Ist die Taufe nur ein Trick der Kirchen, um sich Nachwuchs und Mitglieder zu sichern? Oder hat das "Heilige Ritual" darüber hinaus irgendwelche Auswirkungen? Das fragt sich Hugo Stamm in seiner aktuellen Kolumne.
Eine Kindstaufe war früher ein familiäres Großereignis. Die Verwandtschaft strömte zusammen, das Baby wurde auf ein weißes Kissen gebettet und mit weißen Stickereien zugedeckt. Der Pfarrer ließ Weihwasser über das Köpfchen träufeln, was häufig zu einem Protestgeschrei des erschrockenen Kleinkindes führte.
Das heilige Ritual war vor allem in der katholischen Kirche unabdingbar für das Seelenheil. Denn Babys kommen quasi als Heiden zur Welt. Erst durch die Taufe gehen sie in die Gnade Gottes ein. Diese ist Voraussetzung für eine spätere Erlösung, denn Ungetaufte haben in den Augen der Katholiken nicht wirklich ein Anrecht auf das Seelenheil.
Die Kindstaufe war vor allem in Zeiten hoher Kindersterblichkeit wichtig. Die Zeremonie erfolgte meist wenige Tage nach der Geburt. Bei Komplikationen wurde und wird der Pfarrer ins Spital gerufen. Erlaubt ist im Extremfall sogar die Nottaufe durch Laien: Die Seelen dürfen auf keinen Fall dem Satan anheimfallen.
Das heißt konkret, dass Kinder mit der Sünde geboren werden, obwohl sie im Mutterleib noch nicht sündig werden konnten. Der religiöse Kniff dabei: Wegen des Sündenfalles von Adam und Eva sind alle Wesen mit der Erbsünde beladen. Also müssen sie getauft und Mitglied der Kirche werden, um nicht auf ewig verloren zu sein.
In der Bibel klingt es so:
"Petrus antwortete ihnen: Kehrt um und jeder von euch lasse sich auf den Namen Jesu Christi taufen zur Vergebung eurer Sünden; dann werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen. Denn euch und euren Kindern gilt die Verheißung und all denen in der Ferne, die der Herr, unser Gott, herbeirufen wird." (Paulus)
Und:
"Da trat Jesus auf sie zu und sagte zu ihnen: Mir ist alle Vollmacht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe." (Matthäus 28,18–20)
Nachwuchs durch Taufe sichern
Dies ist die biblische oder religiöse Auslegung der Taufe. Es gibt aber auch einen kirchenpolitischen oder psychologischen. Mit der Kindstaufe sichern sich die Landeskirchen den Nachwuchs. Die katholische Kirche verlangt denn auch von ihren Gläubigen, die einen Partner einer anderen Konfession heiraten, die Kinder katholisch zu erziehen.
Unschön dabei: Die Eltern und die Kirche entscheiden über das Kleinkind. Ein Mitspracherecht kennt die Kindstaufe nicht. Und die Idee, dass Ungetaufte das Reich Gottes verpassen sollen, ist ein Druckmittel. Mithilfe der Angst werden Eltern gedrängt, ihr Baby rasch zu taufen. Befreiung durch Furchteinflößung ist pädagogisch ein Unding.
Anders die meisten Freikirchen. Sie taufen die Gläubigen frühestens im Jugendalter. Damit berücksichtigen sie das Mitspracherecht. Doch auch sie benutzen die Taufe zur Bindung an ihre Institution.
Die Jugendlichen werden durch den dogmatischen Glauben derart "aufgeladen", dass sie sich die Taufe sehnlichst herbeiwünschen. Ihnen wird hundertfach eingeredet, dass die Aufnahme von Jesus in ihr Herz ein heiliger Akt und ein Sakrament sei, der sie in ein wahres Kind Gottes verwandelt.
In ihrem jugendlichen Bewusstsein glauben sie, mit der Taufe von Jesus beschützt zu werden und das ewige Glück zu erlangen. Sie wird denn auch als Siegel Gottes oder Bund mit Jesus bezeichnet. Eine sprachliche Überhöhung, die die Sehnsucht weiter steigert.
Taufe als euphorisches Erlebnis
Somit wird die Taufe zum euphorischen Erlebnis. Die Getauften interpretieren das überwältigende Gefühl als Signal von Jesus, in ihr Herz gekommen zu sein. Und als Beweis für die Gnade Gottes.
Eine Gläubige des ICF Zürich (International Christian Fellowship) gab folgendes Zeugnis ab: "Ich kam zum Glauben an Jesus und wurde überschwemmt von der Liebe Gottes. Mein Leben hat sich von heute auf morgen total verändert. Die Kraft und die Liebe, die sich durch die Taufe in mir entwickelte, ist einfach nur wow."
Dass das überwältigende Erlebnis primär das Produkt der vorgängigen Indoktrination, der Suggestion und der überzogenen Erwartung ist, können die Gläubigen nicht erkennen.
Taufe ist auch bei den Zeugen Jehovas eine wichtige Zeremonie
Ähnliches lässt sich von den Zeugen Jehovas sagen, für die die Taufe ebenfalls eine überragende Rolle spielt und ein wichtiges Instrument der Einbindung darstellt.
Eine kuriose Spielart haben die Mormonen (Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage) entwickelt. Sie glauben ebenfalls, dass nur Gesalbte ins Himmelreich eingehen werden. Also Mormonen. Gesalbt kann nur sein, wer nach mormonischem Ritus getauft ist. Was natürlich Ahnen, die vor der Gründung der Kirche vor rund 200 Jahren gelebt haben, vom Heil ausschließt. Die Mormonen betreiben deshalb akribische Ahnenforschung, um den Seelen der Altvorderen in einer Stellvertretertaufe posthum die Himmelstür zu öffnen.
