"Verbote kratzen nur an der Oberfläche"

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Foto: © Evelin Frerk

BERLIN. (hpd/dghs) Anlässlich der jüngsten Meinungsbeiträge zur Sterbehilfe betont die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS): "Wer die Verfassung ernst nimmt und für Selbst­bestimmung im Leben plädiert, sollte den wohlüberlegten und unter seriöser Kontrolle geprüften Wunsch eines schwerstkranken Sterbenden respektieren. Verbote kratzen nur an der Oberfläche."

Im Gespräch mit der "Rheinischen Post" vom 6. Januar dieses Jahres hatte sich der neue Bundes­gesundheits­minister Hermann Gröhe (CDU) für ein Verbot der geschäfts­mäßigen Hilfe zur Selbst­tötung ausge­sprochen. Damit reagiert er auf Meinungs­äußerungen von Professor Dr. Dr. h.c. Hans Küng, Fritz J. Raddatz und Professor Udo Reiter, die sich klar für ein Recht auf selbst­bestimmtes Sterben und die Möglichkeit des ärztlich begleiteten Suizids ausge­sprochen hatten. Die drei Prominenten teilen die Haltung der DGHS, die sich für eine gesetzliche Regelung des begleiteten Freitodes nach dem Vorbild der Benelux-Staaten und einiger US-Staaten ausspricht.

Einen Verbots­paragraphen hatte bereits die alte Bundes­regierung (aus CDU und FDP) durch­setzen wollen, konnte sich aber über die Auslegung nicht einigen, ob nur die gewerbs­mäßige oder sogar auch die organisierte, geschäfts­mäßige Hilfe zur Selbst­tötung erfasst werden soll. Die neue Regierung aus CDU/CSU und SPD hat das Thema nicht mehr in den Koalitions­vertrag aufgenommen. Während sich die Vertreter der C-Partien fast einhellig für ein Verbot aussprechen, ist die Zustimmung der SPD für die Einführung eines solchen Gesetzes (§ 217 StBG Verbot der organisierten und geschäfts­mäßigen Förderung der Selbst­tötung) keines­wegs sicher.

Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben lehnt eine gewerbs­mäßige Sterbe­hilfe ab und befürwortet ebenfalls einen Ausbau von Hospizen und Palliativ­medizin, aber fordert:

Die Bundesregierung sollte klare und konstruktive Regeln für die Sorgfalts­kriterien schaffen, nach denen ein Arzt einem Patienten bei einem wohl­überlegten, selbst­bestimmten Freitod helfen darf.

"Nur so kann denjenigen todkranken Menschen, denen die Palliativ­medizin nicht mehr helfen kann, ein Abschied in Würde ermöglicht werden.

Ärzte, die verantwortungs­bewusst und ihrem Gewissen verant­wortlich, einem solchen Patienten diese Art von legaler Sterbe­hilfe gewähren, also Freitod­hilfe, bei der die Tat­herrschaft bis zum Schluss beim Sterbe­willigen liegt, dürfen keine straf­rechtlichen Sanktionen – wegen unter­lassener Hilfe­leistung (§ 323 c) oder gar geschäfts­mäßiger Sterbe­hilfe (angedacht von der CDU-Fraktion als § 217 StGB) – befürchten müssen.

Wir fordern die Möglich­keit der Wahl­freiheit und die Chance auf ein selbst­bestimmtes Sterben – auf Wunsch mit ärztlicher Hilfe. Nur so bleibt die Würde des Menschen, die Artikel 1 des Grund­gesetzes garantiert, gewahrt.

Es ist an der nächsten Bundes­regierung, keine neuen Verbots­regeln zu schaffen, sondern konstruktiv die Sorgfalts­kriterien für helfende Ärzte zu bestimmen.

Patienten wie Ärzte brauchen Rechts­sicherheit.

Wir fordern eine qualifizierte, ergebnis­offene und werte­neutrale Beratung Sterbe­williger.

Wir fordern die ärztliche Beratungs- und Handlungs­option eines assistierten Suizids im Falle schwerer, nicht heilbarer Krankheit.

Wir fordern eine strikte Regelung des assistierten Suizids analog einiger unserer europäischen Nachbar­staaten und einigen Bundes­staaten der USA.

Wir fordern: Gewissensfreiheit bei der Freitodhilfe!

Den verantwortlichen Politikern bietet die DGHS einen persönlichen Gedanken­austauch an."

 


Siehe auch die Stellungnahme der Giordano-Bruno-Stiftung zum Thema.