MIZ 1/10 erschienen

ASCHAFFENBURG (hpd) Soeben erschienen ist MIZ 1/10. Der Schwerpunkt befasst sich mit der Frage, inwieweit religiöse Einstellungen unser Verhältnis zu Tieren prägen. Dabei zeigt sich, dass das Bild eines außerhalb der übrigen Natur stehenden Menschen bis heute wirkmächtig ist.

 

Im Editorial weist Daniela Wakonigg darauf hin, dass die Vorstellung des Menschen als „Krone der Schöpfung“ eine zentrale Grundlage eines nicht auf Vernunft beruhenden Umgangs mit Tieren ist. Die Benutzung von Tieren als Lebensmittellieferanten, Pelzproduzenten oder Versuchskaninchen wie auch den Mangel an Empathie sieht sie nicht zuletzt im religiösen Gebot, sich die Erde untertan zu machen, begründet.

Große Affen

In einem längeren grundsätzlichen Artikel untersucht Colin Goldner unser Verhältnis zu unseren nächsten Verwandten, den Menschenaffen. Die offensichtliche Ähnlichkeit zum Menschen führte dazu, dass – nicht nur von Seiten der Kirchen – ein rigider Trennstrich gezogen wurde. Da der Augenschein eine Verwandtschaft nahelegte, musste die Sonderstellung des Menschen mit ideologischen Mitteln verteidigt werden. Auch die Aufklärung sah in Tieren lange Zeit empfindungslose Automaten. Erst mit Carl von Linnés Idee der „Hominiden“ und Darwins Evolutionsgedanken setzte sich die Idee durch, dass auch der Mensch der Natur zuzurechnen ist.

Interessant ist Goldners Hinweis auf die Bedeutung des Gattungsnamens der Schimpansen: Pan troglodytes. Indem sie mit jenem griechischen Gott identifiziert wurden, wurden die Schimpansen „zum ‘ganz Anderen’ erklärt, zum Inbegriff des verfemten ‘Animalischen’, des ‘Leibhaftigen’, all dessen, was judäo-christliche Zivilisation und Kultur seit je zu unterdrücken und zu beherrschen suchten: nämlich Sexualität und Eros“.

Moral ganz ohne Gott

Die Vorstellung, dass Moral aus der Natur heraus entsteht, vertritt Frans de Waal in einem Interview. Angesichts der Vorbehalte gegenüber der Evolutionstheorie, die den Menschen – und damit sein „moralisches Handeln“ – als Ergebnis eines natürlichen Prozesses versteht, fragt der bekannte Primatologe: „Ist es nicht viel vernünftiger anzunehmen, dass unsere Menschlichkeit, und mit ihr die Selbstkontrolle, die für eine lebenswerte Gesellschaft notwendig ist, bereits in uns angelegt ist? Glaubt denn jemand allen Ernstes, dass unsere Vorfahren keine Regeln hatten, die ihnen sagten, was richtig und was falsch ist – noch bevor sie eine Religion hatten?“

Weitere Aufsätze behandeln die christliche Tierethik (die Daniela Wakonigg als inkonsequent kritisiert), stellen die rituelle Tötung von Tieren im Spannungsfeld zwischen Religionsfreiheit und Tierrechtsgedanke dar (Achim Stößer & Martin Pätzold) und erinnern an den Lebensreformer Karl-Wilhelm Diefenbach.

Marx und die Krise des Kapitalismus

Mit dem Medienstar unter den deutschen Bischöfen befasst sich Roland Ebert. Er stellt die wirtschaftspolitischen Vorstellungen des Münchner Bischofs Reinhard Marx vor. Dieser würde die Weltwirtschaftsordnung gerne nach Maßgabe der Katholischen Gesellschaftslehre gestalten. Aus den Unternehmen erhält er dafür wenig Rückendeckung, in Politik und Medien stehen ihm hingegen die Türen offen.

Die Partei Die Linke kritisiert Chefredakteur Christoph Lammers. Deren Landesverband Nordrhein-Westfalen hatte in seinem Wahlprogramm die Streichung des bekenntnisorientierten Religionsunterrichts sowie des Erziehungsziels „Ehrfurcht vor Gott“ gefordert und war daraufhin nicht nur vom politischen Gegner sondern auch von der Bundespartei unter Beschuss genommen worden.

Religionskritik als Herrschaftskritik

Anlässlich seines 50. Todestags wird der niederländische Astronom und marxistische Theoretiker Anton Pannekoek gewürdigt. Klaus Blees zeigt, dass Pannekoek Religionskritik als Herrschaftskritik verstand: „Nur ein klares Verständnis dafür, welche Kräfte die Gesellschaft treiben und wie das Denken und Handeln der Menschen durch wirtschaftliche Lebensverhältnisse bestimmt werden, macht den Glauben in übernatürliche Erklärungen überflüssig und sinnlos.“
Wie stark übernatürliche Erklärungen bis heute auch in Industriestaaten präsent sind, verdeutlicht der Beitrag der russischen Religionswissenschaftlerin Inga Levit. Kreationistische Vorstellungen gewinnen in Russland so stark an Boden, dass vor kurzem ein Biologiebuch „mit orthodoxen Grundlagen“ an Schulen eingeführt wurde.

Daneben gibt es Berichte über säkulare Veranstaltungen, Pressemitteilungen und Publikationen sowie die Internationale Rundschau mit einschlägigen Kurzmeldungen aus aller Welt.

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