Internationale Atheistische Convention in Köln (2)

Give Peace A Chance – Säkularisierung und globale Konflikte

KÖLN. (hpd) Die Welt ist in einem rasanten Wandel begriffen. Atheisten und Säkularisten wagen es mehr und mehr, ihre Stimme zu erheben und sich zu ihren Überzeugungen zu bekennen – selbst in Ländern, in denen das bislang kaum denkbar schien. Zugleich haben fundamentalistische Gewalt und Intoleranz neue traurige Höhepunkte erreicht.

Auf der internationalen atheistischen Konferenz in Köln wollen wir zusammenkommen, um einander zuzuhören und Erfahrungen und Erkenntnisse aus verschiedenen Ländern und Regionen auszutauschen.

Die Situation von Atheisten und Säkularisten unterscheidet sich von Land zu Land beträchtlich. Es eint sie der Wunsch nach Freiheit von religiöser Bevormundung und nach einer Welt, in der nicht Waffen, sondern die besseren Argumente den Ausschlag geben.

Unter dem Titel "Give Peace A Chance" diskutieren über 15 Referenten aus USA, Frankreich, der Schweiz, Kroatien, der Türkei, Großbritannien und Deutschland vom 22. Mai bis zum 24. Mai auf der "International Atheist Convention" in Köln.

Hier werden die ersten Referenten nebst ihren Inhalten kurz vorgestellt.

Carsten Frerk, Deutschland

Dr. Carsten Frerk, Foto: © Evelin Frerk
Dr. Carsten Frerk, Foto: © Evelin Frerk

Carsten Frerk ist der Autor der Bücher "Finanzen und Vermögen der Kirchen in Deutschland", "Caritas und Diakonie in Deutschland" sowie des "Violettbuch Kirchenfinanzen". Er leitet für den IBKA das Projekt "Kirchen als politische Akteure".

In seinem Vortrag "Religion als Brandbeschleuniger" wird er darstellen, dass es Kriege und Konflikte aus verschiedenen – ökonomischen, ethnischen, militärischen, historischen, expansiven - Gründen auf der Welt gibt. Kommt zu einem dieser Gründe noch eine religiöse "Beimischung" oder "Unterlegung" hinzu, dann ist nach den Erkenntnissen der Friedens- und Konfliktforschung dieser Konflikt besonders brutal und gewalttätig: Religion wirkt als "Brandbeschleuniger".

Beispiele rund um die Welt zeigen, dass es dabei nicht nur das Christentum ist, sondern alle drei abrahamitischen Religionen, neben dem Christentum also noch der Islam und das Judentum, die nach dem Prinzip des "Auge um Auge, Zahn um Zahn" handeln. Die katholische Kirche, die in Deutschland ungestraft als die "größte Verbrecherorganisation aller Zeiten" bezeichnet werden kann, und die evangelikalen Kirchen sind dabei mit ihren Missionswerken besonders aggressiv und weltweit die Wurzeln vielen Übels. Dafür nennt der Vortrag Beispiele.

Nada Peratović, Kroatien

Nada Peratović, Foto: privat
Nada Peratović, Foto: privat

Die Juristin, feministische und humanistische Aktivistin Nada Peratović gründete und ist bis heute die Präsidentin des "Center for Civil Courage". Nada Peratović ist auch die Repräsentantin der Atheist Alliance International (AAI) im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UN) sowie Autorin des Buches "Humanismus für Kinder".

Ihr Vortrag wird den Stellenwert des Säkularismus in Kroatien beleuchten, insbesondere die daraus resultierenden Herausforderungen für nichtreligiöse Menschen. In Kroatien, einst eine der Republiken des sozialistischen Jugoslawiens, war der Atheismus staatlich vorgeschrieben. Mitte der Achtziger wurden die Religionsfreiheiten stärker – in den Neunzigerjahren sahen sich über 86 Prozent der Menschen als Katholiken (und Kroaten). Leute, die dem Normativ "Kroate-katholik" nicht entsprachen, hatten es nicht leicht. Es folgte der Krieg und die Nachkriegszeit, die Rezession.

Vier Konkordate mit Kroatien sichern der katholischen Kirche ein Vermögen und eine wichtige Stellung im politischen Leben Kroatiens – insbesondere im Schulwesen. Finanziell bezahlt die Kirche keine Steuern, große Grundbesitze wurden der Kirche zurückgegeben und die Kirche bekommt staatliche Gelder. Die Kirche ist ein wichtiger Mitstreiter in der Politik.

Seit Neuestem werden atheistische, nicht-religiöse, wissenschaftliche und sekularistische Bewegungen in Kroatien sichtbar – die Leute haben von der religiösen "Nötigung" genug. Die Kirche mischt sich überall ein. Immer mehr Leuten missfällt dies.

Peratović benennt das größte Problem: die Politik – selbst Parteien und Personen, die einem säkularen Gedankengut nahe stehen – untergraben die oben beschriebenen so dass nichtreligiöse Menschen keinen starken Mitstreiter in der Politik vorweisen können und sich nur auf sich selbst, die Zivilgesellschaft und NGO’s sowie auf die eigene Zivilcourage verlassen können.

Claude Singer, Frankreich

Claude Singer, Foto: © Evelin Frerk
Claude Singer, Foto: © Evelin Frerk

Claude Singer ist ein französischer Freidenker, Mitglied des Vorstandes der Fédération Nationale de la Libre Pensée (FNLP).

Er wird die Teilnehmer der Convention unter dem Titel: "Give Peace A Chance: Beinhaltet das ein Recht auf Befehlsverweigerung?" über die Kampagne der französischen Freidenker zur Rehabilitierung der im ersten Weltkrieg hingerichteten Deserteure. Ihre Zahl ist schwer zu schätzen, doch Historiker und amtliche Stellen reden von einer Zahl um die 650 Menschen. Die Kampagnewill nicht nur an diese Opfer erinnern, sondern sie stellt die Frage: Ist die Ablehnung des Krieges ein Menschenrecht?

Corinna Gekeler, Deutschland

Corinna Gekeler, Foto: © Evelin Frerk
Corinna Gekeler, Foto: © Evelin Frerk

Die Politologin ist Autorin des Buches "Loyal Dienen" – diskriminierendes Arbeitsrecht bei Caritas, Diakonie und Co.. Unter dem Titel "Diskriminierung durch kirchliche Arbeitgeber: Deutschland verstößt gegen EU- und UNO-Verträge" kritisiert sie die Dominanz kirchlicher Einrichtungen im Gesundheits-, Bildungs- und Sozialsektor in Deutschland. Dort dürfen "Loyalitätspflichten" von den Beschäftigten verlangt werden, wie etwa die Kirchenmitgliedschaft.

In der EU-Vorgabe zum Antidiskriminierungsgesetz gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz auch für kirchliche Arbeitgeber. Nur in der deutschen Umsetzung werden diese ausgenommen. Dadurch werden Andersgläubige und Konfessionslose diskriminiert.

Im Parallelbericht zum Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland an den UN Antirassismusausschuss (CERD) argumentiert Corinna Gekeler, dass Deutschland diese rassistische Diskriminierung beenden muss.

Beispielbild

Da die Vorträge in Englisch oder Deutsch gehalten werden, wird zu dieser Veranstaltung Simultanübersetzung in die jeweils andere Sprache angeboten. Eintrittskarten und Verpflegungstickets für alle drei Tage gibt es nach wie vor im Webshop des IBKA, ebenfalls erhältlich sind die Karten für die Verleihung des IBKA-Award "Sapio" an den Evolutionsbiologen und Sänger der Punk-Band Bad Religion, Greg Graffin.