(hpd) Auf der Berliner Tagung zum „Praktischen Humanismus“ - Es gibt nichts Gutes, außer
man tut es - fand am vergangenen Sonntag in der Technischen Universität Berlin eine Podiumsdiskussion zum Thema: „Brauchen wir einen humanistischen Wohlfahrtsverband?“ statt.
Nicht nur das Thema selbst war bemerkenswert, sondern insbesondere die Zusammensetzung der Podiumsteilnehmer. Neben Horst Groschopp, dem Vorsitzenden des Humanistischen Verbandes Deutschlands (HVD), fand Mina Ahadi, Präsidentin des Internationalen Komitees gegen Steinigung, ihren Platz. Neben ihr der Vorsitzende des Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA), Rudolf Ladwig, gefolgt von Gisela Notz, Bundesvorsitzende von „pro familia“. Neben ihr saß Gerhard Rampp, der für den Bund für Geistesfreiheit (bfg) sprach und last, but not least, Volker Mueller, der Präsident des Dachverbandes Freier Weltanschauungsgemeinschaften (DFW) und Vorsitzender der Freien Humanisten Brandenburg (FHB).
Im Publikum saßen als weitere Repräsentanten humanistischer Verbände der stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Freidenkerverbandes, der Präsident der Deutschen Unitarier und der Präsident des Bundes der Freireligiösen Gemeinden Deutschlands.
Alle diese Gruppen, Verbände und Organisationen eint der Grundsatz eines selbstbestimmten Lebens und dennoch wäre vor wenigen Jahren eine derartige Zusammenkunft nicht nur theoretisch sondern auch praktisch undenkbar gewesen.
Nach einer langen “Eiszeit“ der gegenseitigen Abgrenzung, befinden sich die Verbände in einer neuen Phase der Klärung, was und wie viel an Gemeinsamkeiten zwischen ihnen vorhanden ist.
In einem Impulsreferat hatte Michael Schmidt-Salomon von der Giordano-Bruno-Stiftung (GBS) vorangestellt, dass der Humanismus in Deutschland nur dann Erfolg haben wird, wenn er sich für die hier lebenden Menschen in ihrer konkreten Lebenspraxis „lohnt“.
Die unterschiedlichen Auffassungen zwischen den Verbänden lassen sich in zwei unterschiedliche Strategien zusammenfassen.
Die eine Vorstellung geht von der Politik der „kleinen Schritte“ aus und realisiert die praktische Arbeit „vor Ort“ in eigenen Kindertageseinrichtungen, Hospizen, Jugendeinrichtungen, Beratungsangeboten, u. v. a. m. Ziel ist die Schaffung einer Vielzahl von Lebensbegleitenden Einrichtungen, die nahe am Menschen stehen und - als Alternative zu religiös begründeten Angeboten - einen praktizierten Humanismus bedeuten.
Die andere Strategie geht davon aus, dass es einen „freien Markt“ für Humanismus in Deutschland nicht gibt und die einzelnen Verbände - von der Sondersituation in Berlin einmal abgesehen - nicht die Kraft und die Mittel haben werden, flächendeckend eigene Angebote aufzubauen. Die Gefahr der kleinen Schritte bestehe darin, dass man sein Ziel aus den Augen verlieren könne und man es möglicherweise noch nicht einmal bemerken würde, falls man im Kreis ginge. Ziel dieser zweiten Strategie ist die Politisierung solcher Fragestellungen und der Versuch, Bündnisse mit bereits bestehenden sozialpolitischen Verbänden und Organisationen zu knüpfen und auf diese Weise politischen Einfluss zu nehmen.
Die Teilnehmer waren sich einig, darüber weiter miteinander zu reden und gegebenenfalls von den Wegen der anderen zu lernen. „Wir stehen am Anfang einer Diskussion“, fasste der Vorsitzende des IBKA dieses vielleicht wegweisende öffentliche Treffen der Verbände zusammen.
CF