Lobbyisten im Landtag

Im zweiten Block "Zuschüsse und indirekte Leistungen" referierte der Staatskirchenrechtler Prof. Michael Droege (Mainz), dass es hinsichtlich der Zuschüsse einen Legitimationsbedarf gäbe, der allerdings durch die "wohlwollende Neutralität" gegeben sei, denn die Religionsfreiheit erlaube ich die Förderungen von Religionsgemeinschaften. Pflichten des Staates dafür gibt es allerdings nicht. Hinsichtlich der europäischen Auffassungen von "Religionsfreiheit", die keinen Unterschied macht zwischen öffentlichem und privatem Recht, werde durch die weitere Europäisierung eine "Wettbewerbsneutralität" zwischen verschiedenen Anbietern forciert.

Angela Freimuth, MdL FDP, ergänzte, dass der Wertekanon einer Demokratie durch vernunftgeleitete Ethik oder durch Religion erfolgen könne. Ihrer Einschätzung nach geht es durch Religion schlicht einfacher. Die Kirchen würden zudem durch ihre Kulturleistungen einen steuerlich zu begünstigenden Beitrag für die Gesellschaft leisten. "Wettbewerbsneutralität" würde auch heißen, dass die Kirchen nicht schlechter gestellt werden dürften, als etwa Sportvereine oder Kultureinrichtungen.

Diskussionsbedarf bestand nicht, so dass Prof. Droege noch einmal betonte, dass die Autonomie der Kirchen durch veränderte Zuschussbedingungen nicht tangiert werden dürfe.

Hinsichtlich der Aufforderung an die Kirchen, sich bei den Staatsleistungen zu bewegen, verwies Klaus Winterhoff, Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen und Mitglied des Rates der EKD, in seinem Beitrag auf die unterschiedlichen Höhen und Bedeutung der Staatsleistungen für die einzelnen Landeskirchen und es bestehe die Frage: "Wer wagt sich als erster aus der Deckung?", was Konsequenzen für alle anderen habe, und "öffentlich schon gar nicht". Man sei aber auf dem Wege.

Forum 2: Kirchliches Arbeitsrecht

Im Forum "Kirchliches Arbeitsrecht" legte Prof. Thüsing, Bonn (katholisch) die kirchliche Sicht zum Individualarbeitsrecht dar, Prof. Joussen, Bochum (evangelisch) die kirchliche Sicht zum kollektiven Arbeitsrecht. Beide beharrten mehrfach darauf, dass die Verfassung i.V.m. der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den Kirchen die alleinige Kompetenz zur Regelung des kirchlichen Arbeitsrechts gewährleiste. ("Wir haben das Recht auf unserer Seite"). Während Thüsing unnachgiebig betonte, es müsse allein den Kirchen überlassen bleiben, welche Loyalitätspflichten sie festlegten, äußerte sich der Protestant etwas offener, zumal  Kündigungen wegen eines außerberuflichen(Fehl)verhaltens bei den Protestanten nicht vorkämen.

Von dem anwesenden CDU-Vertreter wurden sie energisch unterstützt.

Marc Herter, MdL SPD und Guntram Schneider, in der NRW-Landesregierung Arbeits- und Sozialminister (SPD) betonten, sie wollten nicht gesetzgeberisch eingreifen – Warum eigentlich nicht? – rieten den Kirchen aber, aus Gründen der gesellschaftlichen Veränderungen und zunehmender Akzeptanzprobleme, ihre Positionen zu überdenken. Schneider verteidigte insbesondere das Streikrecht. Sein Vergleich der Kirchen mit der Arbeiterwohlfahrt in Sachen Tendenzschutz, ein solcher nämlich ja, aber nur für Tendenzträger, stieß auf heftigste Ablehnung beider Kirchenvertreter. Den Vergleich mit der AWO schienen sie als Beleidigung zu empfinden. Dass die öffentliche Hand durch den Staat und die Sozialkassen sowie die Nutzer, nicht aber die Kirchen die Sozialeinrichtungen finanzierten, in denen der 3. Weg praktiziert werde, ließen sie nicht gelten. In diesem Zusammenhang von Geld zu reden, fanden sie unangemessen.

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Kerstin Griese von der SPD-Bundestagsfraktion lehnte das Verhalten der katholischen Kirche im Individualarbeitsrecht ab und bot für das kollektive Arbeitsrecht einen sog. 2. Weg mit kirchlichen Besonderheiten an: nämlich besondere Tarifverträge mit dem ausdrücklichen Ausschluss von Streiks. Dass dies von ver.di (nicht anwesend ) abgelehnt wird, wurde von den Kirchenvertretern kritisiert.

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Forum 4: "Die Präsenz der Kirchen im Bildungssystem"

Die Referenten behandelten im ersten Teil "die Zukunft der Bekenntnisgrundschulen". In seinem Impulsreferat stellte der Jurist Prof. Dr. Hinnerk Wißmann zunächst die Verteilung der Schülerinnen und Schülerin den nordrhein-westfälischen Grundschulen nach Konfessionen dar: 36 Prozent der Lernenden sind katholisch, 24 Prozent evangelisch, 17 Prozent sind Muslime und 16 Prozent sind konfessionslos. Der Rest verteilt sich auf andere Religionszugehörigkeiten. Er machte klar, dass es derzeit nur in NRW und einem kleinen Teil Niedersachsens staatliche Bekenntnisschulen gibt: also Schulen, die zu 100 Prozent aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert werden und trotzdem nicht allen Schülern oder Lehrern – egal welchen Glaubens oder Weltanschauung offen stehen. Etwa ein Drittel der Grundschulen in NRW sind staatliche Bekenntnisgrundschulen.

Wißmann betonte, dass die öffentliche Bekenntnisschule die Grundrechte aller Lernenden zu achten habe, so auch die Religionsfreiheit. Entsprechend müsse die Abmeldung vom Religionsunterricht auch an der Bekenntnisschule möglich sein. Dies wurde im Verlauf der Diskussion auch von Vertretern der Kirchen als selbstverständlich erachtet, wenngleich sie die Frage stellten, weshalb Eltern ihre Kinder an einer Bekenntnisschule anmelden, wenn sie den Charakter der Schule nicht wünschen?

Wißmann erläuterte die Möglichkeit der Wandlung einer Bekenntnisschule in eine Gemeinschaftsschule, wenn 2/3 aller Eltern diesem Ansinnen zustimmten. Auch erklärte er, dass der Schutz der religiösen Identität ebenfalls an der Gemeinschaftsschule gegeben sei, da dort "die Schülerinnen und Schüler auf der Grundlage christlicher Bildungs- und Kulturwerte in Offenheit für die christlichen Bekenntnisse und für andere religiöse und weltanschauliche Überzeugungen gemeinsam unterrichtet und erzogen" werden. (SchulG NRW § 26 (2).) Im Gegensatz zur öffentlichen Schule sind konfessionelle Privatschulen selbst Grundrechtsträger, da sie durch das Grundgesetz geschützt sind.