Im Jahre 2006 wurde unter der christlich-konservativen Regierung der Partido Popular (PP) für ganz Spanien ein neues Bildungsgesetz erlassen. Dieses umfasst eine Regelung zum Religionsunterricht. Der katholische Religionsunterricht soll von den Bildungseinrichtungen obligatorisch angeboten werden, von den Schülerinnen und Schülern aber optional belegt werden können. Um auch anderen Religionen Rechnung zu tragen, sollten auch diese angeboten werden können.
Konkret bedeutet dies, dass Schülerinnen und Schüler – in einer nicht näher bestimmten Zukunft – auch andere Religionsrichtungen belegen können sollten. Dazu gab es Vereinbarungen mit den evangelischen, jüdischen und muslimischen Religionsgemeinschaften.
Aktuell hohe Wellen schlägt das Pilotprojekt des Ministers für Bildung, Forschung, Sport und Kultur der autonomen Gemeinschaft Generalitat Valenciana, Vicent Marzà, vom linken Bündnis Compromís. Das Pilotprojekt soll etwa ein Dutzend Schulen in der autonomen Gemeinschaft umfassen, die es den Schülerinnen und Schülern ermöglichen sollen, evangelischen oder muslimischen Religionsunterricht zu belegen. Anlaufen soll das Projekt im Oktober. Bisher konnte die Hälfte der Schulen evangelischen Unterricht zusagen, die andere Hälfte muslimischen Unterricht.
Dazu befragt, erklärte Marzà, von sich aus keinen Religionsunterricht anbieten zu wollen, jedoch an das Gesetz gebunden zu sein. Nicht nur die PP kritisiert das Projekt. Es melden sich auch viele andere zu Wort. So zum Beispiel eine Vereinigung von Müttern und Vätern, namens FAMPA (Federación de madres y padres de la provincia de Valencia (Fampa-València)). Diese fordert neben hochqualitativer Bildung eine laizistische Schule. Abgelehnt werden daher auch Schulspeisen, die nach religiösen Speiseregeln zubereitet werden. Offen dagegen ist man für medizinisch notwendige oder ethisch motivierte, wie z. B. vegane Gerichte.
Andere Gruppen kritisieren allein den muslimischen Unterricht.
Generell ist es ein Problem, dass Kinder Religionsunterricht erhalten. Statt sich darüber zu streiten, ob z. B. der Islam oder das Christentum Thema im Unterricht sein sollte, sollte die Bemühung doch der Abschaffung des Religionsunterrichtes an sich gelten.
Kinder sollten an einem Ort der Bildung und Benotung von Inhalten nicht mit unwissenschaftlichen Ideen zur Entstehung der Welt, des Lebens und zu einer funktionierenden Gesellschaft konfrontiert werden. Eltern, die ihren Nachwuchs unbedingt mit religiösen Konstrukten konfrontieren möchten, sollten dazu die schulfreie Zeit nutzen.
In den nächsten Monaten wird sich zeigen, ob Schülerinnen und Schüler das Angebot von Religionsunterrichten annehmen und inwieweit der evangelische oder muslimische Unterricht belegt wird. Womöglich führt ja eine schwindende Anzahl von Schülerinnen und Schülern in allen Religionsunterrichten zu einer Abschaffung.
Genug andere Probleme hat das Schulwesen in der autonomen Gemeinschaft Valencia auch ganz ohne Religionen zu lösen. Diese sind z. B. der hohe Anteil privater Schulen, die unter kirchlichem Einfluss stehen, die Frage, ob die Regionalsprache Valenciano oder doch das Kastilische Hauptsprache in Bildungseinrichtungen sein soll und wie sich die Schulen und die Bildung besser ausstatten lassen.
2 Kommentare
Kommentare
hj_allemann am Permanenter Link
Compromís gleich linkes Bündnis?
Compromis ist eine Gründung des Bloc Nacionalista Valenciá (Bloc), der in der Tat sich selbst als progressiv und links begreift. Nun, so sieht sich Kim Il Un in Nordkorea auch.
Tatsächlich ist der Bloc eine pankatalanistische Partei, die letztlich auch die Unabhängigkeit der Comunidad Valenciana von Spanien anstrebt, um sich dem anzuschließen, was von den separatistischen Parteien Kataloniens als Països Catalans begriffen und angestrebt wird.
Valenciano als katalanischer Dialekt soll die spanische Sprache verdrängen, ähnlich wie in Katalonien, wo, was die Sprache betrifft, eine Diktatur ähnlich wie unter Franco herrscht. Nur andersrum. Früher wurde Katalan unterdrückt, jetzt Spanisch. Obwohl die Mehrheit der Bevölkerung in allen sogenannten katalanischen Ländern (mit Ausnahme von Adorra) Spanisch spricht.
Compromís ist ein Bündnis des Bloc mit den valencianischen Grünen und bildet zusammen mit der valencianischen PSOE (Sozialdemokraten) die Regierung. Für mich sieht das aus, wie eine Groko von Andreas Nahles, Bernd Höcke und Claudia Roth.
Das möge für links halten, wer will. Aber es ist so hilfreich, wie einer der nordirischen Konfliktparteien den Links-Stempel aufzudrücken. Oder dem Atheismus.
Ansonsten, guter Artikel - und leider kann man jetzt auch lesen, dass ein Spanier, der wegen Blasphemie angeklagt ist, einsitzt. Die Details sind in diesem Fall ein wenig kompliziert, aber ich hörte, der hpd berichtet noch darüber.
A.S. am Permanenter Link
Auch in Spanien machen sich die Religionsgesellschaften den demokratischen Staat zum Büttel. Auf dem Wege der Personalpolitik, gegen den Willen des Volkes.
Ein gut funktionierender Trick:
Man lasse das staatliche Bildungswesen verkommen, dann schicken bildungs- und aufstiegsorientierte Eltern ihre Kinder an die "besseren" kirchlichen Schulen. Dort werden die Kinder dann pro-kirchlich indoktriniert und über kirchliche Seilschaften in führende Positionen im Staat und den Parteien gehievt.
Paradebeispiel: BRD.