USA

Beten gegen Hurrikan Dorian

Auf den Bahamas hat Hurrikan Dorian bereits für schwere Verwüstungen und Tote gesorgt. Nun steuert er auf die Küste von Florida zu. Doch dort rüstet man sich gegen den Wirbelsturm – mit Gebeten.

Während der Hurrikan-Saison zeigt sich das religiöse Leben der USA alljährlich von seiner archaischsten Seite. Wie unsere Vorfahren in grauer Vorzeit halten die religiösen Fundamentalisten dort Naturkatastrophen für Strafen ihres Gottes. Während es unsere Vorfahren nicht besser wussten, weil ihnen naturwissenschaftliche Erklärungen für entsprechende Phänomene fehlten, lehnen religiöse Fundamentalisten heutzutage naturwissenschaftliche Erklärungen weitgehend ab – insbesondere dann, wenn sie beinhalten, dass der menschengemachte Klimawandel für die zunehmende Stärke der Hurrikans sorgt.

Gestraft wird nach der Vorstellung extrem Religionsgläubiger seit Tausenden von Jahren stets dasselbe: Nicht-gottgefälliges Handeln. Eine Leerformel, die von Hohepriestern jedweden Kults mit Inhalt gefüllt werden kann. In den USA waren sich 2017 gleich mehrere religiöse Führer einig, dass Hurrikan Harvey gesandt wurde, um die sündigen Amerikaner für ihren laxen Umgang mit Homosexualität zu bestrafen.

Wer daran glaubt, dass Naturkatastrophen göttliche Strafen darstellen, der kennt natürlich auch ein probates Mittel, um sie abzuwenden – oder wenigstens sich selbst aus der göttlichen Schusslinie zu nehmen: Beten. Laut Bericht des Lokalsenders News4Jax versammelte sich vergangene Woche eine Gruppe von Gläubigen am Strand von Jacksonville in Florida, um durch die Kraft des Gebets den herannahenden Hurrikan Dorian zu besänftigen. Dasselbe hatten sie nach eigener Aussage bereits 2017 getan, um Hurrikan Irma zu beschwören. Damals seien viele Menschen ihrem Vorbild gefolgt und hätten in anderen Städten und an anderen Stränden gebetet.

Irma und ihr vermeintlicher Schöpfer hatten sich 2017 allerdings völlig unbeeindruckt gezeigt von den Gebeten. Der Hurrikan hatte in der Karibik sowie den US-Bundesstaaten Florida, Georgia und South Carolina schwere Verwüstungen angerichtet. Allein in den USA starben damals mindestens 39 Menschen an den Folgen des Sturms.

Wie schwer Hurrikan Dorian Florida nun in Kürze treffen wird, ist noch unsicher. Sollte er beidrehen oder sich weiter abschwächen, werden die Gläubigen am Strand von Jacksonville dies sicher auf ihre Gebete zurückführen. Und sicherlich werden sie auch eine Erklärung dafür haben, warum Dorian in den vergangenen Stunden und Tagen auf den Bahamas katastrophale Zerstörungen mit derzeit sieben bekannten Todesopfern angerichtet hat: Wahrscheinlich haben die Menschen auf den Bahamas einfach nicht inbrünstig genug gebetet.