Kommentar

Franziskus ist kein moderner Papst!

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Jorge Mario Bergoglio

Viele sehen in Jorge Mario Bergoglio einen weltoffenen Papst. Seine jüngsten Äußerungen zeigen abermals, dass es sich dabei um einen hartnäckigen Mythos handelt, der die erzreaktionäre Haltung des Kirchenoberhauptes verkennt.

Das positive Image des Papstes, das er seit Amtsantritt weithin genießt, bröckelt zunehmend. Für alle, die sich ein weltoffenes Kirchenoberhaupt erhofften, müssen seine weltanschaulichen Positionen ein enttäuschendes Ärgernis sein. Man erinnere sich dazu nur an einige Aussagen, die für Wirbel sorgten:

Nach dem islamistischen Attentat auf die Redaktion der Satirezeitschrift Charlie Hebdo am 7. Januar 2015 äußerte sich der Papst zur Satire- und Meinungsfreiheit. Zwar verurteilte er den Anschlag mit Nachdruck, betonte allerdings zugleich, dass man sich nicht über den Glauben anderer lustig machen dürfe: "Viele Menschen ziehen über Religion her, das kann passieren, hat aber Grenzen". Wo diese Grenzen genau liegen, machte der Papst anschließend mit einem drastischen Vergleich deutlich. Wenn jemand seine Mutter beleidige, müsse er damit rechnen, einen Faustschlag zu erhalten.

Es war auch im letzten Jahr, als Franziskus erklärte, dass er es in Ordnung findet, wenn Eltern ihre Kinder schlagen. Eine ernstzunehmende Distanzierung von dieser Gewaltverherrlichung gibt es bis heute nicht. Stattdessen verteidigte Pfarrer Thomas Rosica, ein Mitarbeiter der Pressestelle des Vatikan, die päpstliche Haltung zu Erziehungsfragen folgendermaßen: "Wer hat nicht schon einmal sein Kind gezüchtigt oder ist in seiner Kindheit von den Eltern gezüchtigt worden?"

Für Irritationen sorgten auch Bergoglios Ansichten zur Homosexualität. Zwar liege das Problem "nicht darin, diese Tendenz zu haben", so der Papst auf einer Pressekonferenz vor drei Jahren. Problematisch sei es allerdings, "wenn man aus dieser Tendenz eine Lobby macht: Lobby der Geizhälse, Lobby der Politiker, Lobby der Freimaurer – so viele Lobbys. Das ist für mich das schwerwiegendere Problem".

Bereits 2010 demonstrierte Bergoglio (damals noch Erzbischof von Buenos Aires) seine wahnhafte Homophobie. Als in Argentinien über die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare abgestimmt wurde, bezeichnete er die rechtliche Gleichstellung homosexueller Partnerschaften als einen "Angriff auf den Plan Gottes", ja sogar als einen "Schachzug des Teufels". Das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare bewertete er als eine Diskriminierung von Kindern.

Von sexueller Selbstbestimmung hält der Papst grundsätzlich nicht viel. Für Franziskus sind Abtreibungen "zutiefst ungerecht". Er hält damit am Katechismus der katholischen Kirche fest, der Schwangerschaftsabbrüche als "verabscheuungswürdiges Verbrechen" bezeichnet. Eine fortschrittliche Sexualaufklärung wird von Bergoglio zudem als "ideologische Kolonialisierung" verurteilt, die gegen das traditionelle Familienbild gerichtet sei. Mehr noch: Eine "andauernde feministische Philosophie gibt der Frau nicht die Würde, die sie verdient. Hier läuft sie Gefahr, ein Macho im Rock zu werden", so Bergoglio

Auf das Kondomverbot angesprochen, machte Franziskus im Rahmen seiner Afrika-Reise 2015 deutlich, dass er sich mit "derart kasuistischen" Fragen und Überlegungen nicht beschäftigen möchte. Im Jahr 2014 starben 1,2 Millionen Menschen an den Folgen von Aids.

Franziskus – Der antimoderne Papst 

Die Beurteilung von Bergoglio als weltoffener Papst und als großer Reformer ist eine Verzerrung der Realität. In letzter Zeit wurde nämlich immer deutlicher, dass er in vielen Punkten weitaus reaktionärere Ansichten als sein Vorgänger vertritt. Auch unter Franziskus soll das Rad der Geschichte zurückgedreht werden.

Das sollte niemanden verwundern: Denn Bergoglio weiß um die starke Konkurrenz, die von evangelikalen Hardlinern – vor allem in sogenannten Entwicklungsländern – ausgeht. Sein asketisches Auftreten, seine Kritik an Reichtum und Hedonismus und die Glorifizierung der Armut tragen diesem Umstand Rechnung. 

An der Haltung der katholischen Kirche beispielsweise zur Öffnung der Ehe, Schwangerschaftsabbruch, Sterbehilfe, Meinungs- und Satirefreiheit oder zur Sexualaufklärung wird sich jedenfalls so schnell nichts ändern. Diesbezüglich sollte man sich keinen Illusionen hingeben. Denn die Kirche hat eine andere Zeitrechnung als die moderne Welt.