Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Templin

Kirche oder Nicht-Kirche – das ist hier die Frage

Noch gestern wurde die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters auf der Homepage der Stadt Templin unter "Kirchen" aufgeführt. Doch als sich verschiedene Institutionen darüber beschwerten, entschied das Stadtmarketing, die Spaghettimonster-Kirche aus der Rubrik zu entfernen.

Kaum war die Nachricht in der Welt, dass die Stadt Templin die lokale Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters auf die Kirchen-Seite ihrer Homepage aufgenommen hat, da war die Spaghettimonster-Kirche auch schon wieder von der Seite verschwunden. Statt auf der Kirchen-Seite ist sie nun auf der Unterseite "Sehenswertes" sowie, neben Karnevalsvereinen und Spielmannszügen, auf der Unterseite "Kulturvereine" zu finden – letzteres übrigens schon seit einigen Jahren.

Noch am Montag sah man bei der Stadtmarketing-Gesellschaft Templins, die für den Inhalt der städtischen Webseite verantwortlich zeichnet, kein Problem darin, die weltweit mit Abstand bekannteste Kirche der Stadt auf der Homepage in die Rubrik "Kirchen" aufzunehmen. Doch das ändere sich am Dienstagmorgen. Um 8:39 Uhr versandte Rüdiger Weida, Leiter der Templiner Spaghettimonster-Gemeinde, per E-Mail eine Pressemitteilung an seinen inzwischen recht großen Presseverteiler, um die freudige Botschaft der Aufnahme seiner Kirche auf die entsprechende Seite der Homepage kundzutun. Gegen zehn Uhr, also bereits eine gute Stunde nach Versand der Pressemitteilung, habe sich der Geschäftsführer der Tourismus-Marketing Templin GmbH Ernst Volkhardt bei ihm gemeldet, so Weida. Dieser habe ihm mitgeteilt, dass man die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters wieder von der Kirchen-Seite entfernen und an anderer Stelle für sie werben werde, weil sich mehrere Leute telefonisch über die Platzierung auf der Kirchen-Seite beschwert hätten.  

Auf Nachfrage des hpd bestätigte Volkhardt, dass nach dem Versand von Weidas Pressemitteilung am Dienstagmorgen "Vertreter verschiedener Institutionen" bei ihm angerufen hätten, um ihn zu bitten, die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters wieder von der Kirchen-Seite der Homepage zu entfernen. Vertreter der Kirchen seien nicht unter den Anrufern gewesen, sagt Volkhardt. Ob sich Politiker unter den Anrufern befanden, ließ er offen.

Sicher dürfte jedoch sein, dass die Anrufer keine Otto-Normalgläubigen waren, die sich in ihren religiösen Gefühlen verletzt fühlten. Denn zu ihnen wäre die Nachricht aus einem offiziellen Presseverteiler sicherlich nicht in dieser Windeseile vorgedrungen. Und sicherlich hätte auf deren Wünsche das Stadtmarketing auch nicht in dieser Windeseile reagiert.

Interessant auch die von den Anrufern vorgebrachte Argumentation, die ebenfalls nicht auf Otto-Normalgläubige deutet: Indem die Tourismus-Marketing Templin GmbH die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters auf ihrer Homepage unter "Kirchen" aufführe, greife sie der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über den weltanschaulichen Status der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland (KdFSMD) vor und beziehe Position für die Spaghettimonster-Kirche.

Eine Argumentation, die sich freilich ebenso umkehren lässt, denn indem das Stadtmarketing von Templin die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters von der Kirchen-Seite der Homepage entfernte, bezog es gewissermaßen Position gegen ihren Status als Weltanschauungsgemeinschaft.

Darüber hinaus muss nun gefragt werden, wofür auf der Kirchen-Seite der städtischen Homepage eigentlich geworben wird. Bislang konnte man davon ausgehen, dass die Seite die Kirchengebäude der Stadt zur Schau stellt und so bewirbt. Da die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters ein Kirchengebäude in Templin unterhält, würde in diesem Fall absolut nichts dagegen sprechen, die pastafarianische Papst Al Zarkawi-Gedächtniskirche zusammen mit den anderen Kirchengebäuden der Stadt auf einer Seite aufzulisten. Doch nach der gestrigen Entscheidung des Stadtmarketings muss man davon ausgehen, dass auf der städtischen Seite explizit Werbung für Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften statt für Architektur gemacht wird, da offenbar nur erstere auf der Kirchen-Seite auftauchen dürfen.

Beispielbild
Aktuell ist die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters auf der Homepage der Stadt Templin unter den Rubriken "Sehenswertes" sowie "Kulturvereine" zu finden. (Screenshot)

Doch trotz der berechtigten Rüge für das Stadtmarketing wegen seiner Entscheidung, die KdFSMD von der Kirchen-Seite zu entfernen, muss deutlich betont werden, dass in dieser Angelegenheit nicht die Tourismus-Marketing Templin GmbH der Bösewicht ist. Der Fall erinnert frappierend an die Causa "Nudelmessehinweisschilder" im Jahr 2014. Damals hatte Rüdiger Weida bei der zuständigen Behörde beantragt, neben den Gottesdiensthinweistafeln der christlichen Kirchen Nudelmessehinweisschilder an den Ortseingangsstraßen Templins aufstellen zu dürfen. Der zuständige Mitarbeiter der Behörde hatte ihm dies anstandslos bewilligt, da er darin offenbar kein Problem sah. Doch kaum wurde die Bewilligung öffentlich bekannt, übten nachweislich hohe politische Kreise Druck auf die Behörde aus, so dass die ursprüngliche Genehmigung zurückgenommen und eine neue, mündlich besprochene, niemals schriftlich fixiert wurde.

Ähnlich wie damals der genehmigenden Behörde scheint es nun dem Stadtmarketing von Templin zu ergehen. Als man die Entscheidung traf, die inzwischen weltweitweit bekannte Templiner Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters auf die Kirchen-Seite der Homepage aufzunehmen, wollte man nichts Böses und ahnte auch nichts Böses. "Wir wollten niemandem auf die Füße treten", betont Ernst Volkhardt, "wir halten die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters in touristischer Hinsicht einfach für eine gute Sache und wollten sie deshalb auf unsere Homepage aufnehmen."

Die Entscheidung, die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters in der Rubrik "Kirchen" aufzuführen, erscheint hierbei nach allen Regeln der Systematik logisch: Die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters in Templin nennt sich nicht nur "Kirche", sie hat auch eine. Für diese vollkommen logische, von jeglichem Weihrauch unvernebelte Entscheidung bekommt das Stadtmarketing nun den langen und wuchtigen Arm der etablierten Kirchen zu spüren, die nicht einmal selbst zum Hörer greifen müssen, sondern Politiker und andere Kirchenhörige diese Arbeit für sie erledigen lassen.

Angesichts des rapiden Mitgliederverlustes der etablierten Kirchen bleibt jedoch die berechtigte Hoffnung, dass man sich in diesem Land nicht mehr allzu lange über erfolgreiche Einflussnahmen dieser Art wird ärgern müssen. Schon bald könnte sich zeigen, was länger ist: Der Arm der Kirchen oder die Nudeligen Anhängsel des Fliegenden Spaghettimonsters.


Inhaltlich korrigierte Version, Stand 08.08.2018 – 12:37 Uhr.