Am vergangenen Samstag fand im westfälischen Münster der alljährliche 1000-Kreuze-Marsch christlicher Abtreibungsgegner*innen statt. Begleitet von zahlreichen Gegendemonstrant*innen und geschützt von Hunderten Polizist*innen.
In Brasilien blockierten gewalttätige "Lebensschützer" stundenlang den Eingang eines Krankenhauses, in dem eine missbrauchte Zehnjährige eine Abtreibung durchführen lassen wollte. Versteckt im Kofferraum eines Fahrzeugs musste das Mädchen in die Klinik geschmuggelt werden, um sich diesem nach brasilianischem Gesetz völlig legalen Eingriff unterziehen zu können.
Am Freitag verhandelte das Landgericht Hamburg über die Klage der Ärztin Kristina Hänel gegen den Abtreibungsgegner Klaus Günter Annen. Dieser verglich auf seiner Website die klagende Ärztin und andere, die legal Abtreibungen durchführen, mit Wachmannschaften und Ärzten in den Konzentrationslagern der Nazis.
Am Landgericht Hamburg wird am Freitag, dem 21. August 2020, der Prozess gegen den Abtreibungsgegner Klaus Günter Annen, der Betreiber einer einschlägigen Webseite ist, wegen seiner fortwährenden Holocaustvergleiche eröffnet. Geklagt hatte die Fachärztin für Allgemeinmedizin Kristina Hänel.
Man stelle sich vor, ein Friseur teilt an seinem Schaufenster mit, dass er die Haare mit der Schere schneidet. Und wird dafür angezeigt, verurteilt und an den Pranger gestellt. Er möge sich in eine öffentlich einsehbare Liste eintragen, nur dort dürfe er mitteilen, dass er Haare schneidet; aber nicht, womit. Klingt skurril… ist aber in einem anderen Beruf Standard.
Die Ärztin Kristina Hänel hat eine Klage auf Unterlassung gegen den Betreiber der Website "Babykaust.de" eingereicht. Das Landgericht Hamburg hat einen bereits angesetzten Termin wegen der Corona-Pandemie ausgesetzt und will im schriftlichen Verfahren, also ohne mündliche Verhandlung, entscheiden.
Der mittelamerikanische Staat Mexiko hat keine einheitliche Gesetzgebung zur Abtreibung. Während in Mexiko-Stadt eine Abtreibung bis zur 12. Schwangerschaftswoche straffrei durchgeführt werden können, wird im wenige Kilometer entfernten Bundesstaat Hidalgo verhaftet, wer versucht, eine Schwangerschaft zu beenden, die nicht Resultat einer Vergewaltigung ist, das Leben der schwangeren Person gefährdet oder bei der ein schwer deformierter Fötus heranwächst.
"Doctors for Choice" gibt es jetzt auch in Deutschland: Am vergangenen Samstag kam der junge Verein, der sich für einen selbstbestimmten Umgang mit Sexualität, Fortpflanzung und Familienplanung einsetzt, auf dem Campus der Berliner Charité zu einer Gründungsfeier zusammen. Er will Menschen, die im Bereich selbstbestimmte reproduktive Gesundheit aktiv sind, vernetzen und hat einen konkreten Forderungskatalog.
In Berlin trafen wie jeden September "Lebensschützer" und Selbstbestimmungsaktivisten aufeinander. Der "Marsch für das Leben" kam diesmal jedoch nicht weit: Eine Sitzblockade des "What the Fuck"-Bündnisses zwang die Teilnehmer, ihre Route massiv zu verkürzen. Am gleichen Tag fanden außerdem zwei Demonstrationen statt, die eine Legalisierung von Abtreibungen forderten.
Ein Erfolg für das Selbstbestimmungsrecht von Frauen: In Hessen dürfen keine Mahnwachen oder Demonstrationen mehr im direkten Umfeld von Einrichtungen stattfinden, die sich um Schwangere in Konfliktsituationen kümmern. Das hat das Innenministerium erlassen. Lebensschützer sind außer sich und starten eine Petition gegen den Beschluss.
Der US-Bundesstaat Alabama hat einen Gesetzentwurf verabschiedet, nach dem Abtreibungen als schweres Verbrechen zu bewerten sind. Der Senat stimmte am Dienstag für das Gesetz, das nur noch von der Gouverneurin Kay Ivey unterschrieben werden muss.
Mit dem 1000-Kreuze-Marsch in Münster eröffnen christliche AbtreibungsgegnerInnen traditionell die Saison der "Lebensschützer-Märsche" im deutschsprachigen Raum. Wie in den Vorjahren formierte sich gegen die AbtreibungsgegnerInnen auch in diesem Jahr vielfältiger und lauter Protest.
Für weltweite Empörung sorgt aktuell der Fall eines elfjährigen Mädchens in Argentinien, dem eine Abtreibung verweigert wurde. Das Kind wurde vergewaltigt und schwanger. Obwohl auch im überwiegend katholischen Argentinien eine Abtreibung nach einer Vergewaltigung erlaubt ist, gab das Gesundheitsministerium die Order "beide Leben zu retten". Im Krankenhaus wurde diese Anweisung mittels Kaiserschnitt umgesetzt.
Daniela Kuge ist CDU-Abgeordnete und sitzt im sächsischen Landtag. Sie ist zudem familien- und frauenpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion des Sächsischen Landtages sowie Mitglied des CDU-Landesfachausschusses Gesundheit. Und sie ist "Lebensschützerin", die offenbar eine Schwangerschaft nach einer Vergewaltigung nicht für einen Abtreibungsgrund hält.
In den Medien wird der gestrige Referentenentwurf zur Reform des umstrittenen § 219a StGB als Erfolg gepriesen. Tatsächlich aber handelt es sich dabei um ein durchsichtiges taktisches Manöver, um die Proteste auf der Straße zu entschärfen und die überkommene deutsche Gesetzgebung zum Schwangerschaftsabbruch zu retten, die diametral gegen das Verfassungsgebot der weltanschaulichen Neutralität verstößt. Ein Kommentar von Michael Schmidt-Salomon.