Rezension

Wie umgehen mit Fake News und Verschwörungsideologien?

Wie soll man in öffentlichen Debatten oder privaten Gesprächen mit Fake News und Verschwörungsideologien umgehen? Anregungen dazu finden sich in dem Buch von Ingrid Brodnig "Einspruch! Verschwörungsmythen und Fake News kontern – in der Familie, im Freundeskreis und online". Es handelt sich um eine lockere Einführung, die abwechselnd Erfahrungsberichte und Forschungsergebnisse, Reflexionen und Zuspitzungen bringt.

Mit Corona haben Fake News und Verschwörungsideologien noch mehr Zulauf bekommen. Doch wie soll man mit einschlägigen Aussagen umgehen? Was sagt man in öffentlichen Diskussionen oder privaten Gesprächen? Wie geht man mit ausschweifenden Emotionen und offenkundigen Faktenverweigerungen um? Anregungen dazu gibt Ingrid Brodnig, die sich als Autorin und Kursleiterin mit einschlägigen Vorstellungen beschäftigt. In ihrem neuen Buch "Einspruch! Verschwörungsmythen und Fake News kontern – in der Familie, im Freundeskreis und online" liefert sie einschlägige Tipps. Sie sollen Antworten auf folgende Fragen geben: "Was können Sie als Einzelne oder Einzelner tun, wenn Sie sachlich diskutieren möchten – wenn Sie zur Aufklärung bei einzelnen Themen beitragen oder auch Menschen erreichen wollen, die Ihnen wichtig sind?" (S. 7). Anlässe dazu gibt es immer wieder: Sie reichen von klassischen freimaurerfeindlichen Konspirationsvorstellungen bis zu gegenwärtigen coronabedingten Fake News.

Beispielbild

Die Autorin macht indessen von Beginn an deutlich, dass es kein Geheimrezept gibt und sie allenfalls Empfehlungen formulieren kann. Einzelne Gespräche könnten unterschiedlich verlaufen, man müsse den Zeitaufwand einkalkulieren. Insgesamt sollten die Erwartungen nicht zu hoch angesetzt werden, treffe man doch mitunter auf geschlossene Weltbilder. Gleichwohl sei eine solche Auseinandersetzung wichtig, damit das Geäußerte nicht unwidersprochen bleibe. Brodnig weist dabei auch auf den anwesenden "Dritten" hin. Es geht ihr bei all dem um drei Dinge: Sie will die kognitiven Abwehrmechanismen beim Gegenüber aufzeigen, um so überhaupt eine aufklärerische Kommunikation möglich zu machen. Sie will die rhetorischen Tricks bei der Verbreitung von Verschwörungsvorstellungen veranschaulichen, um Gegenstrategien gegen die Halbwahrheiten zu entwickeln. Und sie will konkrete Empfehlungen liefern, womit nicht nur argumentativ, sondern auch strategisch Desinformationen und Falschmeldungen begegnet werden kann.

Dabei macht die Autorin deutlich, dass die Fake News bei Individuen bestimmten Prägungen und Wunschvorstellungen entsprechen. Insofern sollte man nicht nur über die Absurditäten lachen, sondern ihre individuelle Funktion verstehen. Aus Forschungen trägt Brodnig dazu immer wieder Inhalte zusammengefasst vor. Als Beweggründe unterscheidet man etwa erkenntnistheoretische, existentielle und soziale Faktoren. Es könnte aber auch unterschiedliche individuelle Gründe geben, welche durch bloßen Aufmerksamkeitsgewinn, tatsächlichen Glauben wie materiellen Nutzen geprägt seien. Die Autorin behandelt auch eigene Einstellungen und fragt etwa danach, warum die individuelle Gelassenheit in den Gesprächen so schwer zu wahren ist. Sie thematisiert ebenfalls die emotionale Dimension von Gerüchten und Verschwörungsvorstellungen. Und dann werden auch Aspekte für die Kommunikation angesprochen, wozu etwa der eigene Einsatz von Fragen oder Humor zählen. Aber: "Es gibt nicht das eine Wundermittel …" (S. 144).

Dieser realistische Anspruch an ein solches aufklärerisches Unternehmen ist angemessen. Zwar formuliert Brodnig auch mal: "Hier kommt die Impfung gegen unsinnige Argumente" (S. 73), gleichwohl tritt sie durch das Buch hindurch nicht als aufklärerischer Guru auf, was dann in der Gesamtschau für ihre Vorgehensweise spricht. Sie kombiniert in der Darstellung eigene Erfahrungen mit abstrakten Reflexionen, bilanzierende Forschungsergebnisse mit realen Vorkommnissen. So ist ein gut lesbares Buch als Einführung in die Thematik entstanden. Die Abwechslung in der Darstellungsweise wirkt etwas zuungunsten der Struktur. Ein gegenteiliger Nachteil wäre indessen durch die umgekehrte Vorgehensweise entstanden. Ansonsten merkt man den Ausführungen die erfahrene Praktikerin an. Sie arbeitet mit anschaulichen Beispielen, etwa der wohl fiktiven "Anja Sanchez Mengeler". Bedauern kann man das Fehlen von weiterführenden Literaturtipps. Ansonsten handelt es sich um ein gelungenes Buch zum Thema.

Ingrid Brodnig, Einspruch! Verschwörungsmythen und Fake News kontern – in der Familie, im Freundeskreis und online, Wien 2021, Christian Brandstätter-Verlag, 160 Seiten, 20 Euro (E-Book: 15,99 Euro)

Unterstützen Sie uns bei Steady!