Sollte sich Gott tatsächlich mit diesem "Buebetrickli" überlisten lassen, müsste man an seinen kognitiven Fähigkeiten und seiner Empathie zweifeln.
Übernahme mit freundlicher Genehmigung von watson.ch.
12 Kommentare
Kommentare
W.Klosterhalfen am Permanenter Link
„Weil die Taufe Zeichen der Befreiung von der Sünde und deren Anstifter,
dem Teufel, ist, spricht man über den Täufling einen Exorzismus (oder mehrere).
W.Klosterhalfen am Permanenter Link
Kindertaufe wird empfohlen, jedenfalls
von den Katholen, Teufel sind
in jedem Kind weil
sie sonst die Teufel holen, weil sie kleine Sünder sind.
Können sie nicht selber laufen, müsst ihr sie halt tragen.
Taufe ist ein Sakrament und von daher heilig.
Weil der Teufel niemals pennt, ist die Sache eilig.
Taufe rettet Sünderseelen, vor den Höllenmächten,
die sich sonst im Feuer quälen, fern von den Gerechten.
Was dem Ganzen widerspricht: Jesus taufte Kinder nicht.
Kinder sind ihm zwar begegnet, doch er hat sie nur gesegnet.
Quelle: neu.reimbibel.de (Klosterhalfens kleine Reimbibel - Das Neue Testament)
CnndrBrbr am Permanenter Link
Ich wünschte, man würde endlich mal durchsetzen, daß ein gültiger Beitritt nur von einer geschäftsmündigen Person erklärt werden kann.
Kathi am Permanenter Link
Das wird, solange wir eine " Kirchenrepublik " haben, wohl nicht passieren. Die Kirchen haben sowieso kein Interesse das Machtpotential aufzugeben.
Und genau das wissen die Kirchenoberen genau.
Es hilft nur Aufklärung und Aufdeckung der Missstände und der Gewalt in den Kirchen, die immer mehr zutage treten. Denn gerade letzteres führt oft dazu, dass Leute wieder anfangen zu denken und ihre Konsequenzen ziehen, indem sie ihren Austritt erklären.
awmrkl am Permanenter Link
Dein Wort in FSMs Ohr!
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Taufe ist der größte Betrug zur Machterhaltung der Märchenerzähler aller Kirchen.
Der Glaube an einen Gott oder die Heilkraft von Globuli basiert einfach auf Wunschdenken,
welches von schlauen Verkündern ausgenützt wird für ihre eigenen Macht und Geldinteressen.
Wacht endlich auf aus diesen Träumen, lass euch nicht länger Verschaukeln, sondern haltet euch an wissenschaftlich evidente Tatsachen, nur so werdet ihr in der Lage sein euch von Scharlatanen zu befreien.
Gerhard Lein am Permanenter Link
Rein kommt man durch die Taufe kostenlos. Für "wieder raus" muss man im Standesamt Gebühren zahlen.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Es ist schon der manipuliert, der die Frage nach einer Himmelspforte stellt.
Roland Weber am Permanenter Link
Zitat (s.o.): "Dies ist die biblische oder religiöse Auslegung der Taufe." Nur dies - eben.
Von Kindstaufe steht nirgends etwas in der Bibel. Und das ist auch absolut folgerichtig und schlüssig, da sich die Botschaft an "zu Gewalttaten Neigende" (warum lasse ich hier offen) richtet. Das alles ist historisch zu verorten, wird aber stets ignoriert. Säuglinge waren damit gewiss nicht gemeint.
Nachdem das Tauf-Bimbamborium in die kirchenpolitischen Gestaltungsbereiche übernommen wurde, macht die "Kindstaufe" in der Tat den kirchlich besten Sinn. Da auf der ganzen Welt stets irgendetwas geglaubt und dabei schon immer auch Kinder einbezogen werden, handelt es sich nicht um ein ausschließlich christliches Phänomen.
Dass Glücksgefühle aus welchem Anlass auch immer an-sozialisiert werden (können), dürfte jedem klar sein (Silberne Hochzeit; 25jähriges Dienstjubiläum; etc.) Sachlich besagen tut das gewiss nichts. Gefühlregungen sind stets subjektive Empfindungen und besagen rein gar nichts über die objektive Bedeutung oder Wahrhaftigkeit.
Diejenigen, die die Bibel ernster nehmen wollen, lehnen aus o.a. Gründen die Kindstaufe ab. Und auch die über jahrhunderte gebräuchliche Heidentaufen ohne jegliche Bibel- bzw. Glaubensgrundlagen sind ebenfalls nur Hohn auf die religiösen Schöpfer.
Im übrigen wäre ich dankbar, wenn man Religionskritiker von Christentumskritern unterscheiden würde. Im Denkansatz bestehen gravierende Unterschiede.
Assia Harwazinski am Permanenter Link
Eine Taufe ist zunächst ein Ritual, um ein - in der Regel neugeborenes - Kind in die jeweilige Religions- bzw. Kultusgemeinschaft aufzunehmen.
Werner Helbling am Permanenter Link
Vor mehr als 82 Jahren, wurde auch ich ungefragt, katholisch getauft. Vor vielen Jahrzehnten bin ich aus der Kirche ausgetreten. Nach kath. kanonischem Recht, kann ich gar nicht austreten?!
MarcoMak am Permanenter Link
Leider schlecht recherchiert. Dass die Taufe kein Eintritt in die Kirche bedeutet und nicht zur Zahlung der Kirchensteuer führt, ist dem Autor und vielen Leser*innen scheinbar nicht bekannt