Der Nikolaus kommt: Zum Bildungsauftrag von Zoos

TRAIN. (hpd) Zoos hierzulande halten sich viel zugute auf den “Bildungsauftrag” der ihnen vom Gesetzgeber zugewiesen ist. Zum 1.1.1977 trat das sogenannte “Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege” in Kraft, kurz: Bundesnaturschutzgesetz oder BNatSchG, das in §42 Abs.3 Ziffer 6 vorschreibt, Zoos seien so zu errichten und zu betreiben, dass “die Aufklärung und das Bewusstsein der Öffentlichkeit in Bezug auf den Erhalt der biologischen Vielfalt gefördert wird, insbesondere durch Informationen über die zur Schau gestellten Arten und ihre natürlichen Biotope”.

Eben dieser “Bildungsauftrag” ist das meistgenannte Argument, mit dem Zoos ihre Existenz rechtfertigen. Als “größte außerschulische Bildungseinrichtungen” würden sie jährlich Millionen von Menschen erreichen - die Rede ist von 65 Millionen Besuchern pro Jahr allein in deutschen Zoos -, die nicht nur wertvolle Tier- und Artenkenntnisse erhielten, sondern über das sinnlich erfahrbare Begreifen der Natur für deren Schutz sensibilisiert würden.

In Wirklichkeit trifft nichts dergleichen zu. Erhielten die Besucher tatsächlich wertvolle Erkenntnis über die in den Zoos vorgehaltenen Tiere und Arten und würden dadurch für deren Schutz sensibilisiert, wäre die “Rote Liste” vom Aussterben bedrohter Arten nicht so erschreckend lang, wie sie ist. Seit Generationen werden etwa Orang Utans in Zoos zur Schau gestellt, ohne dass dies irgendeine Auswirkung auf den Schutz ihrer natürlichen Lebensräume gehabt hätte. Auch der Megahype um den im Zoo von Berlin gehaltenen Eisbären Knut hat allenfalls die Zookasse zum Klingeln gebracht, für den Schutz der Arktis und ihrer Bewohner hat er erkennbar nichts bewirkt.

Tatsächlich geht es den Zoos um “Bildung” ihrer Besucher, wenn überhaupt, zu allerletzt. Für Kinder werden großflächige Spielplätze mit Kletter-, Schaukel- und Hüpfburgeinrichtungen vorgehalten, vielerorts gar Kirmesattraktionen wie Autoscooter, Riesenrad oder Parkeisenbahn. Fortlaufend werden irgendwelche “Aktionstage” veranstaltet: Am Ostersonntag etwa “hoppelt der Osterhase durch den Zoo und verteilt bunte Ostereier” (Zoo Augsburg), am Pfingstwochenende “verteilen als Maikäfer verkleidete Helfer Schoko-Maikäfer an die Besucher” (Tierpark München), und an Halloween gibt es eine “Gruselparty”, bei der im “gespenstig dekorierten” Zoo “Blut- oder Geisterbowle” ausgeschenkt wird (Zoo Neunkirchen). Dazu werden regelmäßige Spiel- und Bastelnachmittage angeboten, auch Märchenlesungen, Kasperletheater, Karnevals-, St.Martins- oder sonstige Lampionumzüge; zu Schuljahresbeginn werden ABC-Schützen- (West) oder Zuckertütenfeste (Ost) ausgerichtet, in den Schulferien gibt es vielerorts die Möglichkeit zu einer “Abenteuerübernachtung” im Zoo, einschließlich Micky-Maus-Filmvorführungen und Kinderdisco.

Auch für das gesetztere Publikum gibt es Sonderevents, klassische Konzerte etwa, wahlweise auch Jazz-, Dixieland- oder Tangoabende, Modenschauen, Theateraufführungen oder kulinarische 5-Gänge-Menues (bevorzugt im Aquarienhaus, in dem es nicht “riecht”). Sonntägliche Frühschoppen im Zoo werden mit Biergartenmusik angereichert, nachmittags gibt es Cafehausmusik mit Stehgeiger, spätabends ein Feuerwerk. Betriebsfeiern werden ausgerichtet, Jubiläen, Junggesellenabschiedsfeten und Hochzeiten, letztere gerne in Elefanten- oder Großkatzenhäusern, einschließlich eindrucksvoller “Erinnerungsfotos”; selbst Gottesdienste gibt es, in denen vor den eingesperrten Tieren die “Schönheit der Schöpfung” besungen wird. Nichts ist zu abseitig - noch nicht einmal Erotik-Shootings vor tierischer Kulisse -, als dass nicht versucht würde, darüber zahlende Kundschaft anzuziehen: Im Zoo Dortmund beispielsweise gibt es regelmäßige “Star-Wars-Aktionstage” mit “Lichtschwertkämpfen” vor den Tiergehegen, das Elefantenhaus des Zoos Wuppertal wird samt den Elefanten zur Bühne für “Modern Dance”-Inszenierungen. Im Berliner Zoo gibt es seit 2005 im Vorfeld des alljährlichen “Christopher Street Day” eine glamouröse “Gay Night at the Zoo”, bei der unter der Schirmherrschaft des Regierenden Berliner Bürgermeisters “Lesben und Schwule unter freiem Himmel zu Swingmusik tanzen” können.

Dass das alles nicht das Geringste mit dem vorgeblichen Bildungsauftrag des Zoos zu tun hat, kümmert niemanden, ebensowenig die Frage, welche Auswirkungen der zusätzliche Lärm und Rummel - für viele der Sonderveranstaltungen werden die Öffnungszeiten in die Abend- und Nachtstunden hinein verlängert - auf die Tiere hat. Diese dienen ohnehin nur als Staffage

Advent im Zoo

Zoos sind Schönwettereinrichtungen. Wie trostlos sie im Grunde sind, wird umso deutlicher, je mehr das Jahr sich dem Ende zuneigt. Die meisten Tiere sitzen der Kälte wegen in extrem beengten Innenräumen und langweilen sich buchstäblich zu Tode. Die Außengehege sind verwaist, desgleichen die Kinderspielplätze und Imbissbuden: die Lust einen Zoo zu besuchen, tendiert selbst bei ein eingefleischten Zoofreunden gegen null. Aber: nur bis zu Beginn der Weihnachtszeit.