Humanistischer Verband Deutschlands legt Gesetzentwurf vor

Das Recht auf Suizidhilfe erfordert verlässlichen Handlungsrahmen

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Im Februar hat das Bundesverfassungsgericht ein Grundrecht auf Hilfe zur Selbsttötung bestätigt, welches in der Praxis auch zu gewährleisten sein müsse. Ohne entsprechende Regelungen stoßen bei der möglichen Inanspruchnahme von assistiertem Suizid allerdings viele verzweifelt Hilfesuchende weiterhin auf schier unüberwindliche Hürden. Um verfassungskonforme Initiativen politisch auf den Weg zu bringen, hat der Humanistische Verband Deutschlands – Bundesverband ein "Suizidhilfekonflikt-Gesetz" vorgeschlagen. Der Entwurf dazu liegt bereits einzelnen Bundestagsabgeordneten vor.

"Ohne gesetzliche Regularien wird es keine Suizidhilfe durch die Ärzteschaft geben, denn diese ist trotz der jetzt verbürgten Straffreiheit extrem verunsichert und zögerlich", gibt Gita Neumann, im HVD Bundesbeauftragte für Medizinethik und Autonomie am Lebensende, zu bedenken. Das Bundesverfassungsgericht hatte zwar am 26. Februar 2020 das Verbot der geschäftsmäßigen Suizidhilfe durch den 2015 eingeführten Strafrechtsparagrafen 217 als verfassungswidrig und nichtig erklärt. Die Auslegung des Betäubungsmittelrechts und insbesondere, ob und wie zum Zweck der Selbsttötung das dafür besonders geeignete Mittel Natrium-Pentobarbital freizugeben ist, war jedoch nicht Gegenstand des Karlsruher Verfahrens.

"Wir haben dringenden Regelungsbedarf: Ärztinnen und Ärzte blocken verfassungsmäßig verbürgte Wünsche nach Suizidassistenz weiterhin ab, da sie ja einer solchen Anforderung ohne jegliche Handlungsanweisungen hilflos gegenüberstehen. Sterbehilfegesellschaften sind zwar wieder tätig geworden, haben dafür aber hierzulande nur Medikamente zweiter Wahl verfügbar. Und auf der anderen Seite könnten potenzielle Geschäftemacher völlig legal nicht-medikamentöse Methoden und Mittel zum Suizid anbieten", fasst Neumann die aktuelle Lage zusammen. 

"Es gibt eine wachsende Gruppe von älteren Menschen, die sich für ihre Zukunft eine Suizidhilfeoption offenhalten möchte. Dabei treten aber Fragen zu Sorgfaltskriterien auf, wie nach der erforderlichen Freiwillensfähigkeit, und gegebenenfalls auch Konflikte, die eine wertneutrale und ergebnisoffene Fachberatung erforderlich machen", sagt Neumann. Alle diese Probleme und Hürden wurden vom Humanistischen Verband Deutschlands in seinem umfassenden Entwurf zu einem "Gesetz zur Bewältigung von Suizidhilfe- und Suizidkonflikten" einbezogen. Der Gesetzentwurf wurde zunächst solchen Bundestagsabgeordneten zugänglich gemacht, die bereits 2015 die verfassungskonformste Position gegen den § 217 StGB präsentiert hatten.

Wie das Bundesverfassungsgericht in der Begründung seines Urteils ausführt, gehörten die Stellungnahmen des Humanistischen Verbandes Deutschlands zu den wenigen, die sich klar gegen das Suizidhilfeverbot gemäß § 217 StGB ausgesprochen hatten.

Die Landesverbände des HVD verfügen als Träger zahlreicher Einrichtungen im Sozial-, Gesundheits- und Seniorenbereich über vielfältige Erfahrung mit Suizid- und Sterbewünschen. "Dass ein Druck auf alte und kranke Menschen ausgeübt würde, doch am besten Suizid zu begehen, haben wir stets in das erfahrungsferne Reich des ideologischen, religiösen oder auch interessegeleiteten 'Lebensschutzes' verwiesen", betont Erwin Kress, Vorstandsprecher des HVD Bundesverbandes. "Es ist gut, dass wir jetzt die wirklichen Probleme der Suizidhilfe anpacken können. Wir fordern einen verlässlichen Handlungsrahmen und unterbreiten dazu einen ausgearbeiteten Vorschlag."

Der Gesetzentwurf kann hier heruntergeladen werden.

Erstveröffentlichung auf der Webseite des Humanistischen Verbands.

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