als sehr konstruktiv erwiesen, wodurch der Bericht angenommen wurde.