Im Schuljahr 2018/2019 nahmen weniger SchülerInnen denn je am Religionsunterricht teil. Die spanische Bischofskonferenz teilte die aktuellen Zahlen mit und belebte damit wieder die Debatte um katholischen Religionsunterricht in Schulen. Während die Kirche sich für den Erhalt des Unterrichts ausspricht, wünschen sich Regierung und etwa 60 Gruppen eine Herauslösung religiöser Lehren aus den Stundenplänen.
Nach Informationen von 20 minutos nahmen im Schuljahr 2018/2019 3.303.193 SchülerInnen am Religionsunterricht teil. Das sind 256.000 weniger als im Vorjahr. Dabei nimmt die Anzahl der Teilnehmenden mit den Schuljahren weiterhin ab. Im Schnitt nahmen 61,99 Prozent am Religionsunterricht teil. In den unteren Jahrgängen bis zur achten Klasse sind es noch 65,28 Prozent, die am Religionsunterricht teilnahmen. Danach sinkt die Zahl bis auf 47,31 Prozent im Bacillerato (in etwa die Oberstufe) ab.
In Spanien müssen Schulen zumindest katholischen Religionsunterricht anbieten, der von den SchülerInnen freiwillig belegt werden kann. Während die katholische Kirche es als Recht der Eltern zur Erziehung ihrer Kinder sieht, einen katholischen Religionsunterricht in allen Schulen erhalten zu können, plant die sozialistische Regierung nach Angaben von eldiario die Beendigung eines verpflichtenden Religionsunterrichtes an allen staatlich finanzierten Schulen. Das betrifft sowohl öffentliche Schulen als auch private Schulen, die zum Großteil aus staatlichen Mitteln finanziert werden. Unterstützung erhält die Regierung bei ihrem Anliegen von etwa 60 Organisationen.
Diese Organisationen sind unter anderem Bildungsgewerkschaften, politische Parteien, Elterngruppen und atheistische Gruppierungen, die eine laizistische Schule fordern, aus der Religionsunterricht ausgeschlossen wird.
Aktuell werden die 20.000 ReligionslehrerInnen noch immer von Bischöfen ausgewählt. Der Religionsunterricht wird benotet, sodass die Aussicht auf eine leicht zu verdienende gute Note SchülerInnen dazu bringt, an einem für sie nicht relevanten Unterricht teilzunehmen. Auch werden Eltern, die ihre Kinder nicht anmelden, teilweise unter Druck gesetzt, indem ihnen erklärt wird, dass ihr Kind eine Stunde allein auf dem Pausenhof verbringen müsse, wenn es nicht am Religionsunterricht teilnähme.
Bleibt abzuwarten, ob die neue Regierung die Mehrheit für die Abschaffung des verpflichtenden Religionsunterrichtsangebotes an Schulen erhält.
4 Kommentare
Kommentare
hj_allemann am Permanenter Link
Ich meine, dieser Bericht hat Lücken.
Man muss wissen, dass nur ca. 2/3 aller Schulen in Spanien öffentlich sind. Das restliche Drittel besteht aus sogenannten concertadas (mtl. ungefähr 400 Euro) und voll privaten Schulen (mtl. ungefähr 1.000 Euro)
Die concertadas sind häufig von der katholischen Kirche geführt, man kann sich das ganz grob so vorstellen wie die deutschen Schulen unter katholischer Trägerschaft.
Im Original von "20 minutos" bekommt man auch eine Ahnung davon, wenn man sich die Statisktiken anschaut, die diesem Artikel angefügt sind.
In den öffentlichen Schulen beträgt die Teilnahme am Religionsunterricht ca. 50,86%, während sie bei den concertadas 90,05% und bei den privaten 73,24% beträgt.
Leider ist es schwierig, aus den Zahlen für concertadas und privadas Rückschlüsse auf die Religiösität zu ziehen. Vor allem in den autonomen Gebieten mit einer regionalen Zweitsprache (z.B. Katalonien oder Baskenland), in denen Spanisch immer mehr verdrängt [1] wird, senden Eltern, die keine Fanatiker sind und es sich leisten können, ihre Kinder auf eine concertada, damit sie vernünftig Spanisch lernen und anschließend problemlos in ganz Spanien studieren können. Es ist klar, dass wenn man sein Kind auf einer katholischen concertada anmelden will, religiöse Gesichtspunkte wie Vorhandensein eines Taufscheins etc. eine Rolle spielen.
Bei den meisten Privatschulen spielt Religiösität und die Regionalsprache nur eine geringfügige Rolle. Kann man auch Beispiel der "Deutsche Schule Barcelona" [2] sehen.
Gesonderte Zahlen für die autonomen Gebiete mit Regionalsprache zeigte dieser Bericht leider nicht auf, so dass einige Ungewissheiten mehr bleiben. Aber die Tendenz bleibt trotzdem positiv.
[1] Las Provincias (Valencia) meldet am 3. Mai: Weitere 40 Schulen beginnen die nächsten Kurse in Valencia ohne spanische Linie. (Otros 40 colegios empezarán el próximo curso en Valencia sin línea en castellano) Häufig bedeutet das sogar, gar kein Spanisch mehr.
https://www.lasprovincias.es/comunitat/colegios-empezaran-proximo-20190503011033-ntvo.html
[2] https://www.dsbarcelona.com/index.php/start.html
A.S. am Permanenter Link
Hoffentlich ist in Spanien die Erinnerung an den Klerikalfaschismus Francos noch wach genug!
Dieter Bauer am Permanenter Link
Bietet den Religionsunterricht und den Ethikunterricht als Wahlfach an, so verlieren die Drohungen der "Märchenprinzen" ihre Macht.
Resnikschek Karin am Permanenter Link
Da Werteerziehung sehr wichtig ist in Kapitalismus- und Fakenewszeiten, könnte man schon das Modell Wahlpflicht empfehlen.