„Stellen Sie sich einmal vor ..."

LONDON. (hpd) Eine erste atheistische Werbe-Kampagne der British Humanist Association findet nicht nur in Großbritannien eine unvorgesehene finanzielle und mediale Unterstützung. Das angestrebte Spendenaufkommen wurde bis jetzt um das beinahe Zehnfache übertroffen.

 

Die britische Comedy-Autorin Ariane Sherine hatte sich im Juni 2008 geärgert, als sie gleichzeitig auf zwei Londoner Autobussen Anzeigen einer christlichen Organisation sah, die auf eine Internetseite
hinwiesen, auf der Ungläubigen mitgeteilt wurde, dass sie für alle Ewigkeiten in der Hölle schmoren würden. (Bibel, Matthäus 25, 41). Sie entschloss sich, dass die Ungläubigen sich wehren sollten und startete die atheistische Bus-Kampagne.

Am 21. Oktober schrieb sie in der Internetausgabe des Guardian einen Artikel über eine geplante Kampagne, unterstützt von der British Humanist Association, in London 30 Autobusse mit der Mitteilung zu beschriften: „There's probably no God. Now stop worrying and enjoy your life." (Wahrscheinlich gibt es keinen Gott. Hören Sie nun auf, sich zu fürchten und genießen Sie Ihr Leben.") 11.000 Britische Pfund würden dafür gebraucht und um die Spendenfreudigkeit zu unterstützen, habe Richard Dawkins zugesagt, bis zu der Summe von 5.500 Pfund diesen Betrag persönlich zu verdoppeln.

Auf der Internetseite „justgiving.com", die sich darauf spezialisiert hat, unkomplizierte Spendenmöglichkeit für gemeinnützige Zwecke zu organisieren, wurde von der Gruppe „Atheist Bus Campaign" eine Spendenseite eingerichtet, die bis zum 11. April 2009 terminiert ist und damit anzeigt, welchen Zeitraum die Initiatoren erwartet hatten, um die angestrebten 5.500 Pfund (= 6.934 Euro) zusammen zu bekommen.

Dieses Ziel wurde bereits nach einem Tag weit übertroffen und am Vormittag des 22. Oktober waren es 66.098,81 Britische Pfund (= 83.329 Euro). Am 23.Oktober, um 07:00 Uhr, 79.844,07 Britische Pfund und um 09:00 Uhr 81.029,07 Pfund. Am Freitag wurde es noch spannender, ob die 100.000 Pfund erreicht werden könnten, denn es waren um 08:00 Uhr bereits 92.406,61 Pfund gespendet worden. Samstag früh: 103.000 Pfund, der Sonntag zeigte 107.000 Pfund und heute, Montag der 27. Oktober 2008, sind es mittlerweile 109.000 Pfund.

Dieser Erfolg ist umso bemerkenswerter, da weder an das Mitleid der Menschen noch an Steuervergünstigungen appelliert wurde. Die allermeisten der Beträge sind Kleinspenden unterhalb von 10 Britischen Pfund.

Mediale Resonanz

Diesen Erfolg der „atheist bus campaign" hatte niemand erartet. Die BBC berichtete ebenso wie ein Beitrag im Fernsehen in Kanada, die Washington Post in den USA, die türkische Hürriyet. Die BBC sendete einen Beitrag und es gibt eine Facebook-Gruppe. Die Times kommentierte in ihrer Onlineausgabe, ebenso wie die Basler Zeitung in der die Überschrift verkündete: „Gottlose Busse fahren durch London." was nur noch durch die Süddeutsche Zeitung übertroffen wurde, die titelte: „Gottlos ist geil" und religionstypisch vom „Atheisten-Papst Dawkins" schrieb.

Warum nur „Wahrscheinlich..."?

Die Säkularen wären nicht so wie sie nun einmal sind, denn der Vorschlag der Beschriftung setzte prompt eine Diskussion in Gang, warum es „Wahrscheinlich..." heißen soll und nicht einfach und richtig: „Es gibt keinen Gott!" Ariane Sherine, die die Idee zu dieser Kampagne hatte, erläuterte die Gründe dafür. Es seien nicht nur die Bestimmungen für britische Werbe- und Marketingkampagnen (CAP Code), sondern auch eine korrekte Darstellung. So habe Richard Dawkins in seinem Buch „Der Gotteswahn" geschrieben „mit ziemlicher Sicherheit" gibt es keinen Gott („almost certainly"), aber „wahrscheinlich" („probably") sei kürzer und fassbarer und mache die Aussage auch leichter und irgendwie auch positiver.

Laut Telegraph hat auch Theos, die „Denkfabrik" des Erzbischof von Canterbury, 50 Pfund für die Kampagne gespendet, weil „es eine großartige Gelegenheit ist, dass die Leute über den Glauben und Gott nachdenken."

Die Initiatoren der Kampagne werden diesen Erwartungen aber vielleicht einen Strich durch die Rechnung machen, denn ihrer Auffassung nach führt das Denken über Religion zur Abkehr von der Religion. Und das mehrfache Aufkommen der angestrebten Spenden wird möglicherweise in anderen britischen Städten eingesetzt oder um in U-Bahnen zu plakatieren. Man wird es sehen. Ab Januar 2009 sollen die ersten Beschriftungen in London zu sehen sein.

CF.